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Transmitter zwischen Leben und Wissenschaft

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Komponistin Meike Senker und Flötist Kacper Dabrowski promovieren am CDFA
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Die Komponistin Meike Senker und der Flötist Kacper Dabrowski gehören zum ersten Jahrgang, der am „Collège doctoral franco-allemand“ (CDFA) promoviert (siehe gegenüberliegende Seite). Im Interview sprechen sie darüber, wodurch das Doktorandenkolleg sie überzeugt hat, wie sie Wissenschaft und Kunst zusammenbringen und was sie anderen Promovierenden raten würden.

Frau Senker, Herr Dabrowski, aus welchen Gründen haben sie sich dafür entschieden, am CDFA zu promovieren?

Meike Senker: Ich finde es spannend, dass ich hier eine künstlerisch-wissenschaftliche Promotion absolvieren kann. Ich nehme beide Bereiche sehr ernst und freue mich, sie gewinnbringend zu kombinieren. Außerdem war mir ein guter Abschluss wichtig: Ich unterrichte an Musikhochschulen und möchte auch zukünftig in diesem Bereich tätig sein. Dabei wird mir der Ph. D.-Abschluss helfen. Die Hochschule für Musik Freiburg kannte ich schon vorher, da ich hier am Institut für Neue Musik bei Johannes Schöllhorn meinen Master gemacht habe.

Was war bei Ihnen ausschlaggebend, Herr Dabrowski?

Kacper Dabrowski: Ich habe meinen Master als Flötist ebenfalls an der Hochschule für Musik Freiburg abgeschlossen. Ich wollte danach gern promovieren und mein Lehrer Mario Caroli hat mich auf die fantastische Chance hingewiesen, am CDFA ein internationales Doktorat mit einem weltweit anerkannten Titel absolvieren zu können. Ich bin mir sicher, dass wir hier über unsere Dissertationen hinaus etwas aufbauen und erschaffen werden. Auch Freiburg hat mich überzeugt: Hier gibt es die Hochschule und mit Straßburg und Basel zwei weitere Zentren für Musik in unmittelbarer Nähe. Mir war klar: Ich muss hier bleiben.

Sie sind in Freiburg geblieben, pendeln aber oft nach Straßburg.

Kacper Dabrowski: Ja, ich bin an beiden Orten tätig: Der Betreuer für den wissenschaftlichen Teil meiner Arbeit ist der Rektor der Hochschule für Musik Freiburg, Ludwig Holtmeier. Den künstlerischen Teil betreut Silvia Careddu, die an der „Académie supérieure de musique de Strasbourg“ unterrichtet und erste Flötistin am „Orchestre National de France“ ist. Dadurch habe ich Kontakte an beiden Orten. Dass das CDFA zweisprachig ist, finde ich spannend: Meine Muttersprache ist zwar Polnisch, aber ich spreche auch Französisch und habe während meines Masterstudiums Deutsch gelernt.

Ihre Betreuer sind beide in Freiburg, Frau Senker. Wie viel Kontakt haben Sie zu den französischen Promovierenden?

Meike Senker: Richtig, ich werde betreut durch Johannes Schöllhorn und Ludwig Holtmeier. Während der Corona-Pandemie waren Treffen eingeschränkt, aber wir hatten bereits eines, was ich äußerst spannend fand. Die Promovierenden konnten Vorträge über ihr Projekt halten, mit anschließender Diskussion. Mit anderen über mein Vorhaben zu sprechen, hat mir sehr viel Input gegeben – sie haben oft einen ganz anderen Hintergrund als ich und haben etwa an einer französischen Hochschule studiert. Ihre Perspektive ist eine große Bereicherung, um die eigene Arbeit weiter voranzutreiben.

Könnten Sie Ihr Promotionsvorhaben kurz umreißen?

Meike Senker: Ich setze mich mit dem multiperspektivischen Verhältnis von Musik und Text bei dem italienischen Komponisten Luciano Berio auseinander. Ich beschäftige mich mit dem Stück „A-Ronne“ aus dem Jahr 1975, das auf eine Kooperation Berios mit dem Dichter Edoardo Sanguineti zurückgeht. Sanguineti hat dafür einen Text geschrieben, der aus kurzen Zitaten besteht – zum Beispiel aus dem Johannes-Evangelium oder von James Joyce. Dieses Gedicht hat Berio in seiner Komposition immer wieder unterschiedlich verarbeitet, etwa als Jazz-Scat-Gesang oder als barocken Choral. Wichtig für meine Forschung über „A-Ronne“ ist Berios Vorstellung der Musik als Dokumentation von Text: Er sagt, sie dient einerseits als Analysewerkzeug für den Text, andererseits erforschen die Interpretierenden den Text mit ihrer Stimme. Berio spricht von einer forschenden-künstlerischen Haltung. Dieser Idee einer Art komponierten Dokumentation versuche ich nachzugehen – durch die Analyse, aber auch mit der Quellenforschung, der Auseinandersetzung mit Texten von Berio und natürlich auch mit eigener kompositorischer Arbeit, um das von Berio eröffnete kompositorische „Forschungsfeld“ mit heutigen Mitteln zu aktualisieren.

Womit beschäftigen Sie sich, Herr Dabrowski?

Kacper Dabrowski: Ich interessiere mich sehr für die Musik des deutsch-dänischen Komponisten Friedrich Kuhlau und für seine Verbindungen zur Musik Ludwig van Beethovens. Leider gibt es für Flöte kein Repertoire von Beethoven, weshalb wir vieles transkribieren. Dafür kann man auch auf die Literatur von Kuhlau zurückgreifen, der oft als der „Beethoven der Flöte“ bezeichnet wird. Die wissenschaftliche Kernfrage meiner Arbeit ist: Warum ist die Musik der beiden so ähnlich und aus welchen Gründen hat sich Kuhlau für die Querflöte entschieden und Beethoven nicht? Für den künstlerischen Teil werde ich eine Aufnahme machen: Ich transkribiere eine Violinen-Sonate von Beethoven und nehme eine analytische und aufführungspraktische Näherung vor.

Was würden Sie Studierenden raten, die eine künstlerisch-wissenschaftliche Promotion anstreben?

Kacper Dabrowski: Man muss für sein Thema brennen! Diese Dissertation ist für Leute gedacht, die sich in einem Thema bereits sehr gut auskennen und daran weiterarbeiten wollen. Außerdem braucht man sehr viel Neugier und einen breiten Austausch mit anderen Kunstschaffenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Wir sind eine Art Transmitter, eine Verbindung zwischen Leben und Wissenschaft.

Meike Senker: Man sollte sich vorher fragen: Was bedeutet es für meine künstlerische Arbeit, wenn ich meine Kunst in einem wissenschaftlichen Kontext und meine Wissenschaft als Künstlerin betrachte? Beide Bereiche müssen zusammengebracht werden und dafür braucht man große Leidenschaft.

Interview: Ben Klaußner

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