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Soziale Adern

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23 Deutschlandstipendien konnten neu vergeben werden
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Mit dem Deutschlandstipendium werden Studierende mit besonders herausragenden künstlerischen, pädagogischen oder wissenschaftlichen Leistungen gefördert. Dank vieler Unterstützer konnte die Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar im Studienjahr 2016/17 insgesamt 23 dieser Stipendien vergeben. Edle Spender sind die Carin Riesen Stiftung und die Thüringer Aufbaubank (jeweils fünf Stipendien), die Gesellschaft der Freunde und Förderer der HfM Weimar sowie die Ernst-Abbe-Stiftung (jeweils zwei Stipendien), die Carl Zeiss AG, die Richard-Borek-Stiftung, der Sandsturm Kairo e. V., Prof. Dr. Wolfram Eberbach, Gisela Zwiesau, Dr.-Ing. Hans-Reinhard Hunger, Frank und Birgit Siegmund sowie Christoph Drescher (jeweils ein Stipendium).

Ihre Sektgläser stoßen klirrend aneinander. Die Menschen im Senatssaal der Weimarer Musikhochschule sind spürbar gut gelaunt. Es ist Montag, der 5. Dezember 2016, und viele Spender sowie Stipendiatinnen und Stipendiaten des Deutschlandstipendiums haben sich versammelt. Mehr als dreißig Personen, darunter auch das Präsidium der Hochschule, sind bei der Stipendienvergabe anwesend. Man lernt sich kennen und feiert die besondere Verbundenheit im neuen Studienjahr.

Auch die gebürtige Italienerin Maria Grazia Insam zählt zu den Geförderten. Nach dem Abitur zog es sie nach Deutschland. Im Ausland zu studieren war für die Mezzosopranistin immer ein Traum, den sie sich an der Weimarer Musikhochschule in der Gesangsklasse von Prof. Dr. Michail Lanskoi nun erfüllte. Die Ernst-Abbe-Stiftung aus Jena ist die edle Spenderin ihres Deutschlandstipendiums. Seit 1992 fördert diese vor allem im Bereich Forschung und Wissenschaft. Seit 2012 unterstützt die Stiftung aber auch die Weimarer Musikstudierenden: Im Studienjahr 2016/17 ist das neben Maria Grazia Insam auch Musikwissenschaftlerin Paula Schlüter.

Für Kranke und Senioren

Deutschlandstipendiatinnen und -stipendiaten müssen nicht nur hervorragende Leistungen in ihrem Studium vorweisen können, sie sollen auch eine soziale Ader haben und sich gesellschaftlich engagieren. Auf Maria Grazia Insam trifft das mehr als zu. Ihr Talent als Sängerin beschränkt sie nicht auf das Studium oder Konzertsäle – sie teilt es mit anderen. So sang sie beispielsweise bei dem Projekt Mit den Wurzeln übers Meer, das sich mit dem Thema Migration befasste. Sie wirkte auch in einem Projekt der Bauhaus-Universität Weimar mit minderjährigen Häftlingen mit. Unter dem Motto Beitrag von Anonym improvisierte die 23-Jährige auf Texte, welche die Jugendlichen selbst geschrieben hatten. Seit Oktober 2016 ist sie auch Stipendiatin von Yehudi Menuhin Live Music Now und singt in Seniorenheimen, Gefängnissen und Krankenhäusern.

„Ich nehme sehr gerne an solchen Projekten teil, weil ich das Gefühl habe, noch persönlicher mit Kunst umgehen zu können und neue Aspekte der Musik zu entdecken. Es freut mich immer besonders, wenn ich mit meiner Ausbildung einen sozialen Beitrag leisten kann“, erklärt Maria Grazia Insam stolz. Ihr Sommersemester 2017 hat sie kurzerhand zum Urlaubssemester erklärt, um sich aufwendigen Projekten widmen zu können. So singt sie in einem studentischen Projekt die Rolle der Ciesca in Giacomo Pucchinis Oper Gianni Schicchi. Auch weitere Projekte und die Vorbereitung auf Wettbewerbe werden Zeit und Energie kosten. Ihr Deutschlandstipendium verliert sie damit nicht – es wird stattdessen erst im Wintersemester 2017/18 wirksam und soll ihr die Vorbereitung auf ihr Bachelorkonzert und damit den Studienabschluss erleichtern.

Engagement für Geflüchtete

Auch Elisabeth Gebhardt ist Deutschlandstipendiatin und sehr dankbar für die Unterstützung. „Es ist so motivierend, dass die Förderer und die Hochschule an uns glauben“, sagt die Geigenstudentin. „Ich fühle mich in dem was ich tue bestätigt und freue mich auf mein erstes Jahr an der Weimarer Musikhochschule, das ich jetzt wesentlich entspannter und deshalb konzentrierter angehen kann.“ Mit ihrer Violine konnte sie sich bisher in Hannover den Lebensunterhalt auch in Konzerten erspielen und durch eigenes Unterrichten erarbeiten. Im Oktober 2016 startete sie neu in Weimar, um ihren Masterabschluss in der Klasse von Prof. Dr. Friedemann Eichhorn zu erlangen.

Beim reinen Studieren wird es vermutlich nicht bleiben, denn auch Elisabeth Gebhardt setzt ihr Talent dazu ein, Gutes zu tun. Als Mitglied des Vereins „Klassik in der Klinik e.V.“ spielt sie regelmäßig in Krankenhäusern, Seniorenheimen und Hospizen, an Schulen für taubblinde Kinder oder Tagesstätten für autistische Kinder und Jugendliche. Auch engagiert sie sich für Geflüchtete und sammelte in Konzerten schon viele Spenden. Die 23-Jährige träumt davon, in Weimar ein Konzertkonzept entwickeln zu können, in welchem Kinder auch selbst mitmusizieren.

Bei der Stipendienübergabe konnte sie ihre Förderer leider nicht persönlich kennenlernen. Die junge Geigerin ist die einzige Stipendiatin des Sandsturm Kairo e.V. Hinter diesem ungewöhnlichen Namen verbirgt sich nicht etwa ein reicher Scheich aus Ägypten, sondern ein privater Club, der sich auf einer Ägyptenreise bildete. Bei einer Weimarreise des Vereins lernten die Mitglieder den Weimarer Hochschulpräsidenten Prof. Dr. Christoph Stölzl kennen. Um sich persönlich zu bedanken, nahm Elisabeth Gebhard nach der Veranstaltung im Senatssaal per E-Mail Kontakt zum Gründer und Vereinspräsidenten Matthias Kleinert auf.
Am anderen Ende des Saales steht ein etwas ungleiches Paar. Eine junge Frau und ein Herr mit graumeliertem Haar sind in ein angeregtes Gespräch vertieft. Franziska-Maria Ludwig und Dr.-Ing. Hans-Reinhard Hunger sehen sich an diesem Tag zum allerersten Mal – und sind doch für das nächste Jahr miteinander verbunden. Bauingenieur Dr.-Ing. Hunger ist Stifter des Deutschlandstipendiums, welches Franziska-Maria Ludwigs Leben in der nächsten Zeit erheblich erleichtern soll.

Ausdrucksfähigkeit verfeinert

Aufgewachsen als jüngstes von fünf Kindern, erhielt sie schon im Alter von vier Jahren in ihrer Heimatstadt Zwickau den ersten Cellounterricht. Ein Jahr später kam das Klavier hinzu. Dass sie sich später für ein Cellostudium entschied, lag vor allem an der Mitwirkung im Orchester und den vielfältigen technischen Möglichkeiten des Instruments. „Das Studium bei Frau Prof. Leihenseder-Ewald in Weimar war genau das, was ich brauchte! Mein Spiel hat sich mit ihrer Hilfe stark entwickelt“, erzählt die 23-Jährige im Rückblick auf ihre bisherigen Weimarer Jahre. Doch nicht nur durch den Unterricht, sondern auch durch ihr Spiel in zahlreichen Ensembles konnte die Cellistin ihre Technik und ihre Ausdrucksfähigkeit verfeinern.
Hans-Reinhard Hunger wird Franziska-Maria Ludwig auf ihrem Weg nun unterstützen. Er besitzt ein Ingenieurbüro in Weimar und fühlt sich, obwohl Absolvent der Bauhaus-Universität Weimar und Dozent an der Fachhochschule Erfurt, der Weimarer Musikhochschule sehr verbunden. Auch wenn er selbst kein großer Musiker sei, so habe ihn die Musik doch ein Leben lang begleitet, erklärt er. Seine Liebe zur klassischen Musik wurde durch einen wichtigen Menschen seiner Kindheit und Jugend geweckt: Paul Friebe – seinen Großvater. Dieser war Solocellist in Frankfurt an der Oder sowie auch beim heutigen MDR Sinfonieorchester und stellte für Hunger eine Art Vaterfigur dar. Das von ihm gespendete Deutschlandstipendium erhielt zu Ehren seines Großvaters den Beinamen „Paul Friebe“-Stipendium.

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