Hannover - Von wegen steif und würdig: Kirchenmusik darf unterhalten und statt Bach auch Popmusik bieten. Lange war die Ausbildung zum Kirchenmusiker eher klassisch ausgerichtet - das ändert sich seit einigen Jahren. Und gerade auch in der Landeskirche in Hannover.
Auch das ist Kirchenmusik: Die Evangelische Landeskirche Hannovers bietet künftig in einem Pilotprojekt erstmals eine Ausbildung zum Pop-Kirchenmusiker. Damit könnten sich Musikerinnen und Musiker nebenberuflich spezialisieren und qualifizieren, sagte der Studienleiter des Projekts, der Verdener Popkantor Micha Keding, am Dienstag in Hannover. Die zweijährige Ausbildung ende mit einer Abschlussprüfung und dem sogenannten C-Schein, also der Qualifikation zum nebenberuflichen Kirchenmusiker. Seit 2011 gebe es Popularmusik als Kirchenmusikstudium in der Nordkirche, aber auch andere Landeskirchen hätten nachgezogen.
Keding erklärte, die Kirchenmusik in vielen Gemeinden sei im Wandel: Pop-, Band- und Gospelgottesdienste seien gefragt. Kirchengemeinden suchten vermehrt Bandleader und Gospelchorleitungen sowie Musiker, die Piano oder Gitarre «modern bis groovig» spielen könnten. Julia Helmke, Oberkirchenrätin und Referentin für Kirchenmusik der Landeskirche, betonte, Popmusik sei «auch Teil der Kirchenmusik». Zur Tradition zähle «nicht nur Bach», auch Jazz, Pop, Rock und Gospel seien in den vergangenen Jahrzehnten dazugekommen. In der Landeskirche gebe es bereits zwölf hauptamtliche Popkantoren.
Nach Einschätzung von Jan Meyer, Dozent für Chorleitung, geht es nicht nur um solide Ausbildung. Die Kirche sei auch eine gute Arbeitgeberin. Denn die Chancen, nach der C-Pop-Ausbildung in einer Kirchengemeinde mitzuarbeiten, stünden gut, sagte Keding. Viele Gemeinden suchten nach Kirchenmusikern für Gottesdienste und Chöre - und die Nachfrage nach Jazz, Rock und Pop sei hoch: «Mit dem C-Kurs ist man befähigt, eine C-Stelle an einer Kirchengemeinde anzunehmen.»
Eine ganze Reihe von Fächern sollten in dem C-Pop-Kurs unterrichtet werden, erklärte Keding. Dazu zählten Pop-Piano oder -Gitarre, Gesang, Bandpraxis, Chorleitung, Gemeindesingen, aber auch Tonsatz, Gehörbildung, Musiktheorie und Instrumentenkunde. Bewerbungsschluss sei der 31. Mai, am 24. Juni sei die Aufnahmeprüfung und 20 Teilnehmer würden ausgewählt. Die Ausbildung bestehe aus vier Seminar- und zwei Prüfungswochenenden sowie 16 Praxistagen.