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Praxistest: Effektives Üben mit CD-Begleitung

Untertitel
Ein Bericht über den Einsatz der neuen DOWANI-CDs im Geigenunterricht
Publikationsdatum
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Auf die Frage nach dem wichtigsten interpretatorischen Element soll Mozart geantwortet haben: Das Tempo. Die Dowani Macher werden sich dieser kleinen Episode sicher nicht für ihre Idee erinnert haben, aber nicht nur Mozart und seine Zeitgenossen standen offensichtlich vor dem Problem, das richtige Tempo beizubehalten. Auch wir erleben es in unserer täglichen Unterrichtspraxis, und nicht zuletzt beim eigenen Üben. Die Idee moderne Tonträger in unseren Übealltag einzubauen ist nicht neu. Die Suzuki-Methode arbeitet damit. Music minus one ist seit längerem auf dem Markt. Neu an den Dowani CDs ist, daß das „einfache“ Durchspielen (bei Music minus one) ergänzt wird, durch die Möglichkeit in drei verschiedenen Tempostufen zu üben. Durch den Kauf eines Dowani-Paketes erwerben Sie eine oder zwei CDs und eine unbezeichnete Solostimme, in der allerdings die verschiedenen Tempotracks eingezeichnet sind. Auf der CD erwartet Sie zuerst eine Einspielung des jeweiligen Werkes mit Originalbegleitung (z.B. Basso Continuo oder Orchester) und Solist im Originaltempo. Danach folgt in sehr langsamem Tempo eine Klavierbegleitung, wobei leise das Soloinstrument im Hintergrund mitspielt. Die CD beginnt direkt mit Klavierbegleitung, jedoch in einem mittleren Tempo und ohne leise hinterlegte Solostimme. Am Schluß der CD spielt das Originalbegleitinstrument in Orginaltempo ohne Solist (Music minus one). Die Idee, einen Korrepetitor in „CD-Form“ ins Haus zu holen, fand ich Wert im Unterricht zu erproben. Getestet wurde die Dowani Ausgabe Nr.6 mit Bachs Violinkonzert E-Dur BWV 1042. Als reine CD Produktion wäre das Spielniveau der Dowani-CDs wohl eher im Mittelfeld bewegen, für die uns interessierenden pädagogisch- methodischen Ansprüche ist es gleichwohl eine sehr gelungene Einspielung. Die Tempotakes sind an den richtigen Stellen eingestreut. Auch die zu Beginn erklingenden A-Töne lassen genügend Zeit zum Stimmen. Die Verpackung, das Design und die allgemeine Aufmachung sind gelungen und ansprechend. Interessant für uns natürlich der schon erwähnte pädagogisch-methodische Wert der Dowani CDs. Meine Schüler und ich testeten diese in einem Zeitraum von ca. zwei Wochen mit mehreren Sitzungen. Da es sich bei diesem Violinkonzert um ein anspruchsvolles Werk handelt, wurden als Testschüler fortgeschrittene und begabte Schüler ausgewählt, die das Konzert vom Hören kannten, es aber noch nicht studiert hatten. Ich wagte den Sprung ins „kalte Wasser“ und brachte zur ersten Teststunde die Dowani Packung plus eine von mir eingerichtete Violinstimme des Bachkonzertes mit. Bewußt nur spärlich instruiert, überließ ich die einzelnen Kandidaten ihrem Schicksal und stellte fest, daß sich alle recht schnell mit der Materie zurecht fanden. Erstaunlich auch: alle Schüler spielten nach erfolgreichem Studium der Gebrauchsanweisung das (schwere) Violinkonzert im langsamen Tempo recht gut vom Blatt ab. Nach mehrmaligem Wiederholen verschwanden, ohne daß ich darauf hinweisen musste, falsche Töne, die unter Umständen ohne CD- Unterstützung falsch einstudiert worden wären. Als außerordentlich wohltuend empfand ich die sofort einsetzende rhythmische Kontrolle bzw. Stabilität. Oft wird bei schweren Stellen getrieben, bei Kantilenen verschleppt. Die „Dowani-Stützräder“ verhinderten dies sofort. Gespannt war ich auf das Überesultat nach einer mehrtägig dauernden Dowani-Übungsphase. Auch hier war das Ergebnis für mich überraschend. Die Schüler lernten das Werk sehr schnell kennen, sowohl ihre eigene Solostimme als auch die Partitur. Auch die rhythmische Genauigkeit hatte sich vertieft und begann selbstverständlich zu werden. Überrascht war ich eher von der Reaktion der Schüler, die nun das Bedürfnis verspürten, einzelne Stellen ohne Dowani zu üben und das dauernde Mitspielen als zu viel empfanden. Alle Schüler arbeiteten lieber mit der B-CD ( mittleres Tempo mit Klavierbegleitung jedoch ohne! Solovioline ). Die auf der A-CD leise mitspielende Solovioline wurde entweder gar nicht, oder wenn überhaupt, dann nur sehr leise und dadurch störend wahrgenommen. Die Herausgeber täten gut daran, auch das langsame Tempo nur mit Klavier begleiten zu lassen. Begeistert waren alle von der letzten Version: Das Orchester spielt im Originaltempo, jedoch ohne Solovioline (Music minus one). Auffallend die nüchterne, neutrale Einspielung, hauptsächlich des Klavierpartes. Wegen der interpretatorischen Freiheit von mir als Geigenlehrer eigentlich begrüßt, empfanden es die Schüler als sehr schwierig, diese neutrale Interpretation nicht selbst zu übernehmen. Auch daraus entsprang das schon erwähnte Bedürfnis, öfter ohne Dowani zu üben. Natürlich ist das Erarbeiten einer schlüssigen Interpretation in erster Linie das Resultat einer Arbeit im Unterricht. Dowani soll und will dies nicht ersetzen. Das Erarbeiten eines barocken Violinkonzertes unter Zuhilfenahme der Dowani CDs empfand ich als Unterrichtsbereicherung. Die schon erwähnte rhythmische Stabilität kommt vor allem barocken Werken sehr zugute. Für Dowani geeignet sind sicher auch Werke bis hinein in die Klassik. Auch beim Arbeiten an Mozart Violinkonzerten könnte ab und zu eine „Dowani-Kur“ gut tun. Schwierig scheint mir allerdings diese Art von Üben für die darauffolgenden Zeit- und Stilepochen zu sein. Gehört zu einer gelungenen Barock- oder Klassikinterpretation wohl auch ein gleichbleibendes Tempo, so wäre das in der nun folgenden Romantik nicht unbedingt zwingend angezeigt. Durch die immer mehr an Bedeutung gewinnenden Seiten- und Nebenthemen, durch das Entstehen von Durchführungen, Modulationswegen und einer vielschichtigen Klangwelt, die eben auch auf einer neuen emotionalen Geisteshaltung basiert, kommt vor allem dem Tempo eine ganz neue Rolle zu. Sicher sollten auch hier Phrasen und Kantilenen in sich tempomäßig stimmig gespielt sein, können aber, auch innerhalb eines Satzes, variieren. Hier würden die eingangs so gelobten „Dowani-Stützräder“störend wirken. Impressi- onistische, spätromantische oder gar zeitgenössische Werke können nicht in einem rhythmisch vorgestanzten Schema geübt oder gespielt werden. Wenn die wirklich geeigneten Werke auf „Dowaniart“ eingespielt würden, unterstriche dies auch und vor allem den Sachverstand der Herausgeber. Richtig eingesetzt und dosiert scheint mir Dowani eine hervorragende Ergänzung des Unterrichts zu sein. Alleine lassen sollte man die Schüler damit jedoch nicht. Wann und wo sollte man das aber schon. Derzeit umfaßt das Dowani-Repertoire jeweils ca. 30 Werke für Flöte und Violine. CDs für Klarinette erscheinen im November 1997 und für Violoncello und Gesang im Februar 1998.

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