Magdeburg - Die Theater in Sachsen-Anhalt setzen auf alternative Projekte, junges Publikum und kreieren neue Formate - auch in der Krise. Für «Klassenzimmerstücke» braucht es keine Bühne mit Vorhang.
Der Teil-Lockdown setzt den Theaterleuten erneut zu. Der Vorhang bleibt geschlossen und das Publikum vorerst draußen, um die Corona-Infektionen einzudämmen, wie es Bund und Land beschlossen haben. Unsicherheit macht sich breit, wie es um die Arbeit mit jungem Publikum steht. Im Anhaltischen Theater in Dessau-Roßlau konnten seit Beginn der Pandemie im März keine pädagogischen Projekte mehr wie bis dato gewohnt umgesetzt werden, wie Theatersprecherin Franziska Blech erklärte. Dazu gehörten beispielsweise die Führungen durch die Theaterräume oder die Kulturwandertage mit Schulklassen. Dafür wurden aber teils direkt an den Schulen neue Vorhaben umgesetzt.
Das Anhaltische Theater habe dafür unter anderem mobile Formate entwickelt. Nun gebe es das «Klassenzimmerstück» für die Klassenstufen 9 bis 12, sagte Blech. Dabei werde der Klassenraum unter Mitwirkung von Schauspielerinnen und Schauspielern des Ensembles für eine Unterrichtsstunde zur Bühne. Ähnlich ist es am Theater der Altmark in Stendal. Angebote für Schulen seien seit Beginn der Pandemie und auch angesichts des Umbaus des Hauses das Angebot, das am besten gelaufen sei, sagte Intendant Wolf E. Rahlfs.
Generell sei in den ländlichen Regionen das Interesse an Theaterpädagogik groß. Dabei arbeiten Laien und Schauspieler gemeinsam an Themen, die junge Menschen bewegen, und die sie als «Klassenzimmerstücke» zur Aufführung bringen wollen - auf Abstand, um sich vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen.
Unter dem Motto «Theater-Lieferdienst» seien darüber hinaus am Anhaltischen Theater für alle Stufen ab der fünften Klasse weitere Formate entwickelt worden, sagte Sprecherin Blech. Je nach Klassenstufe und Wunsch könnten die Schulleitungen die Theater-Erlebnisse an ihre Einrichtungen holen - vom Balladen-Workshop bis zur Monolog-Aufführung.
Das Theater in Magdeburg bemüht sich nach eigenen Angaben, seine theaterpädagogischen Angebote trotz der Pandemie in den eigenen Räumen weiterzuführen. Der Theaterjugendclub könne unter strengen Corona-Maßnahmen weiter proben, erklärte Theatersprecherin Christine Villinger in Magdeburg. Es gebe allerdings auch virtuelle Treffen, etwa um Texte zu üben.
Für die Kinderoper «Der Zaunkönig und die silberne Flöte» sei eine kleinere Besetzung konzipiert worden und auch die Proben für das Kinderkonzert «Paddington Bärs erstes Konzert» seien unter Beachtung der Corona-Regeln möglich. Wie es weitergehe, sei derzeit nicht klar, sagte Villinger. Es sei aber wichtig, positiv zu bleiben.
Auch in Halle hat die Corona-Pandemie die Arbeit der Theaterleute verändert. So mussten die beiden Spielclubs im Frühjahr ihre Proben zunächst einstellen, eine Premiere wurde abgesagt, sagte die leitende Theaterpädagogin Kathrin Lehmann von den Bühnen Halle. Die Teilnehmenden der Jugendclubgruppe drehten derweil daheim Videos zum Ausnahmezustand und überbrückten so die Zeit.
Im Theater der Altmark rechnete der Intendant schon vor der erneuten Schließung mit zwei Drittel weniger Besucher und Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr. Für die Theaterschaffenden sei umso mehr die pädagogische Arbeit ein wichtiger Bestandteil der Häuser. Gleichzeitig könne aus der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen selbst Kunst entstehen. Das sei etwa geschehen mit dem Theaterclub am Anhaltischen Theater, Performances und Klassiker-Adaptionen von jungen Menschen. «Denn jedes Kind, jeder Jugendliche, hat das Recht auf Begegnung mit lebendiger Kunst», erklärte Rahlfs.