Seit Herbst 2019 ist Jörn Hinnerk Andresen Professor für Chordirigieren an der Universität Mozarteum Salzburg. Sein Start hätte wohlgemerkt besser verlaufen können, denn kurz darauf machte Corona viele Pläne zunichte. Im Juni erfolgt die sehnsüchtig erwartete „Auferstehung“ der Chorkonzerte, unter anderem mit dem Oratorium „Paulus“ im Salzburger Dom.
Die Wiederentdeckung und Belebung von Werken des Barock sind Herzensangelegenheiten von Jörn Andresen. Im Februar 2021 nutzte er eine der ersten Gelegenheiten, um gemeinsam mit dem Mozarteum vocalEnsemble und dem Barockorchester des Instituts für Alte Musik, Solist*innen der Gesangsabteilung und Oratorienklasse Kantaten von Johann Sebastian Bach aufzuführen – konform den geltenden Corona-Sicherheitsbestimmungen zwar ohne Publikum, aber mit umso größerer Zuseher*innen- bzw. Zuhörer*innenschaft im Internet. Mit ihrer emotionalen Tiefe und ihrem formalen Reichtum war die Aufführung der Kantaten fast bezeichnend für einen vorsichtigen „Neustart“, mit exzellent einstudiertem Chor sowie großer Freude und Leidenschaft für das schmerzlich vermisste Konzerterlebnis. „Ein Orchestermitglied musste während einer Probe mit den Tränen kämpfen, weil endlich wieder mit Chor musiziert wurde. Das hat mir vor Augen geführt, wie eng wir emotional wir mit dem Thema Chor verbunden sind“, erzählt Andresen.
Diese Emotion wird im Juni in freudiger Erwartung wieder für Publikum auf die Bühne gebracht: mit einem Chorkonzert von Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium „Paulus“. Schauplatz ist der prächtige Salzburger Dom, eine der eindrucksvollsten Monumentalbauten des Frühbarocks. Das Oratorium beschreibt in zwei Teilen den Wandel von Saulus zu Paulus, von seiner Verfolgung der Christen und dem Damaskuserlebnis der Erscheinung Christi bis zu seiner späteren Arbeit als Missionar und den damit verbundenen Gefahren. „‚Paulus‘ ist vielschichtig, vor allem das Narrativ der Suche ist perfekt für ein studentisches Ensemble: Wir müssen uns immer wieder entscheiden, uns um Definitionen bemühen. Entwicklungen passieren entweder durch Zufall oder durch aktives Entscheiden. Das finde ich faszinierend, genau das gelingt Mendelssohn bei ‚Paulus‘ unfassbar gut. Und ja, Ich bin bedingungsloser Mendelssohn-Fan.“
Jörn Andresen arbeitet für „Paulus“ mit dem Mozarteum UniChor, dem Universitätschor Dresden und dem Sinfonieorchester der Universität Mozarteum. Neben dem Konzert im Salzburger Dom am 5. Juni 2021 ist noch ein weiteres Konzert in der Kreuzkirche Dresden (13.6.) geplant, vorausgesetzt natürlich, die aktuelle Pandemielage gestattet das. „Das 30-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft Salzburg – Dresden war ein guter Anlass, um dazu etwas zu machen.“
Am 25. und 26. Juni steht dann Carl Orffs „Carmina Burana“ auf dem Programm, für die er mit Studierenden der Schlagzeug- und Klavierklasse, Gesangssolist*innen und dem Mozarteum vocalEnsemble in der SZENE Salzburg zu Gast ist. „Wir wollten ursprünglich ‚Carmina Burana‘ mit ‚Les Noces‘ von Igor Strawinsky kombinieren. Orff kannte das Werk und war in ‚Carmina Burana‘ stark davon beeinflusst, wir wollten die Verbindung zwischen den beiden herausarbeiten. Aber durch Corona konnten wir ‚Les Noces‘ in der Probezeit nicht realisieren, da es dort mit vier Klavieren und vier Schlagzeugen zur Sache geht.“ Geplant ist deshalb „nur“ die „Carmina Burana“, dafür in drei Konzerten: Neben einem Konzert für Schüler*innen und einem von Studierenden dirigierten Konzert wird Jörn Andresen auch eine Aufführung selbst dirigieren.
Und auch weitere Pläne sind schon geschmiedet: Im Rahmen des Mozartforums wird am 10. Oktober unter Jörn Andresens Leitung in der Pfarrkirche Mülln gemeinsam mit dem Orchester des Instituts für Alte Musik Mozarts Requiem und Spiegelung der Requiemfragmente von Frank Schwemmer aufgeführt. Letzteres ist eine besondere Uraufführung für Barockorchester, die das Werk unmittelbar in die Jetztzeit holt. Und am 28. Mai 2022 ist gemeinsam mit den Regensburger Domspatzen im Salzburger Dom die Marienvesper von Claudio Monteverdi geplant, mit einer liturgischen Rekonstruktion für die Domspatzen.
Die Aussichten für weitere Chorkonzerte und für die Pläne von Jörn Hinnerk Andresen sind also hervorragend. Wohlverdient!