Weimar/Jena - Der Lehrstuhl für Transkulturelle Musikforschung in Weimar und Jena ist von der Unesco aufgewertet worden - zum Unesco Chair on Transcultural Music Studies. Er sei damit der zwölfte Unesco-Lehrstuhl in Deutschland und Teil eines weltweiten Netzwerkes von mehr als 700 Lehrstühlen in 124 Ländern, teilten die Hochschule für Musik Weimar und Universität Jena am Montag mit.
Das 1992 gegründete Programm will dazu beitragen, die Ziele der Unesco zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes durchzusetzen. «Musikalische Aktivitäten sind ein Medium der Verständigung und gegenseitiger Anerkennung über Grenzen hinweg», erklärte der Vizepräsident der Deutschen Unesco-Kommission, Christoph Wolf.
Für den Weimarer Lehrstuhlinhaber Tiago de Oliveira Pinto bedeutet die Auszeichnung zugleich, «dass wir uns vom theoriebehafteten Elfenbeinturm lösen». Nicht mehr dem musikalischen Projekt allein gelte letztendlich die Aufmerksamkeit der internationalem Forschung, sondern ebenso dem sie erzeugenden Menschen mit seinem Umfeld. Verstärkt werde die Kooperation mit Einrichtungen in Schwellen- und Entwicklungsländern. Die Weimarer und Jenaer Wissenschaftler forschten bisher etwa über traditionelle Musik in Afghanistan, weltweite Gemeinsamkeiten des Tangos oder den Gesang der Inuit.
Pressemeldung der HfM Weimar:
UNESCO-Lehrstuhl an Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und Friedrich-Schiller-Universität Jena eingerichtet
Immaterielles Kulturerbe durch Transkulturelle Musikforschung fördern
Die UNESCO hat den Lehrstuhl für Transkulturelle Musikforschung am Gemeinsamen Institut für Musikwissenschaft der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und der Friedrich-Schiller-Universität Jena als UNESCO Chair on Transcultural Music Studies ausgezeichnet. Er ist der zwölfte UNESCO-Lehrstuhl in Deutschland, der in einem weltweiten Netzwerk gemeinsam mit über 700 Lehrstühlen in 124 Ländern an der Umsetzung der UNESCO-Ziele und der Globalen Nachhaltigkeitsagenda arbeitet. In Weimar wird damit der weltweit erste UNESCO-Lehrstuhl in der transkulturellen Musikwissenschaft eingerichtet. Lehrstuhlinhaber ist Prof. Dr. Tiago de Oliveira Pinto.
Der UNESCO-Lehrstuhl mit Hauptsitz in Weimar erforscht musikalische Darbietungen in ihren soziokulturellen, historischen und globalen Kontexten. Die Musiker als Träger der darstellenden Künste stehen dabei im Sinne der UNESCO-Konvention zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes im Fokus. Die Forschung des Lehrstuhls ist interdisziplinär ausgerichtet und anwendungs- sowie projektorientiert. Schwerpunkte werden gemeinsam mit den Praktizierenden, deren Musiktradition erforscht wird, definiert. Übergreifend untersucht wird dabei, welche Chancen und Herausforderungen eine Anerkennung von Musiktraditionen als Immaterielles Kulturerbe für die Weitergabe und Inwertsetzung der Ausdrucksformen mit sich bringen.
„Musikalische Aktivitäten sind ein Medium der Verständigung und gegenseitiger Anerkennung über Grenzen hinweg. Gleichzeitig ermöglicht Musik einen direkten Zugang zu lokaler Identität und kultureller Vielfalt“, betont Prof. Dr. Christoph Wulf, Vizepräsident der Deutschen UNESCO-Kommission. „Mit seiner Expertise im Bereich der transkulturellen Musikforschung unterstützt der UNESCO-Lehrstuhl in herausragender Weise lokale Einrichtungen wie Kulturveranstalter, Universitäten, Lehrstühle, Museen, Archive und Künstler in Ländern wie Afghanistan, Äthiopien, Brasilien, Thailand oder Kuba. Die realisierten Projekte fördern lokale Initiativen, indem sie Musik als Immaterielles Kulturerbe in den Ländern selbst sichtbar werden lassen“, so Wulf weiter.
„Die Aufwertung zum UNESCO Chair ist nicht nur eine große Anerkennung der bisherigen Arbeit in Forschung, Lehre und internationalen Projekten unseres Lehrstuhls, sie bekräftigt auch, wie wichtig die Forschung in einem gesellschaftlichen Sinne geworden ist“, erklärt Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Tiago de Oliveira Pinto. „Dass wir uns mit diesem neu ausgerichteten Lehrstuhl zugleich im bedeutendsten musikwissenschaftlichen Institut Deutschlands befinden, ist besonders wichtig, da wir so in Verbindung mit sämtlichen Ansätzen musikwissenschaftlicher Forschung stehen", so Pinto. „Mit dem UNESCO Chair wird jetzt deutlich, dass wir uns vom theoriebehafteten Elfenbeinturm lösen zugunsten des Aufbruchs in eine internationale, projektbasierte und anwendungsorientierte Musikforschung. Nicht mehr dem musikalischen Produkt alleine gilt hier also die letztendliche Aufmerksamkeit, sondern ebenso dem sie erzeugenden Menschen mit seinem Umfeld. Im Sinne der UNESCO-Kulturkonventionen wird die Arbeit immer auch von der Notwendigkeit der gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit geprägt sein ", sagt Pinto abschließend.
Der neue UNESCO-Lehrstuhl stärkt wie alle bestehenden Lehrstühle die akademische Kooperation mit Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen in Schwellen- und Entwicklungsländern, aber auch innerhalb Deutschlands und in Europa.