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Hamburger Ballettschule - John Neumeiers Nachwuchstänzer zeigen erste eigene Choreografien

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Hamburg - Für die Ballettaufführung «Werkstatt der Kreativität» müssen die Schritte und Abläufe der Choreographien perfekt sitzen. Noch ist Tanzlehrerin Stacey Denham nicht ganz zufrieden. «Die Bewegung verläuft über die Brust und kommt nicht aus dem Handgelenk, sondern aus der Schulter», erklärt sie den Tänzern der Hamburger Ballettschule auf Englisch. Die insgesamt 40 Nachwuchstänzer sind zwischen 16 und 19 Jahre alt und stellen in dieser Woche im Ernst-Deutsch-Theater erstmals ihre eigenen Tanzkompositionen vor mehreren Hundert Zuschauern vor.

Für den Leiter des Ballettzentrums und Intendanten des Hamburg Balletts, John Neumeier, ist die «Werkstatt der Kreativität» der erste Schritt zur Verwirklichung eines seiner größten Wünsche. Seit mehr als 15 Jahren verfolgt der 68-Jährige die Idee, eine Junior-Compagnie zu gründen. Seiner Vorstellung nach sollen dort zehn bis zwölf Nachwuchstänzer nach ihrer Ballettausbildung mit professionellen Tänzern auf der Bühne tanzen und erste Berufserfahrung sammeln. In der Junior-Compagnie könnten die jungen Leute außerdem regelmäßig nach eigenen Vorstellungen choreographieren und inszenieren. Neumeier hofft, dass die Stadt Hamburg ihm kommendes Jahr ein Budget für das Projekt bereitstellt.

Entstanden sind die Choreographien der «Werkstatt der Kreativität» im Fach Tanz-Komposition, das alle der derzeit rund 130 Ballettschüler aus 20 verschiedenen Ländern während ihrer Ausbildung belegen müssen. Bei der Weihnachtsfeier vor zwei Jahren sah der gebürtige Amerikaner Neumeier einige Stücke und war begeistert. So entstand die Idee, die besten Choreographien in Kooperation mit dem Ernst-Deutsch-Theater auf der Bühne aufzuführen.

Die Kreation von Sasha Riva ist einer der Tänze, die Neumeier für das Projekt aussuchte. In der Choreographie «La mia testa» des italienischen Schülers geht es um eine Zeichnung, die er malte, als er noch ein Kind war. «Ich habe Migräne, seit ich vier Jahre alt bin und habe das in dem Bild verarbeitet», sagt der 19-Jährige. Er und vier seiner Mitschüler tanzen zur Musik von Murcof, Thom Willems und Yann Tiersen. «Die größte Herausforderung war es, den anderen zu erklären, was ich mit meinem Tanz ausdrücken will, und was ich dabei empfinde», sagt der Tänzer. Emotionen zu vermitteln gehört ebenso zu Sashas Aufgaben wie das richtige Licht, die passenden Kostüme und Requisiten für seinen Tanz zu finden.

John Neumeiers Ziel ist es, die Zuschauer mit der rund zweistündigen «Werkstatt der Kreativität» der jungen Ballettschüler zu begeistern. Die Nachwuchstänzer sind aufgeregt, gespannt und stolz zugleich. «Wir sind alle voller Energie», sagt Sasha. Reges Interesse für das Projekt zeigen auch die Hamburger. Bereits eine Woche vor der Premiere waren für die insgesamt sechs Aufführungen bis zum 6. März jeweils schon rund 400 Karten verkauft oder vorbestellt.

Neben tänzerischen und musikalischen Herausforderungen mussten auch ganz praktische Probleme vor der Aufführung geklärt werden. So ist Sasha etwa der Einzige, der während der Proben mit Socken tanzt. «Brauchst Du die Socken für bestimmte Superman-Tanzeinlagen in Deiner Choreographie?», fragt Ballettpädagogin Stacey. Da Sasha verneint, kann das Publikum im Ernst-Deutsch-Theater in den kommenden Tagen mit 40 talentierten, passionierten und barfüßigen Nachwuchstänzern rechnen.

 

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