München - Knappe öffentliche Kassen und große Bauvorhaben - das sorgt meist für Diskussionen. Geht es nicht eine Nummer kleiner? Das war schon vor 200 Jahren so, als in München das Bayerische Nationaltheater gebaut wurde. Ein Ort der Musik, der Pracht und der Revolution.
Vor 200 Jahren fieberten die Kulturbeflissenen in München auf ein besonderes Ereignis hin: die Eröffnung des königlichen Hof- und Nationaltheaters am 12. Oktober 1818. Auf dem Programm: Die Uraufführung des Festspiels «Die Weihe» von Ferdinand Fränzl. Die Besucher waren begeistert von dem prachtvollen Haus, das König Maximilian I. Joseph in Auftrag gegeben hatte und das heute Spielstätte der Bayerischen Staatsoper samt Orchester und Staatsballett ist. Eine Institution, die Opernfreunde aus aller Welt nach München lockt, auch mit berühmten Musikern wie der Sopranistin Diana Damrau, dem Startenor Jonas Kaufmann oder dem Dirigenten Kirill Petrenko. Doch der Bau des Theaters war umstritten, über die Kosten wurde heftig diskutiert - so wie heute bei kulturellen Großprojekten.
«Schauen Sie sich die Elbphilharmonie an, das ist durchaus vergleichbar», meint Staatsoper-Intendant Nikolaus Bachler. Ähnlich wie bei dem 2017 eröffneten Hamburger Konzerthaus hatten sich auch beim Nationaltheater die Bauarbeiten in die Länge gezogen. 1811 hatte man noch mit viel Optimismus den Grundstein gelegt. Dann wurde das Geld knapp, die Bauarbeiten wurden zwischendurch eingestellt, 1817 ging gar ein Dachstuhl in Flammen auf. Brandstiftung, munkelte man.
So war im Nationaltheater am Eröffnungsabend vieles noch nicht fertig. Die Besucher waren trotzdem überwältigt. Der Braunschweiger Intendant August Klingemann schwärmte: «Der Effekt, den das Ganze machte, war so grandioser und einziger Art, dass er alles weit hinter sich ließ, was mir bisher in ähnlicher Hinsicht an anderen Orten vorgekommen.» Von langer Dauer war die Pracht nicht. 1823 brannte das Haus nieder. Der Wiederaufbau dauerte zwei Jahre. 120 Jahre später, am Morgen des 4. Oktober 1943, stand nach den Bombenangriffen der Nacht nur noch eine Ruine.
Danach gab es Stimmen, die forderten, das Haus abzureißen. Doch dann baute man es doch wieder auf. Am 21. November 1963 war Wiedereröffnung. Seitdem zeigt sich das Nationaltheater in voller Pracht, mit Kristallkronleuchtern, blanken Spiegeln, Gold und rotem Samt.
Intendant Nikolaus Bachler sieht das Haus heute in der Pflicht, die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen zu suchen. Von Bedeutung sei, gesellschaftliche Bezüge herzustellen und sich in den Stücken zu den zwischenmenschlichen und humanitären Themen zu äußern. «Kunst, die keine Botschaft hat, hat keinen Sinn.»