Der digitale Instrumentalunterricht mittels Videokonferenzen stellt uns alle vor große neue Herausforderungen, bietet aber zugleich Chancen für die Entwicklung neuer Lehrformate auf Basis von Technologien, welche in Zukunft auch die detailliertere Arbeit an Parametern der Klangerzeugung und -entwicklung ermöglichen können. Dies wären im Allgemeinen beispielsweise eine maßvolle Dynamikgestaltung, Fragen der Atmosphäre, Klangfarben und die Einbeziehung des Raumklangs in das Unterrichtsgeschehen.
Im Besonderen darf die Komplexität des Klavierklangs nicht unterschätzt werden: der Ambitus von mehr als sieben Oktaven, enorme Kontraste in Dynamik, Transparenz und Klangfülle, stufenlose Pedalisierung, Resonanzen, Möglichkeiten von Vielschichtigkeit und Polyphonie sowie die Länge und das Ausschwingverhalten von Klängen – all diese Eigenschaften als Teile einer emotionalen und geistig durchdrungenen Interpretation erzeugen hohe Erwartungen an die Übertragungstechnik und Software. Teils ungemein schnelle Figurationen oder Läufe machen auch kleinste zeitliche Verzerrungen bei der Übertragung zu einem Problem.
Wenngleich alle uns zur Verfügung stehenden Plattformen das Ziel verfolgen, die Bild- und Tonqualität zu optimieren, sind die verwendeten Audiocodecs oft nur auf die Übermittlung von Sprache bei möglichst geringer Datenmenge ausgerichtet. Ausnahmen können – neben dem neuen HiFi-Musikmodus von Zoom – spezielle Dienste für digitalen Instrumentalunterricht sein, bei denen je nach Anbieter die Kosten für die Verwendung des Dienstes sehr hoch ausfallen, verbunden mit zeitlichen Beschränkungen.
Es gibt jedoch auch Plattformen, die eine exzellente Tonübertragung ermöglichen und dabei sogar kostenfrei sind – zum Beispiel Source-Connect Now, Cleanfeed oder Soundjack. Sehr gute Erfahrungen habe ich mit Source-Connect Now gemacht, welches für Studierende einfach zu bedienen ist und nur wenige Voreinstellungen erfordert. Sinnvoll ist die Verwendung allerdings nur bei einem guten Setup mit einem Computer auf beiden Seiten. Hierbei ist es möglich, gleichzeitig eine Videoverbindung mithilfe eines anderen Programms (z.B. Skype oder Zoom) herzustellen und das Mikrofon dort stummzuschalten. Die genannten Plattformen übertragen den Ton ohne jede Veränderung – eine perfekte Voraussetzung für Instrumentalunterricht. Somit sind auch keine Echo- oder Rauschunterdrückungen aktiv, weswegen alle Kommunikationspartner zwingend einen Kopfhörer benötigen, um Rückkopplungen zu vermeiden.
Unabhängig von der verwendeten Plattform kann das Ergebnis der Vermittlung von Inhalten immer nur so gut sein, wie es die verwendete Technik mitsamt ihren Einstellungen ermöglicht. Neben dem Ton bezieht sich dies auch auf das Bild – eine gute Kamera mit passender Ausleuchtung macht die Kommunikation für Studierende nicht nur angenehmer und hilft bei der Arbeit an Bewegungsabläufen. Sie unterstützt direkt die Arbeit an Inhalt und Ausdruck, indem Gestik, Mimik und Körpersprache klare Impulse geben können. Als Anregung ist nebenstehend das von mir verwendete und erprobte Setup aufgelistet.
Technisches Setup
Hardware:
Notebook mit Ryzen 5 2500U, 8GB RAM, Vega 8 Grafik
Betriebssystem: Windows 10
USB-C Hub zum Anschluss aller Geräte und zum Laden über nur einen einzigen Anschluss: Anker PowerExpand+ 7-in-1 (Version mit 3 USB-Anschlüssen und 85 Watt Pass-Through-Ladung)
Audioeingang:
Externes Mikrofon: Zoom H2n, angeschlossen per USB
Einstellungen:
Mikrofonierung: XY; Auto Gain: Concert
Windows Mikrofoneigenschaften: Pegel 70 Exklusiver Modus: beide Einstellungen deaktiviert
Mikrofonaufstellung: rechte Seite des Notenpults mit Ausrichtung zur Person hin
Entkopplung des Mikrofons vom Flügel: Oehlbach Shock Absorber
Audioausgang:
D/A-Wandler: Objective DAC (ODAC)
Kopfhörerverstärker: Objective2 (schnelle und komfortable Änderung der Lautstärke mit Drehregler)
Kopfhörer offener Bauform: Sennheiser HD 598SE
Externe Webcam für bessere Bildqualität:
Logitech C920 HD Pro