Mit der Unterzeichnung von Kooperationsverträgen sind in Würzburg und Duisburg zwei Einrichtungen zur Frühförderung neu aufgestellt worden: Im „Zentrum für musikalische Exzellenzförderung Würzburg“ arbeiten die Musikhochschule und ein musisches Gymnasium zusammen, bei „folkwang junior“ in Duisburg die Folkwang Universität der Künste mit der Musikschule. Zwei Ortstermine:
Ein Elfjähriger als Kompositionsstudent an der Musikhochschule? Das war dem Bayerischen Fernsehen schon ein kleines Porträt wert. Béla Noll heißt der junge Tonsetzer, der im Rahmen des PreCollege der Hochschule für Musik Würzburg Hauptfach Komposition bei Joachim F. W. Schneider studiert. Zum Festakt anlässlich der Gründung des „Zentrums für musikalische Exzellenzförderung Würzburg“ konnte er somit eine eigene Komposition beisteuern: „Vibriert:innen“, ein beachtlicher neobarocker Variationensatz, den er als Flötist zusammen mit seinen jungen Kommilitonen Klara Eyrich an der Oboe und Robert Schlotter am Cello dann auch gleich selbst zu Aufführung brachte.
Die Gründung des neuen Zentrums erfolgte als Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Hochschule für Musik und dem Matthias-Grünewald-Gymnasium. Die beiden Institutionen wollen damit ihre bisherigen Angebote zur Frühförderung enger miteinander verzahnen, die künftig ein dreiteiliges Konzept bilden sollen: Das Matthias-Grünewald-Gymnasium (MGG) bietet nach wie vor seinen musischen Zweig an, darüber hinaus einen neuen „Exzellenzzweig Musik“, der den bisherigen „Studienzweig Musik“ ersetzt. Die dritte Stufe ist das PreCollege der Hochschule für Musik Würzburg (HfM), das seinerseits in drei nach Alter gestaffelte „Kollegstufen“ gegliedert ist.
Würzburg: Individuelle Förderung verbessert
Wie der Würzburger Hochschulpräsident Prof. Dr. Wünsch im Gespräch mit der nmz ausführte, geht das 2009 gegründete PreCollege auf die zunächst für junge Geiger reservierte Frühförderung der Hochschule unter der Ägide von Conrad von der Goltz zurück, das sich dann für die übrigen Orchesterinstrumente, Gesang, Komposition und in jüngster Zeit auch für den Jazz öffnete. Für das Gymnasium, so dessen Leiter Dr. Martin Sachse-Weinert, bedeutet der neue Exzellenzzweig eine Verbesserung der individuellen Förderung, etwa in Form von Nachführstunden nach Unterrichtsbefreiungen, sowie der Vereinbarkeit von musikalischer Spitzenförderung mit dem gymnasialen Schulabschluss.
Das MGG nimmt auch Talente aus dem Ausland auf. Im Fall einiger chinesischer Schüler/-innen arbeitet man, so Martin Sachse-Weinert, mit einer Agentur zusammen, die sich um die administrative Abwicklung und die Betreuung an den Wochenenden kümmert, wenn das Internat des Gymnasiums geschlossen ist. Wie es diesen jungen Menschen ab der 9. Klasse fern der Heimat und der Familie gehe, sei ihnen nicht immer leicht anzumerken, so der Schulleiter. Die meisten seien aber gut integriert, hätten Freundschaften geschlossen.
Die nun fixierte Zusammenarbeit von Hochschule und MGG beinhaltet unter anderem gemeinsame Kammermusikprojekte, die wechselseitige Entsendung von Lehrkräften für Eignungsprüfungen (mit beratender Stimme) und eine gemeinsame Basis für Theorie- und Gehörbildungskurse. Während für das MGG zusätzliche Mittel, etwa für Fachlehrkräfte, bereits ministeriell abgesegnet sind, wartet das PreCollege noch auf konkrete Zusagen. Die Signale, die der bayerische Staatsminister Bernd Sibler beim Festakt aussandte, deuten aber darauf hin, dass die Hochschule die Exzellenzförderung zukünftig nicht mehr aus laufenden Mitteln stemmen muss.
Was eine mögliche Kooperation mit der Musikschule im Rahmen der Frühförderung angeht, so könnte eine künftige räumliche Nähe neue Impulse bringen: Im Herbst 2018 beschloss der Würzburger Stadtrat, die ehemalige Mozartschule zur Musikschule umzubauen, wo dann auch Räumlichkeiten für die Musikhochschule geplant sind.
Duisburg: Schüler in ihrem sozialen Umfeld belassen
Im Gegensatz zum Würzburger Zentrum ist „folkwang junior“, das neu eröffnete Institut für künstlerische Nachwuchsförderung der Folkwang Universität der Künste, als Kooperation mit Musikschulen konzipiert. Den Anfang machte die Musik- und Kunstschule Duisburg, und so fand die Eröffnung dann auch im Kleinen Konzertsaal des Campus Duisburg der Folkwang Universität statt. Den Ansprachen von Rektor Prof. Dr. Andreas Jacob und von Johanna Schie, der ehemaligen Musikschulleiterin, war die Erleichterung anzumerken, dass die langwierigen Vertragsvorbereitungen nun zu einem guten Abschluss gekommen sind. Die Tatsache, dass es sich um eine Einrichtung des Landes auf der einen und einer in kommunaler Trägerschaft auf der anderen Seite handelt, machte vieles kompliziert.
Die Kooperation sieht nun vor, dass die Jungstudierenden ihren Hauptfachunterricht an der Folkwang Universität erhalten, für das jeweils individuell abgestimmte Begleitprogramm (Theorie, Nebenfächer etc.) aber an der Musikschule bleiben. Für den zusätzlichen Unterricht der geförderten Schüler an der Musikschule kommt die Folkwang Universität auf. Die Zielrichtung der Kooperation beschreibt Johanna Schie auf Nachfrage so: „Die jungen Schüler sollen in ihrem sozialen Umfeld belassen werden“. Das Angebot der Hochschule solle sich nicht als Konkurrenz, nicht als „Abfischen“ der Begabtesten darstellen. Andreas Jacob bekräftigt: „Es soll kein Nerd-Charakter einer musikalischen Elite daraus entstehen.“
Der Leiter von folkwang junior, Prof. Matthias Sakel, beschreibt die individuelle Anpassung des Angebots so: „Zu Beginn des Studienjahres wird mit den Studierenden, den Eltern und den Hauptfachlehrern eine Zielvereinbarung getroffen: Wohin wollen wir den Schüler bringen? Welche Nebenfächer machen Sinn? Das ist dann die Gesprächsgrundlage für das darauf folgende Studienjahr und für die Frage, ob die Förderung weitergeht.“ Da mit der nun vorliegenden Vereinbarung einige grundsätzliche juristische Fragen geklärt sind, hofft Andreas Jacob, in Zukunft weitere Musikschulen der Region als Partner zu gewinnen. Dass diese sich zum Netwerk RuhrMusikSchulen zusammengeschlossen haben, könnte, so Matthias Sakel, ein weiterer positiver Faktor sein.
Zunächst einmal wird es nun aber in Würzburg wie in Duisburg darum gehen, die neuen Vereinbarungen zur Zusammenarbeit mit Leben zu füllen. Die Dringlichkeit des Themas scheint sich langsam herumgesprochen zu haben.