Ende Mai ging in Rostock wieder einmal eine Rektorenkonferenz deut-scher Musikhochschulen zu Ende, zusammen mit einem Wettbewerb, der in der Geschichte der professionellen Musikausbildung bereits auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Zweimal im Jahr finden Begegnungen zwischen den 23 Musikhochschulen statt, bei denen die Leistungen von Vertretern der Musikhochschulen selbst beurteilt werden. Nach außen hin ist dieser Wettbewerb eher eine Leistungsschau im engeren Sinne, für die Rektorinnen und Rektoren bietet er aber vor allem Möglichkeiten zu Erfahrungsaustausch, Meinungsbildung und nicht zuletzt zum kritischen Hinterfragen sowohl altbewährter Traditionen als auch von neuen Entwicklungen und Perspektiven.
Ende Mai ging in Rostock wieder einmal eine Rektorenkonferenz deut-scher Musikhochschulen zu Ende, zusammen mit einem Wettbewerb, der in der Geschichte der professionellen Musikausbildung bereits auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Zweimal im Jahr finden Begegnungen zwischen den 23 Musikhochschulen statt, bei denen die Leistungen von Vertretern der Musikhochschulen selbst beurteilt werden. Nach außen hin ist dieser Wettbewerb eher eine Leistungsschau im engeren Sinne, für die Rektorinnen und Rektoren bietet er aber vor allem Möglichkeiten zu Erfahrungsaustausch, Meinungsbildung und nicht zuletzt zum kritischen Hinterfragen sowohl altbewährter Traditionen als auch von neuen Entwicklungen und Perspektiven.Damit nimmt er in der Hochschullandschaft eine besondere Position ein, auch deswegen, weil die in der Bildungs- und Hochschulpolitik vehement eingeforderten Elemente „Wettbewerb“ und „Profilierung“ bei Musikhochschulen längst gängige Praxis sind. Wenn wir einen Augenblick verweilen bei dem Begriff „Wettbewerb“, so bezeichnet er ein Ausleseverfahren, an dessen Ende nach festgelegten Kriterien die so genannte beste oder herausragendste Leistung steht. Eines sollte bei aller Euphorie um „den Gewinner“ aber klar sein: Es handelt sich aus der Natur der Sache heraus immer um eine Leistung im herkömmlichen Rahmen nach dem Motto: dasselbe wie immer, aber schneller, lauter, perfekter. Selten handelt es sich um eine wirklich innovative Leistung, eine, die neue Maßstäbe setzt oder gar ein Umdenken erfordert.Ohne die Leistungen im Einzelnen kritisieren zu wollen scheint es geboten, in einer Zeit, in der wir alle aufgefordert sind, auf die gesellschaftlichen Veränderungen flexibel zu reagieren, bestimmte Entwicklungen offen und kritisch zu beobachten. Wie kommt es zum Beispiel, dass bei den Wettbewerben der letzten Jahre fast ausschließlich ausländische Studierende erfolgreich waren? Zum Bundeswettbewerb in Rostock war beispielsweise im Fach Klavier nur ein einziger deutscher Teilnehmer von den 23 Musikhochschulen gemeldet worden. Von den insgesamt 27 angemeldeten Pianisten sagten 11 kurzfristig wieder ab, 9 davon mit der Begründung, sie hätten das frisch komponierte Pflichtstück nicht (rechtzeitig) bewältigen können.
Dies führt leider zum einen zu der Feststellung, dass die Klavierausbildung sich nach wie vor hauptsächlich dem traditionellen Repertoire widmet und sich nur marginal mit der zeitgenössischen Musik beschäftigt, und zum anderen, dass sich die Qualitätsauslese nach Kriterien vollzieht, in denen uns der musikalische Nachwuchs etwa aus Ost-Europa und Ost-Asien überlegen zu sein scheint.
Es kann nicht daran liegen, dass die Studienbewerber aus diesen Ländern etwa begabter sind als unsere hiesigen. Musikalische Begabung ist nicht quantizierbar oder beliebig erweiterbar, sie ist eher eine relativ konstante Größe, ungefähr gleich verteilt auf alle Völker und Nationen. Aus diesem Grund gewinnt man nicht mehr Talente, indem man mehr Ausbildungsinstitute gründet, dies aber nur nebenbei. Vielmehr ist festzuhalten, dass auf der einen Seite die Ausbildung für einen musikalischen Beruf oder gar eine solistische Karriere in den entscheidenden Entwicklungsphasen zwischen Vorschulalter und Abitur in den genannten Ländern stark, in Deutschland eher gering ausgeprägt ist.
Auf der anderen Seite muss man mit Sorge feststellen, dass die Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche, sich frühzeitig aktiv mit Musik zu beschäftigen – sprich: ein Instrument zu lernen, sich drastisch verschlechtert haben. So können beispielsweise die vielen Musiklehrer, die altersbedingt aus dem Schuldienst ausscheiden, wegen rückläufiger Lehramtsstudenten-Zahlen nicht einmal annähernd ersetzt werden.
Pessimistische Prognosen besagen, dass die bereits seit Jahren bestehende Erosion an den Musikschulen sich in den nächsten Jahren noch erheblich verschlechtern wird: Die Kommunen haben immer weniger Geld, als erstes werden Subventionen für Jugendmusikschulen gestrichen et cetera. Hier ist die wechselseitige Bedingtheit von musikalischer Breitenbildung und Spitzenförderung aufs Höchste gefährdet, Strukturen brechen weg, die für Jahrzehnte nicht mehr reparabel sind.
Was können nun aber wir Musikhochschulen leisten, um die Situation zu verbessern? Dies und andere Themen wurden in der Rostocker Konferenz ausführlich diskutiert. Mit Sorge wurde zum Beispiel festgestellt, dass der Beruf des Musikers zumindest momentan in Deutschland an einem riesigen Image-Verlust leidet. „Lern’ erst mal was Richtiges!“ – „Es gibt ja keine Stellen mehr“ – mit diesen Beurteilungen unserer erfolgsorientierten Gesellschaft wird es den aufwachsenden und aufstrebenden musikalischen Jungtalenten erst einmal ausgetrieben, sich für eine Musikerlaufbahn zu entscheiden. Natürlich kommen da die Musikhochschulen leicht in den Verdacht, sich selber künstlich am Leben zu erhalten! Andererseits: 12.000 Musikstudenten bundesweit – ist das für Deutschland zu viel?
Die Hochschulen sind heute aufgefordert, den künftigen Absolventen mehr Rüstzeug auf den Weg zu geben, gegebenenfalls auch so genannte Schnittstellenkompetenzen erwerben zu können für Berufsprofile, in denen übergreifende, die herkömmlichen Fachgrenzen sprengende Fähigkeiten verlangt werden. Das wären etwa das Verlagswesen, Agenturen, Musikjournalismus, Musikermedizin, Musiktherapie et cetera. Auch hier befindet sich der Arbeitsmarkt, allein schon durch die explosive Entwicklung der neuen Medien, in einem Umwandlungsprozess, der uns nicht nur Angst, sondern auch Mut machen sollte.
So sollten wir einerseits unserem Nachwuchs durch Spitzen- und Breitenförderung Motivationsspritzen geben, um bereits frühzeitig mit den Möglichkeiten, mit, von und für die Musik zu leben, vertraut zu werden, andererseits über Wahlfächer, Weiterbildungs- und Ergänzungsangebote bis hin zur Neuentwicklung interdisziplinärer Curricula denjenigen, die bereits im Studium sind, auch die Möglichkeit geben, sich in Richtung „künstlerische Höchstleistung“ oder auch in Richtung einer „Breitenkompetenz“ ausbilden zu lassen.
In diesem Sinne hat sich die Rektorenkonferenz der Musikhochschulen auch diesmal mit Themen befasst, mit dem Ziel, die Ausbildung für professionelle Musiker weiterzuentwickeln und zu verbessern. Dies nicht nur in der Konferenz selbst, wo die Debatte zu den wichtigen Fragen naturgemäß nur in zeitlich begrenztem Rahmen stattfinden kann, sondern auch und gerade in den zahlreichen kleineren Arbeitsgruppen, welche über das ganze Jahr verteilt tagen.
So steht die Gesamtkonferenz im ständigen Austausch mit der Arbeitsgemeinschaft Schulmusik, so gibt es Arbeitsgruppen zur Verbesserung der Dirigierausbildung und zur Erarbeitung eines internationalen Credit-Point-Systems für Musikhochschulen, um die Vergleichbarkeit und Anerkennung von Studienleistungen und -abschlüssen zu fördern, nicht zuletzt auch dahingehend, durch Mobilität der Musikstudenten die Internationalität der Musik oder gar ihre völkerverständigende Funktion auch weiterhin aufrechtzuerhalten.