Banner Full-Size

Schulmusiker sehen Fortbestand ihres Fachs gefährdet: 1. Bundeskongress Musikunterricht beginnt in Weimar – die nmz bloggt aktuell

Publikationsdatum
Body

Weimar - Vor dem Hintergrund des heute in Weimar beginnenden 1. Bundeskongresses Musikunterricht haben sich deutsche Schulmusiker besorgt über den Zustand ihres Fachs gezeigt. Die Situation des Musikunterrichts an allgemeinbildenden Schulen sei in Deutschland sehr unterschiedlich, sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes Deutscher Schulmusiker (VDS), Ortwin Nimczik. Einerseits gebe es sehr lebendigen und interessanten Unterricht. Auf der anderen Seite fielen die Stunden oft ersatzlos weg. "Im Durchschnitt ist das Bild deshalb nicht ganz so positiv." Zu dem bis Sonntag stattfindenden Kongress werden etwa 1.500 Teilnehmer erwartet.

Ein großes Problem für den Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen sei die Zahl der musikalisch ausgebildeten Pädagogen, sagte Nimczik. Es gebe in Deutschland vielerorts zu wenig Musiklehrer. Außerdem sei in manchen Bundesländern inzwischen ein durchgehender Musikunterricht von der ersten Klasse bis in die Oberstufe nicht mehr gewährleistet. Immer öfter gehe das Musizieren in einem "ästhetischen Fächerbund" beispielsweise mit dem Kunstunterricht auf.

Thüringen sieht der VDS-Chef die Musikerziehung im Vergleich zu anderen Bundesländern aber gut aufgestellt. "Was den Schulmusikunterricht angeht, gibt es in Thüringen ein solides Fundament", sagte Nimczik. Der Freistaat könne deshalb als Vorbild für andere Bundesländer gelten. In Thüringen gebe es durchschnittlich 1,97 Musiklehrer an jeder allgemeinbildenden Schule. Im Bundesschnitt seien es nur 1,37. Zudem sei der Musikunterricht in Thüringen noch ein eigenständiges Fach.

Im Vergleich zum Bundesschnitt wenige Musiklehrer gibt es Nimcziks zufolge hingegen in Schleswig-Holstein, Bremen und Brandenburg. Sein Verband fordere deshalb die Einstellung von mehr Musiklehrern sowie einen eigenständiges Fach Musik, das in allen Klassenstufen unterrichtet werden soll.

Der VDS hat nach Angaben von Nimczik bundesweit 5.500 Mitglieder - vornehmlich Musiklehrer, die an allgemeinbildenden Schulen unterrichten. Er kümmert sich um deren Belange und vertritt ihre Positionen.

 

(nmz) - Der VDS führt ab 2012 alle zwei Jahre in wechselnden Bundesländern gemeinsam mit dem Arbeitskreis für Schulmusik (AfS) den Bundeskongress Musikunterricht durch. Die tradtionelle Bundesschulmusikwoche des VDS wird künftig durch diesen bundesweiten Kongress der Schulmusik ersetzt. Neben der verbandlichen und politischen Gemeinsamkeit geht es um die Bildung in den Bereichen Musik und Kultur. In Kursen, Workshops und Diskussionsrunden sollen gemeinsame Wege in die Zukunft aufgezeigt werden – für den konkreten Musikunterricht, für die Ausbildung von Musiklehrerinnen und -lehrern aller Schulformen und für die Musik-Kultur. 

 

[update, 16.00 Uhr]:

Schulmusiker stellen sich gegen das schleichende Aus ihres Faches

Weimar - Musiklehrer aus ganz Deutschland wollen sich künftig gemeinsam für den Erhalt des Schulfachs Musik einsetzen. Dass in vielen Bundesländern der Musikunterricht mit anderen Schulfächern zusammengelegt werde, sei eine Bedrohung für den Fortbestand des Faches, sagte der Bundesvorsitzende des Arbeitskreises für Schulmusik (AfS), Jürgen Terhag, am Mittwoch in Weimar. "Wenn wir dieser Verwässerung nicht entgegentreten, haben wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht."

Der Bundeskongress werde erstmals vom AfS und dem Verband Deutscher Schulmusiker (VDS) gemeinsam ausgerichtet. Das solle ein Signal der Geschlossenheit der deutschen Musiklehrer senden.

Beste Lehrer müssen in den ersten Klassen unterrichten
Der Vorsitzende des VDS, Ortwin Nimczik, forderte die Einstellung neuer Musiklehrer in den Schuldienst. Vor allem an Grund- und Förderschulen fehlten Kollegen, sagte er. An Gymnasien sei die Situation im Durchschnitt etwas besser, aber teilweise auch schwierig. Dieses System gelte es insgesamt "vom Kopf auf die Füße" zu stellen, sagte Terhag. Gerade am Anfang des Schullebens eines Kindes müssten die besten und die erfahrensten Kollegen tätig werden. In den ersten Schuljahren könnten Kinder am meisten vom Musikunterricht profitieren.

Wie Nimczik und Terhag sprach sich auch der Präsident der Weimarer Hochschule für Musik Franz Liszt, Christoph Stölzl, gegen eine Abschaffung des Musikunterrichts als eigenes Unterrichtsfach aus. Das Wissen um Musik gehöre zur ganzheitlichen Ausbildung des Menschen dazu. "Es ist kein Bildungsschnörkel", sagte er. So gehe es nicht darum, den Musikunterricht gegen naturwissenschaftliche Fächer auszuspielen, sondern darum, an einem Bildungsideal festzuhalten, das auch eine Weimarer Tradition sei.

Ziel des modernen Musikunterrichts sei es nicht, aus jedem Schüler einen professionellen Musiker zu machen, sondern ein gebildetes Publikum für diese zu schaffen, sagte Terhag. Wenn dies nicht gelinge, dann leide die Kultur insgesamt. Gleichzeitig räumte er aber ein, dass Musik in der Vergangenheit oft zu wissenschaftlich und zu wenig praxisbezogen unterrichtet worden sei. Diese Zeiten seien allerdings vorbei. "Der Musikunterricht ist viel, viel besser als sein Ruf."

Thüringen vergleichsweise gut aufgestellt
Die Situation des Musikunterrichts in Thüringen ist vor diesem Hintergrund allerdings noch vergleichsweise gut. Im Freistaat gebe es Musik noch als eigenständiges Fach und auch die Zahl der Fachlehrer liege statistisch gesehen über dem Bundesdurchschnitt, hieß es. Der Landesvorsitzende des VDS, Martin Müller Schmied, beklagte dennoch das Fehlen junger Kollegen. Oft seien Planstellen zwar auf dem Papier besetzt. Doch durch das hohe Alter der Pädagogen falle der Unterricht wegen Krankheit entweder aus oder werde durch fachfremde Lehrer gegeben.

Zu dem Kongress werden bis Sonntag 1.500 Teilnehmer aus ganz Deutschland erwartet, in erster Linie Musiklehrer. Nach Angaben der Veranstalter wird es 380 Veranstaltungen geben, die vor allem der Fortbildung der Pädagogen dienen. AfS und VDS vertreten zusammen etwa 8.000 Musiklehrer.

Das Team der nmz bloggt unter http://bundeskongress.nmz.de aktuell vom Weimarer Kongress

Ort