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Neue künstlerische Vermittlungsmöglichkeiten

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Rostocks Hochschule für Musik und Theater und die Kreismusikschule Kon.centus Neustrelitz mit digitaler Klavierwoche
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„Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden“. An diesen Satz des namhaften britischen Physikers und Science-Fiction-Autors Arthur C. Clarke (1917–2008) erinnerte der Leiter der Kreismusikschule Kon.centus Neustrelitz, Wolfgang Hasleder, im Zusammenhang mit einem wahrlich so fortschrittlichen wie magisch wirkenden Projekt: einer digitalen, über ein Videokonferenzsystem funktionierenden Klavierwoche.

Ereignisort der mit besonderer Spannung erwarteten Eröffnung am 15. Juni 2022: Kleiner Saal der Kreismusikschule Neustrelitz, Veranstalter: die Young Academy Rostock (YARO) als Internationales Zentrum für musikalische Frühförder­ung an der Hochschule für Musik und Theater Rostock (HMT) mit ihrem Leiter und Klavierprofessor Stephan Imorde sowie die der HMT langjährig in guter Zusammenarbeit verbundene Kreismusikschule Neustrelitz selbst. Mit im Boot und vor Ort: Olaf Krüger als Vertreter von Yamaha Deutschland, Peter Möller vom Pianohaus Möller in Rostock, Ingo Meyer als Vertreter der die Initiative „Energie für den Nachwuchs“ unterstützenden Stadtwerke Neubrandenburg und – zugeschaltet aus der Musikhochschule Freiburg – Professor Christoph Sischka.

Sie alle vereinte ein in dieser Form hier erstmals durchgeführtes Projekt, nämlich eine digitale Klavierwoche und damit ein Angebot neuer Generation. Entscheidend: der Blick auf eine sich verändernde Konzert- und Unterrichtswelt mit weitreichenden Folgen für Lehrende und Lernende, für Unterrichtspädagogik und Konzertbetrieb. Neue Technik macht bislang Unmögliches möglich. Im Mittelpunkt dabei: das Disklavier. So neu sind diese Reproduktionsklaviere der Yamaha Corporation nicht, aber ihre Nutzung ist noch sehr ausbaufähig. Ihr Vorzug jenseits bereits praktizierter und vergleichsweise technisch wie klanglich höchst unzulänglicher digitaler Unterrichts-Hilfsmaßnahmen ist evident: eine zeitgleiche, klangidentische (!) Wiedergabequalität auf dem/n  „angeschlossenen“ Disklavier/en – wo auch immer auf der Welt sie stehen – und durch Möglichkeiten des Speicherns, Wiederholens, Verlangsamens oder Transponierens eröffnen ganz neuer Perspektiven, etwa ein Werk, eine technische Spielweise, eine Interpretation auf ganz neue Weise „durchzuhören“, zu analysieren, Mängel zu erkennen und sie abzustellen.

Das Distanzgefühl verliert sich

Der Schüler am Flügel in A, der Lehrer am Flügel in B, nebenan oder auf der anderen Seite der Erdkugel, und beide auch zu sehen – das sind tatsächlich neue und äußerst reizvolle Perspektiven. Darauf setzt man nun auch in Mecklenburg-Vorpommern, und wie zu erleben mit sichtlicher Begeisterung. Nehmen wir das Fazit dieser Unterrichtswoche vorweg und zitieren Prof. Imorde: „Wir haben innerhalb der ‚YARO-Klavierwoche digital‘ mit Hilfe dieser bahnbrechenden Technologie Distanzunterricht am Klavier auf einer neuen, bisher nicht für möglich gehaltenen Ebene erlebt, wo sich nach kurzer Zeit das Distanzgefühl verliert und neue intensive künstlerische Vermittlungsmöglichkeiten entstehen.“

Soweit das Ergebnis von Erwartungen, die man am oben erwähnten und zwischen Neustrelitz und Rostock schon mit „vernetzten“ Musikbeispielen live bereicherten 15. Juni zum Start in diese Klavierwoche hegte. Da sprach Wolfgang Hasleder vom Reiz neuer technischer Innovationen, von Reformen des Unterrichts, dessen Internationalisierung und der Fülle neuer Möglichkeiten von Zusammenarbeit musikalischer Institutionen. „Wir machen uns auf den Weg, Neues zu erobern“ – so Prof. Imorde, der das mit Reisen nach Wien (zu Bösendorfer und seinen Disklavieren) auch ganz wörtlich meinte. Olaf Krüger betonte die Vorreiterrolle Rostocks (HMT) und bezeichnete das geplante Unternehmen als „wunderbare YARO-Idee“; eingeschlossen das gemeinsame Ziel von „remote lessons“. Dass diese Entwicklungen auch für den Klavierbau (samt Serviceleistungen) Relevanz besitzen, ergänzte Peter Möller.

Prof. Christoph Sischka schließlich machte den Teilnehmern mit der Ankündigung den Mund wässrig, am kommenden Tag über die selbst bereits umfänglich ausprobierten Anwendungsmöglichkeiten der neuen Technik zu reden. Und die waren dann in Wort, Bild und Ton wirklich beeindruckend. Sischka brillierte mit Details zu Bau und Funktionsweise eines Disklaviers, konnte aber vor allem mit Erfahrungen im Unterricht hinsichtlich vieler neuer didaktischer Möglichkeiten, deutlich erkennbarer „Motivationsschübe“ bei seinen Studierenden und technischen wie interpretatorischen Zugewinnmöglichkeiten bei allen mit dem Klavier verbundenen Genres gewaltig punkten. Die anschließende Dreiecksdiskussion Freiburg, Rostock, Neustrelitz ergab weitere Hinweise zur Nutzung der Technik, ihren Vorteilen und noch zu klärenden Problemen.

Erhellendes Unterrichten

Weitere Tage galten dann der praktischen Seite im Umgang mit dem Dis­klavier. Sicher von besonderem Gewicht: die Masterclass mit Professor Matti Raekallio (Juilliard School New York), zugeschaltet aus Helsinki und in Rostock wie Neustrelitz zeitgleich zu erleben. Das bedeutete beispielhaftes und sehr erhellendes Unterrichten von fortgeschrittenen Schülern mit Werken wie Chopins f-Moll-Ballade oder Alban Bergs Klaviersonate op. 1. Es folgten am 18. Juni eine öffentliche Präsentation des Disklaviers im Rahmen eines Tages der offenen Tür (Neustrelitz) mit Eröffnungskonzert sowie am 19. Juni ein nichtöffentlicher Workshop für Musikschüler*innen in Form einer remote lesson mit Lilit Grigoryan (HMT). Der Abschluss der Woche (23. Juni) mit Konzertbeiträgen aus drei Standorten – zentralisiert im Pianohaus Möller, Rostock – zeigte noch einmal Vorteile und diesmal auch Tücken moderner Technik. Sie kann sich auch schon mal verweigern, ist aber an Potenzial kaum zu schlagen. Wichtig die einhellige Meinung aller Beteiligten: ungeachtet auch vielversprechender neuer technikorientierter Möglichkeiten bleiben diese letztlich Hilfsmittel und Zutat. Präsenz – gerade im Unterricht und im Konzert – ist letztlich unersetzbar. Und die Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern? Gemeinsam mit Yamaha weiteres Sammeln von  Erfahrungen auch mit anderen Musikschulen und ein für September geplanter Disklavier-Workshop mit jungen pianistischen Talenten aus Asien.

 

 

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