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Leitung von Blasorchestern in Mannheim

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Eine spannende Erweiterung des Angebots
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Im Oktober 2015 wurde es von der Landesregierung Baden-Württembergs verkündet: Frau Ministerin Bauer hatte die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim als Standort für das neue Landeszentrum für Dirigieren Baden-Württemberg ausgewählt. Diese Entscheidung war mit der Neueinrichtung einer Professur für Leitung von Blasorchestern verbunden, auf die Prof. Hermann Pallhuber berufen wurde. Mit ihm sprach Prof. Meister, Präsident der Hochschule.

Herr Prof. Pallhuber, was hat Sie motiviert die neue Professur in Mannheim zu übernehmen?

Auf die historisch gewachsene Tradition der Orches-terkultur in Mannheim baut das Landeszentrum für Dirigieren Baden-Württemberg auf. Vor allem interessierte mich an zentraler Stelle das Fach, das ich seit 2009 in Stuttgart bereits unterrichtete, noch breiter und noch besser ausgestattet zu entwickeln. Das neue Landeszentrum stellt ein einzigartiges Exzellenzzentrum dar. Mannheim und Baden-Württemberg übernehmen hier eine Vorreiterrolle auf dem Gebiet der Musikleitung in ganz Deutschland: meiner Meinung nach auf der Höhe unserer Zeit mit passenden Strukturen und Angeboten, einer gediegenen Ausstattung mit Personal- und Sachmitteln, entsprechenden Räumlichkeiten und Reichweiten. Angeboten wird das Hauptfach Leitung von Blasorchestern als grundständiges Studium mit Bachelorabschluss ebenso wie im Master und – ab Herbst 2017 – im Zusatzstudium als attraktive Weiterbildungsmöglichkeit für Masterabsolventen jeder Fachrichtung. Dadurch ergeben sich riesige Chancen für dieses an Musikhochschulen immer noch sehr junge Fach!

Blasorchestermusik in Baden-Württemberg und im gesamten süddeutschen Raum ist bei weitem kein unbekanntes Terrain mehr und auch wichtig für unsere Breitenkultur. Die Amateurmusikszene und ihre zugehörigen Verbände stellen eine große Bewegung in allen sozialen Schichten dar. Wo sehen Sie Anknüpfungspunkte für Ihre Arbeit?

Dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Vorgespräche mit Institutionen und Verbänden, insbesondere mit dem Bund Deutscher Blasmusikverbände wurden bereits geführt. Es gilt eine für alle Seiten gewinnbringende Struktur zu schaffen. Hier sehe ich großes Potenzial in einem Land, in dem von der Basis bis zur künstlerischen Spitze alle Formen stark vertreten sind. An den Schnittstellen sollte aber die Abstimmung noch enger werden. Hier schwebt mir die Weiterentwicklung der Musikszene Baden-Württembergs im Allgemeinen gemeinsam mit verschiedenen Partnern vor. Es braucht allerdings Zeit, um die neuen Ideen in die Praxis umzusetzen.

Für das Landeszentrum für Dirigieren wird in Mannheim auch ein ganz neues Studienkonzept diskutiert. Welche Chancen sehen Sie darin?

Die Landeszentren halten meiner Meinung nach enorme Chancen für die musikalische Bildungslandschaft bereit. Im Fall Mannheim werden im Landeszentrum für Dirigieren gleich mehrere Sparten verknüpft: Orchesterleitung Sinfonik und Oper, Chorleitung, Blasorchesterleitung und demnächst Jazz-Ensemble und Ensembleleitung für Avantgarde. Alle diese Fächer sind unter einem Dach vereint, bieten großartige Synergiemöglichkeiten und werden den Studierenden alle Welten hautnah eröffnen, indem die Curricula an geeigneten Stellen „Schnittmengen“ und Durchlass bieten. Das heißt, der oder die Studierende in Orchesterleitung Sinfonik wird ebenso Chöre und Blasorchester in seinem oder ihrem Studium dirigieren und sich mit Jazz-Ensembles vertraut machen können, genauso wie ein Blasorchesterleiter in Grundzügen auch das Repertoire der Avantgarde im Orchester- und Chorbereich sowie die „Klassik“ des Sinfonieorchesters kennenlernen wird et cetera und vice versa: Eine große Herausforderung für unser Professoren-Team, nicht nur inhaltlich, sondern auch organisatorisch und logistisch. Aber vor allem eines: eine sehr, sehr große Chance für die Zukunft.

Was möchten Sie Interessierten sagen? Warum sollen sie sich in Mannheim bewerben?

Praxisnähe und hochqualitative Praxisphasen bei professionellen Orchestern gehören zum Kernbereich der Ausbildung am Landeszentrum. Regelmäßig wird daher das Fach „Dirigierpraktikum“ mit einem „Live“-Ensemble angeboten, das die Studierenden in die Realsituation einer Orchesterprobe und eines Orchesterkonzertes versetzt. Hier werden bestehende Kooperationen weitergeführt (wie zum Beispiel mit der Mannheimer Bläserphilharmonie) und neue ins Leben gerufen. Entsprechende Gespräche führe ich im Moment in ganz Deutschland mit verschiedenen Orchestern. Erfreulich ist, dass bereits mehrere Orchester von sich aus eine Kooperation mit Mannheim angeboten haben. 

Enorm wichtig ist die Entwicklung der eigenen künstlerischen Persönlichkeit der Studierenden, einer speziellen Individualität und Authentizität. Ich meine einen positiven künstlerischen „Eigensinn“, also einen eigenen „Sinn“, den wir für die Musik in unserem Dasein finden müssen. Die Studierenden erhalten daher wöchentlich genügend Zeit im Einzelunterricht, um sich schrittweise entwickeln zu können. Genauso findet auch in geeigneter Form Gruppenunterricht statt, in dem gemeinsam an verschiedenen Problemstellungen des Dirigierens und der Orchesterleitung im Austausch miteinander gearbeitet wird. Spezielle Instrumenten- und Repertoirekunde gehören ebenso zum Fächerkanon wie instrumentaler Unterricht auf Haupt- und Nebenins­trumenten. Wesentlich sind aber die internen und externen Praxisprojekte mit semiprofessionellen und professionellen Orchestern, die alle Teilbereiche des Studiums im Moment des „Dirigierens“ auf einen Punkt vereinen sollen.

Wo sehen Sie die künftigen Berufsfelder der Absolventen?

Zunächst natürlich in der Leitung von professionellen Blasorchestern und Ensembles. Hier sind die Stellen zwar sehr dünn gesät, aber immerhin vorhanden. Als Freelancer und Dirigent von mehreren Blasorchestern sieht der Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg zwar ausgezeichnet aus, bietet aber meist nicht die wünschenswerte Sicherheit einer Anstellung. Die Nachfrage nach qualifizierten Dirigenten ist jedoch enorm. Wer existentielle Sich­erheit bevorzugt, ist mit seiner Dirigiertätigkeit in pädagogischen Bereichen, in Vereinsstrukturen vielleicht in Kombination mit Musikschularbeit oder in einer Stelle als Stadtmusikdirektor gut aufgehoben. Möglichkeiten gibt es ebenso in fachverwandten Berufen wie Musik- und Veranstaltungsmanagement, Verlagstätigkeit, Musikaufnahmeleitung und im Musikjournalismus. Insbesondere in Kombination mit einer pädagogischen Tätigkeit in Anstellung ergibt sich für die Leiter von Blasorchestern ein befriedigendes und sicheres Berufsumfeld.

Welche konkreten Fähigkeiten sollen Absolventen am Ende ihres Studiums entwickelt haben?

Die Absolventen sollen sich in der vielfältigen Musikwelt der Blasorchester kompetent und zielsicher zurechtfinden, sich kritisch und aufgeschlossen dieser in Deutschland ziemlich neuen Kunst-, Musik- und Orchesterform annehmen und neues Musikterrain erobern können. Die neuen Angebote am Landeszentrum für Dirigieren in Mannheim bieten dafür die besten Chancen.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

Prof. Hermann Pallhuber erhielt seine musikalische Ausbildung zunächst in Innsbruck und Wien (Klavier, Posaune, Ensembleleitung) und studierte dann an der Universität Mozarteum Musikpädagogik (Musikerziehung) mit den Schwerpunkten Ensemble- und Chorleitung, Posaune und Klavier. An der Universität Innsbruck absolvierte er zudem das Studium der Klassischen Philologie (Latein). Nach Unterrichts- und Dirigiertätigkeiten von 1994 bis 2004 an Gymnasien, Musikschulen, an der Pädagogischen Hochschule in Tirol und an der Universität Innsbruck setzte er seine Kompositions- und Dirigierstudien an den Musikhochschulen in Zürich und Augsburg fort, wo er im Fach „Dirigieren – Blasorchesterleitung & Instrumentation“ mit dem künstlerischen Diplom der Musikhochschule Augsburg-Nürnberg abschloss. Viele Jahre lang war Hermann Pallhuber künstlerischer Leiter verschiedener Bläserensembles und Blasorchester (Wind Music Project der Musikhochschule Stuttgart, Three Lions Brass Band Stuttgart, Brass Band Tirol, Sinfonisches Blasorchester Innsbruck-Land, Tiroler Bläserphilharmonie, Symphonic Winds Tyrol u.a.). Seither ist er international als Gastdirigent, Juror und Dozent für Blasorchester tätig. 

Seit 2009 lehrte Hermann Pallhuber in Deutschland zunächst an der Musikhochschule Stuttgart, wo er 2013 zum Honorarprofessor für Blasorchesterleitung ernannt wurde. Seit 2011 führt er außerdem eine Klasse in Blasorchesterleitung am Tiroler Landeskonservatorium. Darüber hinaus gestaltete und moderierte er ab 2001 Fachsendungen für Blasmusik im Österreichischen Rundfunk (ORF). 2016 folgte er dann dem Ruf auf eine Professur für Dirigieren/Leitung von Blasorchestern der Musikhochschule Mannheim.

Struktur und Ziele der Ausbildung im Fach Leitung von Blasorchestern 

Ziel ist es, die angehenden Dirigentinnen und Dirigenten mit künstlerisch-fachlichen und methodisch-pädagogischen Kompetenzen zur Leitung von Bläserensembles und Blasorches-tern auszustatten. Von Bedeutung ist die fundierte Vorbereitung auf die künstlerische und musikalische Arbeitswelt im professionellen und semiprofessionellen Bereich, wie auch in der ambitionierten Amateurszene des Landes. Die Regelstudienzeit im Bachelor beträgt acht Semester, im Master und im Zusatzstudium jeweils vier Semester. 

 

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