„Freischaffende Existenz, freie Orchester und neue Modelle des Orchesterspiels – das sind die Berufsaussichten, die die Lebensläufe unserer Musikstudierenden prägen werden“, so Professor Ekkehard Klemm im Nachgang der Konferenz Zukunft(s)Orchester, auf der vom 22. bis 24. Oktober 2020 mit Vertretern aus Orchestern, Theatern, freien Ensembles, Hochschulen, Musikermedizin sowie der Kulturpolitik über die Zukunft der Orchesterausbildung diskutiert wurde.
„In den Workshops und Diskussionsrunden wurde deutlich, dass die Orchester bei den Bewerbern eine Berufspraxis voraussetzen, die diese nur selten bereits geleistet haben können. Als Hochschule nehmen wir diese Erkenntnis zum Anlass die Kooperationen mit den Orchesterakademien zu stärken und zusätzliche Formate wie Praktika und Substitutentätigkeit neu zu beleben“, so Klemm. Auf der anderen Seite fehle es den Orchestern noch sehr oft an Entwicklungskonzepten für die Berufseinsteiger. „Der sozialen Absicherung stehen derzeit zu wenig Aufstiegschancen und neue Herausforderungen gegenüber“, so Klemm.
Auch die Orchestertradition des Probespiels zur Einstellung neuer Musiker wurde auf der Konferenz stark in Frage gestellt, sowohl von den Studierenden und Absolventen als auch von den Orchestern und deren Vertretung selbst. „In der sehr lebhaften und substanziellen Abschlussdiskussion vereinbarten Gerald Mertens von der Deutschen Orchestervereinigung und Frauke Roth als Intendantin der Dresdner Philharmonie, in einem Pilotprojekt neue Formate zu erproben. Dietmar Wiesner vom Ensemble Modern konnte bereits von alternativen Einstellungsverfahren berichten, die die gesamte Musikerpersönlichkeit einbeziehen“, so Klemm.
Neben der Musikerausbildung wurde das Orchester auch im politischen und historischen Kontext betrachtet. Orchester seien ein Spiegel der Gesellschaft und ein hervorragendes Modell für gelingende Demokratie. „Nicht zuletzt gewinnt Ensemble- und Orchesterspiel dadurch auch seine politische Kraft und Bedeutung“, so Klemm. Musikhistoriker aus Dresden, Halle und Leipzig stellten die Orchestertradition als eine Praxis vor, die auf Gegenwart und Zeitgenossenschaft ausgerichtet war. Demgegenüber sei die heutige Musizierpraxis zu sehr an der Vergangenheit orientiert.
Im Laufe des nächsten Jahres soll an der Hochschule für Musik das Dresdner Instituts für Ensemble- und Orchesterentwicklung (DIEO) gegründet werden. „Durch die Impulse der Konferenz wird das Institut weitere Diskussionen, Recherchen und Initiativen auf den Weg bringen, die bei der Konferenz nur kurz angerissen werden konnten“, so Klemm. Die nächsten Schritte seien die Berufung eines Kuratoriums, eines Direktoriums und schließlich die Gründung des Instituts in direktem Austausch mit den Partnern vor Ort.