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 Joseph Haydn: Beginn des 2. Satzes des Kaiserquartetts. Farblithographie, 19. Jhdt. Foto: Österreichische Nationalbibliothek
Joseph Haydn: Beginn des 2. Satzes des Kaiserquartetts. Farblithographie, 19. Jhdt. Foto: Österreichische Nationalbibliothek
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Vom Hoch auf den Kaiser zur Nationalhymne - Haydns Geniestreich

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Wien - Die Melodie der heutigen deutschen Hymne sollte die Menschen einst zu kaisertreuen Untertanen machen. Sie wurde äußerst populär - mit wechselvoller Geschichte. Am 12. Februar 1797, vor 225 Jahren, erklang sie erstmals in Wien.

Gesucht wird: Eine Melodie, die in unruhigen Zeiten mit ihrem Zauber die Treue zum Kaiser belebt. Für Joseph Haydn, den Top-Komponisten der damaligen Zeit, ein Kinderspiel. Ihm gelingt eine sehr eingängige Tonfolge, «die in ihrer Einfachheit genial ist», sagt Benedikt Lodes, Direktor der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Dort wird die Originalhandschrift der «Kaiserhymne» verwahrt. Vor 225. Jahren (12. Februar 1797) singt das Publikum im von vielen Kerzen erleuchteten Hofburgtheater vor einem gerührten Kaiser Franz II. die Zeilen «Gott! Erhalte Franz den Kaiser, Unsern guten Kaiser Franz!» - es ist das erste Mal, dass die Melodie der heutigen deutschen Nationalhymne erklingt.

Die Französische Revolution hatte 1789 die Monarchien europaweit erschüttert. Napoleon bedrohte mit seinen Armeen auch das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Höchste Zeit, das Verhältnis zwischen Untertanen und Herrscher positiv emotional aufzuladen.

Ein patriotischer Dichter hatte getextet, Haydn (1732-1809) sollte komponieren. «Haydn war berühmt, kaisertreu und hat den Auftrag wohl gerne angenommen», sagt Lodes. Das Vorbild war die englische Hymne «God Save the King», Haydn hatte zwei ausgedehnte Aufenthalte in London hinter sich. So gut singbar wie ein Kirchenlied signalisiere das Stück in seinem getragenen Charakter das Ziel der Beständigkeit der Verhältnisse - ganz im Gegensatz zur vorwärtsstürmenden französischen «Marseillaise», so der Experte weiter.

Die «Kaiserhymne» machte Eindruck und verbreitete sich laut Lodes schnell - auch im 1815 gegründeten Deutschen Bund, zu dem etwa 40 mehr oder weniger kleine Länder gehörten. Der deutsche Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben litt wie viele Bürger unter der deutschen Kleinstaaterei. Er textete 1841 zur Melodie Haydns: «Deutschland, Deutschland über alles», - und meinte damit nicht die Überlegenheit gegenüber einem angeblichen äußeren Feind, sondern die Überwindung der deutschen Teilungen, wie der Wormser Historiker und Sachbuchautor Jörg Koch betont.

Als 1871 tatsächlich ein Deutsches Reich unter der Führung Preußens gegründet wurde, sei Fallersleben entsprechend enttäuscht gewesen, dass sein «Lied der Deutschen» sich nicht als Hymne etablierte, so Koch. Das geschah dann vor 100 Jahren im August 1922 in der Weimarer Republik. Reichspräsident Friedrich Ebert erklärte die eingängige Melodie zur deutschen Nationalhymne. Unter den Nationalsozialisten wurde die erste Strophe später zur gefürchteten Begleitmusik von Krieg und Terror.

Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Deutschen wiederum auf der Suche nach einer Nationalhymne waren, setzte sich 1952 das Altbekannte durch - allerdings ausschließlich in der dritten Strophe («Einigkeit und Recht und Freiheit»). Das sprach sich laut Koch international nicht sofort herum. Bei einem offiziellen Besuch in den USA wurde der aus Köln stammende Kanzler Konrad Adenauer 1953 in Chicago mit dem rheinischen Karnevalslied «Heidewitzka, Herr Kapitän» empfangen. «Das war kein Affront, das war eher ein gut gemeintes Versehen», sagt Koch. Unsicherheit im Umgang mit der Hymne zeigte auch das Verhalten der Fans beim WM-Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft 1954 in Bern: Sie sangen wie selbstverständlich die erste Strophe.

Insgesamt zähle die deutsche Hymne zu den auffallend friedlichen, sagt Koch. «Andere Hymnen sind viel kämpferischer in der Tonlage.» Komponist Haydn verbuchte mangels damaliger Urheberrechte mehr den Ruhm als etwaige Einnahmen. Immerhin habe er eine goldene Dose mit dem Konterfei des Kaisers erhalten, sagt Lodes. Und: Haydn habe das Lied gern am Klavier gespielt, um seine eigene Stimmung aufzuhellen.

 

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