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Über Performance und Design

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Design ist in der digitalen Welt vom Produktdesign zum Wissensdesign und vom Wissensdesign zum Erkenntnisdesign geworden
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Schon im 20. Jahrhundert hat sich das künstlerische Handeln unter dem Einfluss der Konzepte von Performance und Design nicht unerheblich verändert. In der digitalen Ära hat sich deren Schlagkraft nochmals verstärkt.

In den 1950er Jahren schlug die ursprünglich sprachphilosophische Einsicht, dass eine (sprachliche, künstlerische, musikalische) Äußerung zugleich eine Handlung ist, auf die Künste durch. Der ästhetische Gehalt von mehr oder weniger alltäglichen Handlungen wurde ausgelotet, der Handlungscharakter von ästhetischen Gehalten wurde erprobt, etwa in Happenings oder in interaktiven Formaten.

In der Digitalisierung nun wird erkennbar, dass elektronische Medien und ihre Programmcodes einen eminent performativen Charakter haben: Sie vereinen paradigmatisch konstatives und handelndes Äußern. Eine Programmzeile, ein Post in einem Sozialen Medium, ein digital geteiltes Stück Musik ist zugleich Handlung, und zwar Handlung , die vorwiegend von nichthumanen Akteuren, von anderer Software nämlich verstanden und per Algorithmus sofort in den nächsten performativen Akt transformiert wird. Von der Handlung zur Performance zur Transformation differenziert sich ein Prozess der Kontextbezogenheit und Formung. Performance und Design verweisen unmittelbar aufeinander.

Design ist in der digitalen Welt vom Produktdesign zum Wissensdesign und vom Wissensdesign zum Erkenntnisdesign geworden. Es werden nicht mehr nur Dinge designt, wie im ursprünglichen Bauhaus, auch nicht mehr nur Produktkontexte und Lebenswelten, wie im Nachkriegsdesign. Das Design greift aus auf die elementarsten Erkenntnismittel: auf selbstlernende Netzwerke, auf die „Architektur“ der CPUs in Rechnern, auf riesige Apparaturen zur Gewinnung elementaren physikalischen, astronomischen oder biologischen Wissens. Dieses Design ist kaum noch Menschenwerk, sondern vorwiegend softwaregeneriert. Maschinen designen Maschinen, die wiederum Netzwerke designen. Die designten Interaktionskanäle in solchen Netzwerken stecken die Handlungsmöglichkeiten ab, die die humanen und nichthumanen Akteure darin haben.

Dieser digitale Designbegriff greift eminent nach den auditiven Künsten. In komplexen Softwarearchitekturen, etwa in Games oder in Internets von Dingen – man denke etwa an das Dingeinternet, das die autonome Mobilität erfordert – spielen auditive Ästhetiken eine wichtige Rolle, Bedeutung zunehmend. Oft spielen sie ihre Rolle aber nur in einem bestimmten Stadium des designten Erkenntnisprozesses, während das materielle oder informationelle Endprodukt des Prozesses gar nichts mehr zum Hören bietet. Klangwerke, die sich als Kunstwerke anhören und aufführen lassen, sind dabei oft nur noch Nebenprodukte, deren Sinn nur im Design des gesamten Wissensnetzwerks entfaltet werden kann.

Diese Wucht von Performance und Design in der digitalen Ära ist für die klassische künstlerische Hochschule herausfordernd, ja provokativ. Sie sieht sich vor der Situation, dass die ästhetischen und performativen Kompetenzen an sehr vielen Orten gebraucht werden, ihr angestammtes „Produkt“, eine hochwertige Live-Aufführung eines klassischen Stücks Musik vor passivem Publikum, aber nur noch eines von vielen möglichen Produkten ist. Die digitale Symbiose von Kunst, Wissenschaft und Technologie fordert die klassische Musikhochschule auf, völlig neue Kooperationen mit Technologieunternehmen, mit dem Bildungssektor und den Medien einzugehen.

Die musische Expertise ist herausgefordert, sich in Formate fernab von Konzert und Tonträger einzubringen. Die künstlerische Hochschule muss mit dem frappierenden Vorgang umgehen, dass sich alle klassischen Repertoires – samt ihren Hermeneutiken und Werturteilen – in allen Künsten auflösen und als Content in einer ahistorischen, wertneutralen digitalen Zwischenspeicherung wiederfinden, aufbereitet dafür, beim Design völlig neuer Netzwerke und Technologien Anwendung zu finden.

Die neuen Professuren des Landeszentrums:

Prof. Dr. Barbara Lüneburg, Ensemble und digitale Performance | Prof. Ludger Brümmer, Komposition Digitale Medien | Prof. Thorsten Greiner, Intermediales Gestalten und Klanginteraktion | Prof. Olaf Taranczewski, Producing mit Schwerpunkt Jazz-Pop | Prof. Dr. Christina Zenk, Musikbezogene Designtheorie im Kontext digitaler Medien | Prof. Dr. Philipp Ahner, Musikpädagogik und Musikdidaktik im Kontext digitaler Medien | außerdem im neuen Masterstudiengang MusicDesign der Hochschule Furtwangen University: Prof. Dr. Norbert Schnell

www.landeszentrum.de

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