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Ein fliegendes Schiff auf Klangforschungsreise

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„Wonalu – das Wolkenschiff“: Ein Konzertprojekt aus Hamburg
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In der November-Ausgabe startete die „Initiative Konzerte für Kinder“ einen ersten Aufruf zum Einsenden sogenannter „Best-Practise-Modelle“ von besonders gelungenen Konzerten für Kinder. Mittlerweile sind bei der JMD einige Beiträge eingegangen, wofür wir uns herzlich bedanken. Diesmal soll das Konzert „Wonalu – das Wolkenschiff“ vorgestellt werden, das im Februar dieses Jahres im Hamburger Konservatorium uraufgeführt wurde. Die Konzeption ist so angelegt, dass sie sich vielfältig variieren und anderen Örtlichkeiten und Gegebenheiten anpassen lässt. Dank einer bindenden und attraktiven Geschichte gelingt es den Musikern/-innen von der ersten bis zur letzten Minute, das junge Publikum gleichermaßen zum lebendigen Zuhören wie aktiven Mitgestalten anzuregen. Alle werden in das Geschehen auf der Bühne einbezogen und müssen sich für einen reibungslosen Verlauf der Expedition „Wonalu“ verantwortlich zeigen: Nur mit Hilfe des variantenreich wiederkehrenden „Wonalu-Raps“ kann es gelingen, das Wolkenschiff immer weiter um den Erdball zu treiben...

Kennen Sie das? Sie sitzen an Ihren Unterrichtsvorbereitungen für die wöchentlichen Früherziehungsstunden, entwickeln sinnliche Bilder von flimmernder Hitze und rieselndem Wüstensand, stimmen Unterrichts- für Unterrichtsphase sorgfältig aufeinander ab, lassen sich von Kunstwerken alter und moderner Meister inspirieren... Und als Dank? Sie ernten den Ruf einer Expertin für musikalische Kinderbespaßung und werden für den anstehenden „Tag der offenen Tür“ wie selbstverständlich mit der allgemeinen Kinderbetreuung beauftragt. Solche Momente gaben Anlass zu der Frage: Welche Gelegenheit können wir als Fachbereich Elementare Musikpädagogik (EMP) des Hamburger Konservatoriums ergreifen, um unsere künstlerischen und pädagogischen Fähigkeiten darzustellen? Wir planten, in öffentlichem Rahmen mit einem Konzert für Kinder auf uns aufmerksam zu machen.

Der konkreten Umsetzung gingen folgende Überlegungen voraus: Wie können wir Kinder ab vier Jahren in einem aufmerksamen, wachen Zuhören stärken und ihren aktiven Umgang mit Musik fördern? Als sinnvolle Grundlage für die Konzertkonzeption griffen wir, ungeachtet differierender Unterrichtsmethoden unter den Kollegen/-innen, auf vertraute Sachbereiche der Elementaren Musikpädagogik zurück: Stimme, Bewegung, Instrumentalspiel, Hören, Verstehen, Instrumenteninformation.

Die Dramaturgie unseres „Gesamtkunstwerks Konzert für Kinder” sollte eine sinnvolle Verknüpfung der genannten Sachbereiche ergeben. Diese übergeordneten konzeptionellen Überlegungen sind unabhängig zu betrachten von einer genauen Bestimmung der Zielgruppe, der Zahl der Mitwirkenden, der Besetzung, des Musikstils, der Räumlichkeit und der finanziellen Mittel.

Am 13. Februar 2000 startete im Saal des Hamburger Konservatoriums „Wonalu – das Wolkenschiff“ (Name und Liedmelodie sind übernommen von:
M. Ferber und E. Gubler, in „feste mitmachen – Mitmachfeste“, Kallmeyer, 1998, Edition: Rhythmik). Dank des sagenumwobenen Wolkenschiffs und seines erfahrenen Forscherteams (sechs Musiker/-innen aus dem Fachbereich EMP) erlebte das Publikum eine einzigartige Reise: Das luftige Schiff Wonalu wird rund um den Globus getrieben. Statt sich mit Feuchtigkeit zu sättigen, speichert es emporsteigende, landestypische Musik und andere Klangereignisse, die die Forscher dem Publikum zu Gehör bringen. Unter Verwendung dieses Bildes gliedert sich das Konzert wie folgt:

  • Die Aufführung beginnt mit einer vortragsähnlichen Anmoderation einer Forscherin, die zunächst ihre Kollegen/-innen vorstellt und dann über den aktuellen Stand der Wonalu-Forschungen berichtet. Das Publikum wird schon bald in das Fantasiebild einbezogen, indem es mit einem angeleiteten Zischlaut-Rhythmical und anschließendem Lied den Flug von Land zu Land unterstützen übt. Das Lied endet mit der Frage: „Wohin fliegt unser Schiff Wonalu?“
  • Mit Hilfe eines akustischen Ereignisses (zum Beispiel Rhythmical, Bodyperkussion, Vokalimprovisation) erraten die Kinder, über welchem Land Wonalu gerade schwebt.
  • Ein Forscher führt über einen freien Dialog mit den Kindern das folgende Musikstück ein (zum Beispiel über ein besonderes Musikinstrument oder einen landestypischen Tanz).
  • Auf einer großen (Schul-)Weltkarte wird die Flugbahn durch einen mit Watte beklebten Magneten dargestellt.
  • Die gespeicherte Musik des angesteuerten Landes wird von den Forscher/-innen vorgetragen.
  • Das Wolkenschiff steuert weitere Ziele an. Der strukturelle Verlauf wiederholt sich (Rondoprinzip).
  • Im Finale gerät Wonalu in einen Sturm, der die gespeicherte Musik durcheinander wirbelt. Entsprechend spielen die Forscher ein Medley aus den Anfängen der Musikstücke. Das Publikum soll die Musik den Ursprungsländern zuordnen, bevor das Schiff nach Hamburg zurückfindet.

Die anfangs erwähnten Sachbereiche sind wie aus der Abbildung ersichtlich beschrieben in das Konzert einbezogen. Die Reise des Identifikationsobjektes „Wolkenschiff“ ist nur dann als gelungen zu betrachten, wenn Klischees bei der Präsentation der Länder vermieden werden.
„Wonalu – das Wolkenschiff“ ist eine sogenannte „Low-Budget“ Produktion. Mit wenig Requisite, zum Beispiel einem „Hörtrichter“, einem Fernglas, einem „Aufnahmegerät“ kann das Konzert in kleinen bis mittelgroßen Sälen fast ohne Bühnentechnik zur Aufführung gebracht werden. Das wichtigste Utensil ist die große Weltkarte. Chiffontücher und Papierwolken schmücken die Bühne.

Abschließend möchten wir anmerken, dass nicht nur die Kinder und Eltern das Konzert begeistert aufgenommen haben, sondern auch der Fachbereich EMP des Hamburger Konservatoriums von dem eigenen Engagement profitiert hat. Kollegen/-innen anderer Fachrichtungen sprachen uns ihre Anerkennung über die ihnen bisher unbekannten vielfältigen Fähigkeiten der Lehrer/-innen im EMP-Bereich aus. Da uns das Konzept des „Wonalu-Konzerts“ in jeder Hinsicht Flexibilität erlaubt, wird das Forscherteam weitere Expeditionen auch außerhalb des Hamburger Konservatoriums unternehmen.

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