Die Corona-Pandemie hat das Studium vieler Studierender erheblich beeinträchtigt. So zog der plötzliche Übergang zur digitalen Lehre nicht nur große Herausforderungen mit sich, sondern führte auch zu langfristigen Lerndefiziten. Um diesen pandemiebedingten Lernrückständen entgegenzuwirken und den Studierenden ein erfolgreiches Abschließen des Studiums zu ermöglichen, investierte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg im Frühjahr 2022 28 Millionen Euro in zusätzliche Unterstützungsangebote für die 45 staatlichen Hochschulen und Universitäten sowie drei Akademien des Landes. Mit diesen Mitteln sollten Unterstützungsangebote, wie „Tutorien, Brückenkurse und Lerngruppen [geschaffen werden], um fachliche Defizite zu reduzieren“, wie es damals in der Pressemitteilung im Februar 2022 hieß. Wie genau diese Förderungen an den einzelnen Universitäten umgesetzt wurden, unterlag dabei der jeweiligen Fakultät – das Ministerium stellte lediglich die Gelder zur Verfügung.
Hat die Post-Corona-Förderung geholfen?
Nach einem Antrag erhielt auch das Musikwissenschaftliche Seminar der Universität Heidelberg die finanziellen Mittel zur Durchführung von Post-Corona-Förderungen. In mehreren Intensivkursen außerhalb der regulären Vorlesungswochen konnte mit diesen in drei Semestern ein zusätzliches Angebot für die Studierenden geschaffen werden, um insbesondere Propädeutika zu wiederholen und allgemeine Grundlagen des Studiengangs zu vermitteln, wie PD Dr. Stefan Menzel im Gespräch mit der nmz berichtet. Die Themen der Kurse erstreckten sich dabei vor allem über die Bereiche analyseorientierte Musiktheorie und die generelle Schreibkompetenz, wobei hier verschiedene Formate im Fokus standen: Dies reichte vom Schreiben von Hausarbeiten bis hin zu Anwendungsgebieten wie Musikvermittlung oder verschiedenen Formen des Musikjournalismus.
Zwei Jahre später stellt sich nun die Frage, inwiefern die bereitgestellten Fördermittel tatsächlich zu einer Verbesserung der pandemischen Defizite an den Universitäten beitragen konnten. Studienberater Menzel zieht Bilanz: „Das ist natürlich eine sehr individuelle Einschätzung unserer Situation am Seminar, aber ich denke schon, dass durch die Intensivkurse etliche Lücken gestopft werden konnten. Es ist immer schwierig zu beurteilen, wie sich diese Angebote insgesamt auf den Lehrbetrieb ausgewirkt haben, da wir zwar teilweise bis zu 20 Leute pro Intensivkurs hatten, aber insgesamt natürlich auch 100 Bachelorstudierende am Institut betreuen. Wir denken schon, dass wir im Wesentlichen bei den beiden Durchläufen im vergangenen Jahr Studierende der Semester erwischen konnten, die ihr Studium während der Pandemie begonnen haben – also die Jahrgänge, bei denen der Stoff wahrscheinlich weniger effektiv gegriffen hat aufgrund des digitalen Formates. Ich bin in Heidelberg insbesondere für die Analysekurse zuständig. Hier hatte ich seit den Intensivkursen etliche Leute sitzen, die ich aus dem Förderprogramm kannte.
iese Kurse sind im regulären Semester wirklich gut gelaufen. Da war ich dann fast überrascht, dass irgendwie ein Knoten geplatzt war. Aber all die Leute, die während der Pandemie angefangen haben, kommen jetzt langsam zum Ende ihres Studiums. Das ist natürlich ein Augenblick, wo wir als Lehrende noch ein bisschen genauer hinschauen müssen. Aber man muss an dieser Stelle auch sagen, dass es nicht mehr viel gibt, was wir jetzt noch machen können, um pandemiebedingte Lernrückstände aufzuholen.“
Im Gespräch mit einer Studentin des Seminars (die anonym bleiben will) wird deutlich, dass sich auch die Situation von Studierendenseite wieder normalisiert hat. Der Lehrbetrieb hat zur gewohnten Präsenz zurückgefunden, und mittlerweile sind offenbar keine unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie mehr erkennbar. Dennoch bemerkt sie: „Insgesamt waren es vier Onlinesemester, die von der Coronapandemie überschattet waren. Der Versuch, den Stoff dieser vier Semester quasi innerhalb kürzester Zeit in Intensivwochen nachzuholen, ist schwierig. Ich denke schon, dass die Intensivkurse ein guter Ansatz waren, um die Rückstände der Pandemie aufzuholen, aber ich halte es für noch bedeutender, was sich nun zu Beginn des Semesters bei einigen Seminaren ereignet: Eine gezielte Wiederholung derjenigen Themen, die für die Durchführung des jeweiligen Seminars besondere Relevanz haben. Dadurch eröffnen sich uns Studierenden neue Möglichkeiten, vergangenen Stoff, teilweise aus Zeiten der Pandemie, wieder ins Gedächtnis zu rufen, bevor wir uns neuen Themen zuwenden. Und das ist meiner Meinung nach im Post-Corona-Lernen fast noch wichtiger als das komprimierte Lernen und Nachholen umfangreichen Lernstoffs in Intensivwochen.“
Insgesamt scheint sich durch die Intensivkurse an der Musikwissenschaft in Heidelberg also ein Erfolg bei den Studierenden abgezeichnet zu haben. Dennoch ist die gezielte Wiederholung relevanter Themen sowohl durch die Studierenden selbst, aber auch in der Gestaltung der Seminare nicht zu unterschätzen und scheint gerade bei den Studierenden der Coronageneration besondere Relevanz zu haben.
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