Weimar/Jerusalem - Für Musikstudenten aus Weimar und Jerusalem begannen am Samstag gemeinsame Proben für eine Konzerttournee in Deutschland und Israel. Zum dritten Mal nach 2011 und 2013 schließen sie sich zum «Young Philharmonic Orchestra Jerusalem Weimar» zusammen, um so ein Zeichen für ein besseres gegenseitiges Verstehen zu setzen. Der Chefdirigent der Dresdner Philharmoniker, Michael Sanderling, wird das Orchester auf Zeit zum zweiten Mal dirigieren.
Nach einwöchiger Probe stehen die Studenten der Musikhochschule «Franz Liszt» Weimar und der Jerusalem Academy of Music and Dance am 2. August zum ersten Mal in der Weimarhalle auf der Bühne.
Eigens für das Projekt hat der israelische Komponist Ziv Cojocaru das Werk «Links.Metamorphosis» komponiert. Neben dessen Uraufführung stehen Werke von Kurt Weill, Peter Tschaikowsky und Dmitri Schostakowitsch auf dem Programm. Solist ist der Weimarer Cello-Student Alexey Stadler. Es folgen Konzerte in Wolfsburg, Berlin und Chorin (Brandenburg). Im Oktober sind drei Konzerte in Israel - in Jerusalem und Tel Aviv - geplant.
Interview mit Michael Sanderling über sein Dirigat des „Young Philharmonic Orchestra Jerusalem Weimar“
Ende nächster Woche beginnen die Registerproben, ab dem 27. Juli steht dann Michael Sanderling am Pult des „Young Philharmonic Orchestra Jerusalem Weimar“: Neue Verknüpfungen und positive Veränderungen im Verhältnis zwischen Israeli und Deutschen stehen im Zentrum der Proben und anschließenden Konzerte in Weimar (02.08., Weimarhalle), Wolfsburg (04.08., CongressPark), Berlin (06.08., Konzerthaus) und Chorin (08.08., Kloster). Über das Projekt, bei dem Studierende der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und der Jerusalem Academy of Music and Dance im Oktober 2015 dann auch in Israel gemeinsam musizieren, gab Dirigent Michael Sanderling in einem Interview Auskunft.
Herr Sanderling, nach 2013 dirigieren Sie zum zweiten Mal das „Young Philharmonic Orchestra Jerusalem Weimar“. Was reizt Sie an diesem Orchesterprojekt?
Zunächst mal reizt mich, Musik zu machen, egal wo und mit wem. Wenn sich dazu und speziell junge Musiker aus Weimar und Jerusalem zusammenfinden, um Gemeinsames zu erarbeiten, zu erfühlen und zu überbringen, und ich das Ganze beeinflussen darf, so macht mich das wirklich glücklich und bildet in mir größte Vorfreude.
Welche Effekte sehen Sie für die deutsch-israelische Verständigung?
Als Musiker können wir zeigen, wie einfach es ist, Barrieren zu überwinden. Wir haben eine gemeinsame Sprache, mit Hilfe derer wir klar machen können, dass Emotionen und Gefühle die Generations-, Glaubens- und Herkunftsunterschiede überlagern und ausschalten können. Was für eine Botschaft …!
Wie schon 2013 steht wieder ein Werk von Schostakowitsch auf dem Programm. Wie ist Ihre persönliche Beziehung zu diesem Komponisten?
Die Musik Schostakowitschs begleitet mich seit meiner Kindheit und bildet zudem in der jetzigen Phase meines Musiker-Daseins einen großen Schwerpunkt. In den kommenden Jahren werde ich nach seinen Kammersinfonien mit der Dresdner Philharmonie alle 15 Sinfonien für Sony aufnehmen. Zum 1. Cellokonzert habe ich eine besondere Beziehung: Es war mein letztes Konzert als Cello-Solist, bevor ich mich zur Aufgabe in dieser Funktion entschied. Und das letzte Mal als Dirigent habe ich es mit dem Weimarer Cellolehrer unseres diesjährigen Solisten Alexey Stadler, dem von mir außerordentlich geschätzten Wolfgang Emanuel Schmidt, aufgeführt. Es schließt sich damit ein Kreis.
Freuen Sie sich auf eines der ausgewählten Werke ganz besonders?
Es ist in diesem Jahr ein außergewöhnlich gemixtes Programm und damit für jeden Geschmack etwas dabei. Besonders gespannt bin ich auf die Reaktion im Orchester und beim Publikum auf die von mir sehr geliebte Weill-Sinfonie.
Worin liegen die Herausforderungen in der Arbeit mit einem solchen Projektorchester?
Es ist eine große Aufgabe, sehr schnell und in kurzer Zeit eine gemeinsame homogene Sprache zu finden. Die Unterschiedlichkeit der einzelnen Spielweisen müssen unter ein großes „Dach“ gestellt werden. Da bedarf es all meiner Erfahrung als Orchestermusiker, Dirigent und Orchestererzieher.
Wie haben Sie beim letzten Mal die Israel-Tournee erlebt? Welche Publikumsreaktionen erwarten Sie bei den drei Konzerten u.a. in Jerusalem und Tel Aviv im Herbst 2015?
Wir werden auch in diesem Jahr ganz sicher wieder einem sehr aufgeschlossenen, erwartungsfreudigen und begeisterungsfähigen Publikum in Israel begegnen – so wie hier in Deutschland auch. Einen kleinen Unterschied in der Erwartung beider Länder mag es geben: Hierzulande ist man es gewohnt und man verlangt, dass ein Jugendorchester mindestens so diszipliniert agiert wie unsere großen und berühmten Sinfonieorchester. In Israel war diese Qualität eine hervorgehobene Spezialität. Hoffen wir, dass wir diesen Eindruck wiederholen können!
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Jan Kreyßig