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Symbiose hausgemacht und schon bewährt

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Gespräch mit dem Kulturmanager Werner Heinrichs, Rektor der Stuttgarter Musikhochschule
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Im Frühjahr 2002 besetzte die Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst ihr Rektorenamt mit einem Kulturmanager. Dieser scheinbar ungewöhnliche Zusammenschluss von Musikmanagement und künstlerischer Kompetenz ist in der Landschaft deutscher Musikhochschulen bis heute einzigartig. Grund genug für die nmz mit dem mittlerweile eingelebten Rektor über Chancen, Perspektiven und Visionen dieser richtungsweisenden Konstellation zu sprechen.

: Der Bau der neuen Musikhochschule steht inmitten der Kulturmeile von Stuttgart. Sie sprachen bei Ihrer Antrittsvorlesung von einer Brückenfunktion der Hochschule für das Kulturleben der Stadt?

: Zunächst einmal ist dieser Standort wirklich fantastisch. Direkt in der so genannten Kulturmeile mit der Oper und dem Schauspiel, der Staatsgalerie, der Landesbibliothek und der Musikbibliothek der Stadt liegt er günstiger, als man sich denken kann. Brücken, von denen ich sprach, gibt es inzwischen einige. Wir haben Veranstaltungen in der Staatsgalerie und dort auch einen eigenen Flügel stehen. Wir arbeiten sehr eng mit dem Staatstheater zusammen. Es gibt gerade das Weihnachtsmärchen „Der Hutzelmann“ mit unserem Figurentheater. Immer wieder arbeiten Studierende aus unserer Schauspielschule im Schauspielhaus mit und Sängerinnen und Sänger stehen dort regelmäßig im Chor. Dazu haben die Studierenden die wunderbare Chance, an der Jungen Oper Stuttgart mitzuarbeiten.


: Im Frühjahr 2002 haben Sie als erster Nicht-Musiker das Rektorenamt an einer deutschen Hochschule übernommen. Welche Perspektiven ergeben sich dadurch für die Stuttgarter Musikhochschule?

: Die Intention der Lehrenden habe ich hier so verstanden, dass man zunächst einmal schlicht und ergreifend gegenseitig voneinander profitieren will. Ich habe zwar lange Kulturmanagement unterrichtet und hatte wohl auch die erste Professur für Kulturmanagement in Deutschland. In den Jahren davor war ich aber auch schon lange in der Praxis tätig. Von daher war das Thema Musik eigentlich in meinem ganzen Berufsleben verankert.

Zu meinem Erstaunen werde ich immer wieder darauf angesprochen, wie verwunderlich es ist, dass ein Kulturmanager Rektor einer Hochschule wird. Ich antworte darauf immer das Gleiche: Musiker haben wir hier im Hause genug, es mangelt ihnen nicht an Musikkompetenz. Woran es mangelt ist Managementkompetenz, Hochschulmanagement, Kulturmanagement. Und genau dies hat man sich hier sehr berechnend ins Haus geholt.

: Also bezieht sich ihre Qualifikation eher auf das Hochschulmanagement. Wie sieht es mit Angeboten in ihrem Fach für die Studierende aus? Sind solche Kurse geplant?

: Es ist ein ganzes Paket von zusätzlichen Veranstaltungen geplant und da ist unter anderem Musikmanagement vorgesehen. Man muss ja sehen, dass sich das Berufsbild und die Berufsperspektiven der Musikerin/ des Musikers in den letzten Jahren sehr stark verändert haben. Noch vor circa fünfzehn Jahren bekam ein Absolvent eine feste Stelle. Dies ist leider vorbei. Dennoch bestehen auch heute hervorragende berufliche Perspektiven für Musiker. Nur eben in einer Weise, dass sie sich ihren Job selbst einrichten müssen. Sie müssen wie eine Art Patchwork verschiedene Dinge zusammenbasteln, haben dann aber auch tatsächlich ein gutes Einkommen. Das funktioniert, es gibt dafür viele Beispiele. Und am Ende entsteht dann so eine Art Ich-AG. Dies bedeutet jedoch für uns als Hochschule, dass wir die Musiker darauf vorbereiten müssen, wie sie diese Ich-AG managen können. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, das Hochschulstudium neben der künstlerische Kompetenz, die immer noch im Vordergrund steht, spezifisch zu ergänzen, nicht zu verändern. Wir sind gerade dabei, dies durch zusätzliche Ergänzungs-, Zusatz- und Kontaktstudien anzugehen. Beschlossen sind sie bereits.

: In der Vergangenheit gab es große Diskussionen bezüglich der Schulmusik. Man überlegte, ob sie an die Pädagogische Hochschule verschoben werden soll. Vor kurzem war die Attraktivität des Faches durch eine geplanten Streichung der Geisteswissenschaften an der Stuttgarter Universität gefährdet und immer wieder wird die Frage laut, ob Schulmusiker von Professoren unterrichtet werden müssen. Sie möchten die Schulmusik in Stuttgart fördern. Warum?

: Wir haben zu diesem Thema eine sehr lange und intensive Diskussion gehabt, mit Resolutionen und Unterschriftenaktionen von Seiten der Studierenden und so weiter. Am Ende waren wir uns alle darüber einig, dass wir die Schulmusik verstärkt brauchen. Alle klagen über die Überalterung des Konzertpublikums. Wie will man dieses Problem in den Griff bekommen, wenn man nicht für eine sehr breit angelegte und qualitativ hochwertige Schulmusikausbildung sorgt? Die Schulmusiker sind für uns die Basis des gesamten Musikbetriebes. Aus der Schule heraus erwächst die Freude, das Interesse an der Musik, in jedem Fall aber auch das Interesse daran, Musik live zu hören. Wenn es uns nicht gelingt, die Schulmusik stärker im Schulalltag zu verankern und hervorragende Lehrerinnen und Lehrer für die allgemein bildenden Schulen auszubilden, dann steht es zwangsläufig schlecht um den Musikbetrieb in Deutschland. Das wollen wir damit verhindern. Die Schulmusiker erziehen das Publikum von morgen und um dieses Publikum muss man sich kümmern.

: Im Bereich des Hochschulmarketings sprechen Sie von der Notwendigkeit eines Leitbildes für die Hochschule. Was steht da dahinter?

: Durch ein Leitbild ist eine Hochschule stärker als Gesamtinstitution identifizierbar und kann sich auf dem Hochschulmarkt klarer herausheben und positionieren, vor allem natürlich im sehr großen Wettbewerb um die besten Lehrenden und die besten Studierenden. Mit dem Entwurf eines neuen Logos, das den Turm als äußeres Bild der Hochschule symbolisiert, sind wir dabei, ein einheitliches Erscheinungsbild durchzusetzen. Entworfen wurde es übrigens von Studierenden der Fachhochschule Pforzheim. Die zweite Maßnahme war die Hochschulzeitung „Spektrum“. Das nächste ist der neue Internetauftritt, in dem auch eine virtuelle Studienberatung eingerichtet wurde. Ein weiterer Schritt ist die Einrichtung eines Hochschulradios. Dabei ist das Erscheinungsbild nur ein äußeres Signet. Dahinter stehen die Inhalte, die wir versuchen, über diese Medien zu kommunizieren: dass wir ein tolles Gebäude haben; dass keine Hochschule der Welt über eine ähnliche Orgelausstattung verfügt; dass wir über Überäume verfügen, die 24 Stunden am Tag geöffnet sind; dass wir ein hervorragend ausgestattetes Studio für elektronische Musik besitzen und mit dem Wilhelmatheater über ein eigenes Lerntheater verfügen, wie es dies ein zweites Mal in Deutschland nicht gibt. Und wir haben so natürlich auch die Möglichkeit, den Lehrkörper vorzustellen und zu präsentieren.

: Seit ihrem Amtsantritt vor nun fast zwei Jahren ist nun schon einiges geschehen. Sind sie mit den Entwicklungen zufrieden? Was ist ihre Vision, was sind ihre Wünsche für die Zukunft?

: Ich bin natürlich auch mit einer gewissen Spannung hierhin gekommen, weil ich ja auch wusste, dass ich für mich etwas ausprobiere, was noch keiner vorher erprobt hat. Insgesamt muss ich sagen, ist es weit besser gelaufen, als ich erwartet hatte, die Zusammenarbeit in der gesamten Hochschule ist sehr gut und auch vertrauensvoll. Alle wissen, was ich einbringen kann, und ich weiß sehr gut, was die anderen einbringen können. Ich kann von meiner Seite aus sagen, dass ich sehr froh darüber bin, diesen Weg gegangen zu sein, sehe hier noch gute Entwicklungsmöglichkeiten und habe auch das Gefühl, dass mir von keiner Seite Steine in den Weg gelegt werden, um die Dinge, die ich noch im Kopf habe, in die Tat umzusetzen. Aber wir machen das Schritt für Schritt, wir machen keine Revolution, sondern wir machen hier eine maßvolle und vor allem sinnvolle Erneuerung der Hochschule, nicht um sie zu verändern, sondern um sie fit zu machen für die Herausforderungen, die in den nächsten Jahrzehnten an die Hochschule gestellt werden.

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