Die Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ (HMT) feiert im Jahr 2018 ihr 175-jähriges Jubiläum und erinnert damit an die Gründung des ersten deutschen Konservatoriums im Jahr 1843 durch ihren Namenspatron. 1835 hatte Mendelssohn das Amt des Gewandhauskapellmeisters übernommen. Mit dem Ziel, die Ausbildung des musikalischen Nachwuchses zu verbessern, entwarf er 1840 einen Brief an den sächsischen König Friedrich August II., dessen Autograph die Hochschule im Jahr 2010 bei dem britischen Auktionshaus Sotheby’s erwarb. In diesem Schreiben wird erstmals die Idee der Gründung eines Konservatoriums erwähnt. Der 1839 verstorbene Leipziger Oberhofgerichtsrat Heinrich Blümner hatte ein Legat von 20.000 Talern hinterlassen, die nach Blümners letztem Willen für die Gründung einer künstlerischen Bildungseinrichtung eingesetzt werden sollten. Dank Mendelssohns Engagement sprach sich der sächsische König schließlich für die Errichtung einer höheren Bildungsstätte für Musiker in Leipzig aus.
Am 2. April 1843 wurde das „Conservatorium der Musik zu Leipzig“ für zunächst 22 Studierende eröffnet und residierte im Hofgebäude des damaligen Gewandhauses. Der erste eingeschriebene Student war Theodor Kirchner, der später als Komponist, Dirigent, Organist und Pianist tätig wurde. Mendelssohn, Robert Schumann, Moritz Hauptmann und Ignaz Moscheles zählten zu den ersten Lehrern.
Das heutige Hauptgebäude in der Grassistraße 8 wurde 1887 eingeweiht. Darüber hinaus verfügt die Hochschule über einen weiteren Standort am Dittrichring 21 nahe der Thomaskirche und des Leipziger Schauspielhauses und über eine Villa in der Grassistraße 1. Mit dem Beginn des Sommersemesters 2017/18 waren rund 1200 Studierende aus aller Welt an der HMT immatrikuliert.
Die HMT begeht ihr Jubiläum 2018 mit zahlreichen Konzerten: Im Januar eröffnete das Hochschulsinfonieorchester mit drei ausverkauften Aufführungen des Oratoriums „Die Jahreszeiten“ von Joseph Haydn das Jubiläumsjahr. Am 27. März traten unter dem Titel „Zeitreise“ Lehrende und Studierende gemeinsam mit Gästen einen musikalischen Gang durch die Musikgeschichte an. Bei dem Klavierabend „Anfänge – Opus I“ am 6. April erklangen ausschließlich musikalische Erstlinge mit einem Bezug zu Leipzig.
Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten war der zweistündige Festakt am 13. April 2018 im Großen Saal der Hochschule. Mit einem „Octuor“ für acht Hörner von Martin Joseph Mengel (1764–1851), gespielt von Professor Thomas Hauschild mit seinen Studierenden im Foyer, wurde der Abend eröffnet. Das Programm des Festakts – ein Querschnitt durch das Studienangebot der HMT – begann mit einem Werk des Hochschulgründers Felix Mendelssohn Bartholdy: Martin Schmeding, der von der UNICUM Stiftung als „Professor des Jahres 2017“ ausgezeichnet wurde, hatte die „Paulus-Ouvertüre“ für vier Hände und vier Füße bearbeitet und spielte sie an der Eule-Orgel mit Studentin Lisa Hummel. In seiner Begrüßungsrede spannte Rektor Prof. Martin Kürschner den Bogen von den großen Traditionen aus einer reichen Vergangenheit zum erwartungsvollen Blick in die Zukunft. Danach erklangen Ausschnitte aus den „Spanischen Liebesliedern“ von Robert Schumann, und die Fachrichtung Alte Musik präsentierte sich mit einem Werk von Tarquino Merula (1595–1665).
Die 16 Schauspielstudierenden des 2. Studienjahres erarbeiteten für den Festakt ein chorisches Sprechstück nach Bertolt Brechts „Ozeanflug“, und Echo-Preisträger und Jazzklavierprofessor Michael Wollny ließ sich im Trio mit Bass und Schlagzeug hören. Das Hochschulsinfonieorchester unter der Leitung von Prof. Matthias Foremny richtete abschließend mit dem 2009-11 entstandenen Werk „Praya Dubia“ von HMT-Alumnus Bernd Franke (*1959) den Blick ins 21. Jahrhundert. Unter den Zuhörern im ausverkauften Großen Saal weilten auch zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wissenschaft. Glückwünsche zum Jubiläum überbrachte Dr. Eva-Maria Stange, Staatsministerin im Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, und hob die „nationale und internationale Strahlkraft“ der Hochschule hervor. Weitere Grußworte sprachen Dr. Skadi Jennicke, Kulturbürgermeisterin der Stadt Leipzig, Dr h. c. Eckhart Hien, Vorsitzender des Hochschulrates, Prof. Dr. Susanne Rode-Breymann, Vorsitzende der Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen (RKM), und der Studierendenrat der HMT. Im Anschluss an den Festakt lud die Hochschule zu einem Empfang ein.
Um den Gestaltungsspielraum der HMT zu vergrößern, war bereits 2009 eine Hochschulstiftung gegründet worden. Anlässlich der 175-Jahrfeier setzt sich die HMT das Ziel, das Stiftungskapital zu verdoppeln. Hierzu unterzeichneten am Nachmittag Dr. Wulff O. Aengevelt, Geschäftsführer der Aengevelt Immobilien GmbH & Co. KG Düsseldorf, Rocco Stegemeier von der Leipziger Stadtbau AG und Rektor Prof. Martin Kürschner entsprechende Vereinbarungen.
Außerdem erschienen zur Feier des Jubiläums eine neue Imagebroschüre und eine Silbermedaille mit einem Portrait von Mendelssohn und der Ansicht des HMT-Hauptgebäudes. Bis zum Ende des Jahres sind weitere Jubiläumskonzerte geplant und werden am 9. Dezember ihren Abschluss in einem Kammermusikfestival finden.
Nähere Informationen zu den ca. 700 öffentlichen Veranstaltungen der HMT findet man unter:
www.hmt-leipzig.de
Hochschulchronik (Auszug):
- 1835 Felix Mendelssohn Bartholdy wird Gewandhauskapellmeister
- 1839 Oberhofgerichtsrat Dr. Heinrich Blümner, Mitglied der Gewandhausdirektion, verstirbt und hinterlässt ein Legat von 20.000 Talern zur Gründung eines Instituts für Kunst oder Wissenschaft
- 1840 Briefentwurf Mendelssohns an den sächsischen König Friedrich August II., in dem er für ein Konservatorium in Leipzig wirbt
- 1843 Gründung des „Conservatoriums der Musik“, Beginn mit sechs Lehrern und 22 Schülern in einem Nebengebäude des alten Gewandhauses am Neumarkt, Mendelssohn wird erster Studiendirektor
- 1847 Tod Mendelssohns
- 1876 „Conservatorium der Musik“ erhält die Bezeichnung „Königliches Konservatorium“
- 1881 Bildung einer „Orchesterschule“ unter maßgeblicher Mitarbeit von Gewandhausmusikern
- 1884 Einweihung des neuen Gewandhauses im Musikviertel
- 1887 Einweihung des neuen Konservatoriumsgebäudes in der Grassistraße (Architekt: Hugo Licht)
- 1893 50-jähriges Bestehen des Konservatoriums. Über 6000 Studenten, darunter die Hälfte Ausländer
- 1924 Umbenennung in „Landeskonservatorium der Musik zu Leipzig“; die „Opernschule“ nimmt ihre Arbeit auf
- 1926 Eröffnung des „Kirchenmusikalischen Instituts“
- 1941 Umbenennung in „Staatliche Hochschule für Musik Leipzig“; Neugliederung in Musik, Musikerziehung, dramatische Kunst; Umwandlung des „Kirchenmusikalischen Instituts“ zur „Abteilung Kirchenmusik“
- 1943 Konzertsaal der Hochschule durch Bomben total zerstört
- 1945 Vor Kriegsende schwere Schäden durch Luftangriffe
- 1946 Wiederaufnahme des Studienbetriebes als „Hochschule für Musik“. Zusätzliche Bezeichnung „Mendelssohn-Akademie“
- 1952 Abschluss des Wiederaufbaus (außer Konzertsaal); die Abteilung Schulmusik geht an die Universität
- 1953 Gründung der Theaterhochschule „Hans Otto“
- 1968 125-Jahrfeier der Hochschule; neuer Name: Hochschule für Musik „Felix Mendelssohn Bartholdy”
- 1969 Abteilung „Tanz- und Unterhaltungsmusik“ wird eingerichtet (heute „Jazz/Popularmusik“)
- 1974 Abteilung „Korrepetition“ wird eingerichtet
- 1989 Politische Wende: Beginn der Demokratisierung an der Hochschule
- 1991 Gründung der Fachrichtung Alte Musik; Gründung des Freundeskreises der Hochschule
- 1992 Wiedereröffnung des Kirchenmusikalischen Instituts; Integration der Theaterhochschule zur Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig (HMT)
- 1995 Gründung der Fachrichtung Dramaturgie
- 1999 Schulmusikausbildung kehrt von der Universität an die Hochschule zurück
- 2001 Einweihung des neu erbauten Großen Saales (Gerber Architekten Dortmund)
- 2002 Einweihung der Eule-Orgel im Großen Saal; Bezug des Zweitgebäudes Dittrichring 21
- 2004 Architekturpreis des Bundes Deutscher Architekten Sachsens für den Großen Saal
- 2009 Gründung der Stiftung der Hochschule
- 2017 Martin Schmeding wird durch die UNICUM Stiftung zum „Professor des Jahres“ ernannt; die Bibliothek der HMT gewinnt Sächsischen Bibliothekspreis
- 2018 HMT erhält im Jahr ihres 175. Jubiläums zusammen mit acht Leipziger Musikerbe-Stätten und der Leipziger Notenspur das Europäische Kulturerbe-Siegel