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Lübeck hoch drei

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Die Musikhochschule Lübeck im Diskurs der Stadtgesellschaft
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Drei Hochschulen – ein Ziel: Wissen und dessen Verbreitung soll kein exklusives Privileg einer Elite, sondern im weitest möglichen Maß für alle Interessierten zugänglich sein. In den Präsidien der drei Lübecker Hochschulen gibt es Einigkeit darüber, dass die Vielfalt des in Lübeck produzierten Wissens die Stadtidentität stärker prägen soll. Je für sich haben die Musikhochschule Lübeck (MHL), die Technische Hochschule Lübeck (THL) und die Universität zu Lübeck (UzL) ohnehin ein markantes Profil. Als Trias „Lübeck hoch 3“ (LH3) plus damit vernetzter akademischer Einrichtungen soll nun die Wirkung ihres Fundus und ihrer Expertisen durch interdisziplinäre Zusammenarbeit und öffentliche Foren mobilisiert werden, um die Werte der Zivilgesellschaft zu festigen und voranzubringen.

Die Rolle der MHL bei „Lübeck hoch 3“ beschreibt deren Präsident Prof. Rico Gubler so: „Der Transferauftrag des Hochschulgesetzes erstreckt sich in unserem Selbstverständnis einerseits über die Pflege von Kunst und Kultur bis hin zur musikalischen Teilhabe – das sind Kernbereiche einer Musikhochschule, die ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnimmt.“ Andererseits ist darunter auch die Bereitschaft und Fähigkeit zur Kooperation mit anderen kommunalen Partnern aus der Wissenschaft zu verstehen.

Als größter Konzertveranstalter in Schleswig-Holstein für alle Genres erreicht die MHL schon viele Menschen, zudem mit musikpädagogischen Projekten an Schulen und anderen Formaten. Außerdem wendet sich das ihr angegliederte Brahms-Institut mehrmals pro Jahr mit Ausstellungen an die Öffentlichkeit. So wurde dort als erste Präsentation von „Lübeck hoch 3“ eine exquisite Kulturgeschichte zum Medium Brief vorgestellt. Die Ausstellung „a BRIEF history“ gab Einblick in diverse Facetten der Materialität und Intention mit 30 Exponaten aus 800 Jahren. Daran beteiligt waren 13 Museen, Archive und Sammlungen der Hansestadt sowie das Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck (ZKFL), sodass ein breites Spektrum dieses Sujets in Vitrinen und einem illustrierten Katalog abgebildet werden konnte. Etwa ein „Brief mit doppeltem Siegel“, den Ludwig van Beethoven an Franz Anton Stockhausen (1823) in Paris schickte, um eine Vermarktung seiner „Missa Solemnis“ zu sondieren. Zwar ein Geschäftsbrief, der mit seinen privaten Passagen aber zeigt, so der Kommentar von Prof. Dr. Wolfgang Sandberger, Leiter des Brahms-Instituts, „dass die handschriftlich fixierte Nachricht zur vertraulichsten Form des Gedankenaustausches zwischen Menschen gehört“.

Auf der MHL-Agenda sind auch Ringvorlesungen, die gemeinsam mit UzL und THL bereits in vergangenen Semestern organisiert wurden. Ab 5. Januar 2021 werden bei „Lübeck hoch 3“ nun verschiedene Expertinnen und Experten den epochalen Musikerroman „Doktor Faustus“ von Thomas Mann betrachten und Musik- und Literaturwissenschaft durch Vortrag und Live-Musik interdisziplinär miteinander verknüpfen. Diese Veranstaltung, im Verbund von MHL, UzL und Kulturakademie der Vorwerker Diakonie, ist dann digital über den MHL-Stream verfügbar. Darüber hinaus sind eine Vorlesungsreihe für Kinder, eine Veranstaltung zum Technik-Ethik-Komplex und ein Science Slam in der Hochschulkirche St. Petri geplant.

Für die Koordination solcher Aufgaben und Aktivitäten an der MHL sind Birgitt Rehbock und Isabell Seider zuständig. Zum Projektstart haben sie Aufrufe an Studierende, Dozierende, Kolleginnen und Kollegen gesendet, um die Architektur von „Lübeck hoch 3“ mit geistigem Interieur zu füllen. Diese Architektur besteht aus drei Projektlinien: „UNSER LH3 − Lübeck bewegen“ stärkt den Diskurs in der Stadtgesellschaft mit dialogorientierten Formaten; „DEIN LH3 − Lübeck bilden“ bietet Kultur- und Bildungsangebote im Sinne lebenslangen Lernens, und „MEIN LH3 − Lübeck beteiligen“ ermöglicht die Umsetzung individueller Ideen von Lübecker Bürgerinnen und Bürgern mit Bezug zu Wissenschaft und Kultur. Zur Gewährleistung der Interdisziplinarität und im Hinblick auf die Struktur von „Lübeck hoch 3“ müssen bei der Projektplanung immer mindestens zwei der drei Hochschulen beteiligt sein. Über die Website von „Lübeck hoch 3“ können Anträge und Ideen eingereicht werden. Hilfe gibt es vom Projektteam der drei Hochschulen, die jeweils eigene Referentinnen und Referenten stellen.

„Eine wichtige Voraussetzung ist sicherlich, dass sich mögliche Projektideen mit Lehr- und Lerninhalten der MHL verbinden lassen oder auf der anderen Seite sich die Interessen von Laien oder anderen externen Musikbegeisterten mit den Interessen unserer Studierenden vereinbaren lassen. Da sind wir sehr gespannt, was alles auf uns zukommen könnte. Die Offenheit dieser Fragestellung ist Teil des Konzeptes von ‚Lübeck hoch 3‘, denn es sollen nicht alle Ideen nur aus der MHL stammen oder dort generiert werden. Die Grenzen einer ja gewünschten Öffnung und Bürgernähe sind sicherlich die personellen Kapazitäten des ‚Lübeck hoch 3‘-Teams und der Hochschulmitglieder. Normalerweise übersteigt die Zahl der Ideen das real Machbare“, gibt Prof. Rico Gubler zu bedenken. „Deshalb benötigen wir auch ein Gremium, das bei den drei Präsidien verankert ist“. Es entscheidet, ob solche Anträge den Anforderungen wissenschaftlichen Arbeitens entsprechen und unterstützt werden können oder nicht. Neue, auch kontroverse Themen sollen durch öffentliche Diskussionen die Attraktivität der Wissenschaft steigern, sowohl mit Bezug zur Forschung als auch durch Anwendung und Vermittlung.Die präsidiale

Initiative aus den drei Hochschulen möchte den nun begonnenen Wissenstransfer quantitativ und vor allem qualitativ erweitern. Warum, erläutert Prof. Dr. Gabriele Gillessen-Kaesbach, Präsidentin der UzL: „Die Lübecker Hochschulen verstehen sich mit ihren Wissenschaftlern, Studierenden und Mitarbeitern als gestaltender Teil der Stadtgesellschaft. Dieses Miteinander ist eine Verpflichtung, die gelebt sein will.“ Und Dr. Muriel Kim Helbig, Präsidentin der THL fügt hinzu: „Über 10.000 Studierende und weit über 1.000 hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den drei staatlichen Hochschulen Lübecks sind das Potenzial von ‚Lübeck hoch 3‘. Jedes Projekt wird von mindestens zwei Hochschulen durchgeführt, es handelt sich somit immer um Kooperationen zwischen unterschiedlichen Disziplinen.“ Prof. Rico Gubler ist sogar überzeugt, dass „Lübeck hoch 3“ künftig das Symbol der drei Hochschulen sein könnte.

Gefördert wird „Lübeck hoch 3“ von der Possehl-Stiftung Lübeck. Wie Max Schön, Vorsitzender des Stiftungsvorstandes erläutert, wird die Basis­finanzierung übernommen, da diese Initiative eine Fortsetzung der erfolgreichen Bewerbung von Lübeck als Wissenschaftsstadt und der Gründung des Wissenschaftsmanagements ist. So erhalten sowohl die drei Hochschulen als auch die Zivilgesellschaft mit „Lübeck hoch 3“ einen markanten Impuls, mit Forschung und Bildung im Hochschulkontext einen breiten Wissenstransfer zu initiieren.
www.luebeckhoch3.de

a BRIEF history – Katalog zur Ausstellung
Herausgeber: Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck & Brahms-Institut an der Musikhochschule Lübeck; Edition Text + Kritik München 2020; Preis: 19,90 Euro, ISBN: 978-3-96707-403-1

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