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Foto: SIMPK/Simon

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Mensch, Raum und Musik in Beziehung zueinander

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Symposium zu 40 Jahren Staatliches Institut für Musikforschung am Kulturforum in Berlin
Vorspann / Teaser

Am 14. Dezember 1984 zog das Staatliche Institut für Musikforschung (SIM), seit 1962 eine Einrichtung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in den von den Architekten Hans Scharoun und Edgar Wisniewski geplanten Neubau am Kulturforum Berlin in unmittelbare Nähe zur Berliner Philharmonie und zum Potsdamer Platz. Damit befanden sich die drei Abteilungen – Musikinstrumenten-Museum, Musiktheorie und Musikgeschichte sowie Akustik und Musiktechnologie / Studiotechnik und IT – erstmals unter einem Dach. Dieses Jubiläum wurde, genau 40 Jahre später, im Musikinstrumenten-Museum mit dem Symposium „Das Berliner Kulturforum als Klangraum“ begangen.

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Das SIM ist heutzutage das größte deutsche außeruniversitäre Forschungszentrum für Musikwissenschaft und gleichzeitig ein Ort der Musikvermittlung an ein breites musikinteressiertes Publikum durch das dazugehörige Musikinstrumenten-Museum, in dem vielfältige Veranstaltungen wie Symposien, Gesprächskonzerte mit Alter Musik auf historischen Instrumenten der Sammlung, interaktive Klanginstallationen sowie Veranstaltungen für Kinder und Familien, darunter Workshops im MIM­KidsLab, stattfinden. Außerdem ist das Institut ein wichtiger Kooperationspartner zum Beispiel für Projekte des Landesmusikrats Berlin wie das 2024 gestartete Schulprojekt „Musikalische Stolpersteine“ zur Geschichte verfolgter Musiker*innen in der NS-Zeit und das ebenfalls im letzten Jahr gegründete Jam – Das Jugendensemble Alte Musik Berlin. 

Beim Symposium am 14. Dezember stand die Form und Licht verbindende Architektur des Kulturforums, im speziellen des Kammermusiksaals und des SIM mit seinem Musikinstrumenten-Museum, der Bibliothek und den Forschungsräumlichkeiten, im Fokus. Dabei behandelten die insgesamt acht Vorträge unter anderem die architektonische Idee Scharouns einer „Musik im Mittelpunkt“ und die Frage, wie Mensch, Raum und Musik in Beziehung gesetzt werden können. Veniero Rizzardi (Università Ca’ Foscari Venezia) und Angela Ida de Benedictis (Paul Sacher Stiftung Basel) zeigten anhand einer Skizze des italienischen Komponisten Luigi Nono zur „Ars combinatoria“ am Kulturforum auf, wie eng dieser im Austausch mit dem Architekten Wisniewski über den Raumklang des zukünftigen Kammermusiksaals stand. An diversen Klangkunstinstallationen um die Jahrtausendwende demonstrierte Julia H. Schröder (UdK Berlin) den kreativen Umgang mit den Geräuschen der Großbaustelle Potsdamer Platz. Jo Wilhelm Siebert (SIM) wandte sich dem Thema Glocken im öffentlichen Raum und in der Musik mit Bezug zur St. Matthäus-Kirche zu, die als Kulturkirche von der Stiftung St. Matthäus genutzt wird und inmitten des Kulturforums steht. 

Im zweiten Teil des Symposiums ging es um das Kulturforum als musikalisch geprägte Stadtlandschaft. Flavia Hennig (SIM) und Heinz von Loesch (SIM) stellten archivalische Dokumente zum ursprünglich geplanten Gebäudeensemble, insbesondere die architektonischen Pläne und Skizzen Scharouns und Wisniewskis vor, flankiert von einer kleinen Diashow im Museum mit Fotos aus der Bau- und Umzugsphase des SIM. Scharouns Ideen waren von Interaktion und Offenheit geprägt, so sollte ursprünglich ein Haus der Mitte, ein Gästehaus mit Gastronomie, die Infrastruktur fürs Kulturforum liefern. Philharmonie und SIM waren zusammen als Experimentierstätte zur Verbindung von Theorie und Praxis, his­torischer Musikwissenschaft und aktuellem Musikleben, als ein „Konzertmuseum“ gedacht. Die Westberliner Stadtplanung war damals insgesamt visionär auf ein geeintes Berlin angelegt, denn ein Band von Kunst und Kultur in der Mitte Berlins von der Museumsinsel bis zum Tiergarten sollte erschaffen werden. 

Vor dem Round Table zur Vernetzung von Kunst, Musik und Musikwissenschaft am Kulturforum in Berlin gab es zwei Vorträge aus medienwissenschaftlicher und raumakustischer Sicht zum Kulturforum als Soundscape. Mithilfe von Auralisation hat Stefan Weinzierl (TU Berlin) akustische Szenarien entworfen, die zeigen, wie sich der Neubau des berlin modern, des neuen Museums der Moderne, in dem die Bestände zur Kunst des 20. Jahrhunderts erstmals zusammenhängend präsentiert werden sollen, auf die Umgebung auswirken wird. Hannah Wiemer (HU Berlin) präsentierte ihr Projekt „Sounds of Stabi. Eine akustische Vermessung der Staatsbibliothek zu Berlin am Kulturforum“.

Den Round Table leitete Simone Hohmaier (SIM) mit einem kurzen Rückblick auf die bisherigen Veranstaltungsformate am Kulturforum, insbesondere rund um das Millennium, ein. Auf dem Podium saßen die Leitungen der jeweiligen Kulturforumseinrichtungen: Barbara Göbel (Ibero-Amerikanisches Institut), Sibylle Hoiman (Kunstgewerbemuseum), Lars-Christian Koch (Ethnologisches Museum und Museum für Asiatische Kunst), Hannes Langbein (Stiftung St. Matthäus) und Rebecca Wolf (SIM). 

Der Wille zur stärkeren Zusammenarbeit wurde von allen Beteiligten beteuert, auch um in Zeiten knapper Kassen Synergien aufgrund ihrer Vielfalt bündeln und Veranstaltungen wie zum Beispiel „Ein Tag im Grünen“ gemeinsam durchführen zu können. Konkret ist ein Audiowalk rund ums Kulturforum ge­plant und die Außenflächen werden bereits jetzt durch die Baumschule Kulturforum stärker genutzt. 

Die große Herausforderung bleibt jedoch die Baustellensituation. Bis 2027 soll das berlin modern fertiggestellt werden, ab 2029 beginnt die 15-jährige Generalsanierung der Staatsbibliothek. Auch das SIM, in das es zum Teil reinregnet, braucht dringend eine Generalinstandsetzung sowie weitere Räumlichkeiten für seine Sammlungsbestände. Eine Umgestaltung des Eingangsbereichs zum SIM ist ebenso angedacht wie ein Klanggarten. 40 Jahre SIM am Kulturforum bedeutet eben auch, dass ein altes Haus dringend überholt werden muss. 

Den Institutionen des Kulturforums bleibt bei dieser Aufgabenfülle nichts anderes übrig, als sich mit einer dauerhaften Baustellensituation anzufreunden und damit kreativ umzugehen. Darin, so das Podium, ließe sich auch eine Stärke erkennen, nämlich die des ständigen flexiblen Wandels, der Durchlässigkeit und der möglichen Anpassung an neue gesellschaftliche Vorstellungen zum Beispiel von Nachhaltigkeit und Dezentralisierung.

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