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Vielseitig: Gesamtsieger Christoph Müller. Foto: Maik Schuck
Vielseitig: Gesamtsieger Christoph Müller. Foto: Maik Schuck
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Freiheit für das Tastentier

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Zum 11. Bundeswettbewerb Schulpraktisches Klavier in Weimar
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„Was für ein Tier ist das Klavier?“ Mit diesem rhetorischen Schmunzler eröffnete Wolfram Huschke, ehemaliger Rektor der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und Mitinitiator, den 11. Bundeswettbewerb Schulpraktisches Klavierspiel Grotrian-Steinweg in Weimar. Vom 26. bis zum 29. April kamen Schulmusiker aus ganz Deutschland zusammen, um sich in ihren sängerischen, improvisatorischen und pianistischen Fähigkeiten rund um das „Tastentier“ zu messen.

Das Klavier als funktionales Werkzeug böte wie kein anderes Instrument die Möglichkeit, die gesamte Musikkultur klangbar zu machen, so Huschke. Die daraus resultierenden vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für die musikalische Unterrichtspraxis begründen die inzwischen zentrale Stellung des Faches „Schulpraktisches Klavierspiel“ im Fächerkanon der Schulmusik. Hinter dem unliebsamen Namen des Faches verbirgt sich ein zutiefst musikantisches Prinzip: Das Abwenden vom fixierten Notenbild hin zu mehr improvisatorischer Flexibilität. Welch ansteckende Spielfreude und musikalische Kreativität damit verbunden sind, machten die 18 Teilnehmer von Musikhochschulen unter anderem in Köln, Hamburg, München, Freiburg, Frankfurt/Main und Weimar in den drei Wertungsrunden auf unterschiedlichste Art erfahrbar. 

In der ersten Runde, dem Liedspiel, sollten Lieder unterschiedlicher stilistischer Herkunft möglichst authentisch interpretiert, aber dennoch mit einem kreativ-innovativen Anstrich versehen werden. Am überzeugendsten meisterte Timo Böcking von der Hochschule für Musik und Tanz Köln diese Gratwanderung, dem dafür der mit 500 Euro dotierte Rundenpreis zuerkannt wurde. Lydia Liebscher aus Dresden erhielt für ihre besonders authentische Darbietung des Diana-Krall Songs „Love me like a man“ den Sonderpreis des Verbandes Deutscher Schulmusiker (VDS). Für erdigen Countrysound sorgte Gregor Wohak von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart mit seiner schmissigen Interpretation des Songs „I come from Alabama“ (Sonderpreis des Arbeitskreises für Schulmusik (AfS)). 

Blatt- und Partiturspielfähigkeiten waren in der zweiten Runde gefragt, in der jeweils ein Instrumental- und Vokalsolist von den Teilnehmern begleitet wird. Mit schneller Reaktion und musikalischer Sensibilität überzeugte hier Christopher Miltenberger von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt/Main, den die Juroren zum Gewinner dieser Runde kürten. Als „Königsdisziplin“ folgte sodann die dritte Wertungsrunde, Improvisation, die noch einmal eindrucksvoll die Ideenfülle der Musiker aufzeigte. Aus jeweils zwei diastematischen Reihen sowie je einem Bild und einem kurzem Gedicht durften sie sich drei Improvisationsthemen auswählen. Es entstanden polymorphe Klangwelten – von der klassischen Sonate zum Weimar-Rap, vom Chopin-Walzer zu urbaner Minimalistik. Einigen Teilnehmern war dies offenbar noch immer nicht bunt genug: Zur Erweiterung des konventionellen Klangspektrums wurden kurzerhand Schlüsselbunde zweckentfremdet und versanken in den Klaviertiefen. Ein kurzweiliges Vergnügen für das Publikum!

Erstmals seit 2006 entschied sich die siebenköpfige Jury unter Vorsitz von Ortwin Nimczik wieder für die Vergabe eines Gesamtpreises: Christoph Müller von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart überzeugte mit hervorragenden Leistungen in allen drei Wertungsrunden und durfte den mit 1.500 Euro dotierten Preis mit nach Hause tragen. Am „Schulpraktischen Klavierspiel“ fasziniert den Gesamtsieger die geforderte musikalische Vielseitigkeit: „Es geht um eine ganzheitliche improvisatorische, begeisternde Klavierspielaktivität. Dazu muss man innovativ sein, man muss zuhören können, harmonisches Verständnis und rhythmische Präzision haben“, erklärte Müller. Zum Schluss lobte er die besonders kollegiale Atmosphäre des Wettbewerbs: „Die Stimmung in Weimar war super!“ 

Der „Schupra-Wettbewerb“ wird seit 1992 als Bundeswettbewerb in Weimar ausgerichtet, unterstützt von der Braunschweiger Klaviermanufaktur Grotrian-Steinweg. Die Organisation übernimmt seit nunmehr 20 Jahren Stefan Bauer. Der nächste Wettbewerb findet im April 2014 statt.

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