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Einblicke in luxuriöse Arbeitsbedingungen

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Eine Buchdokumentation zu den Education-Projekten der Berliner Philharmoniker regt eigene Aktivitäten an
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„Zukunft@BPhil“ ist mittlerweile wohl allen, die in den vergangenen Jahren das konzertpädagogische Engagement der Berliner Philharmoniker verfolgt haben, ein Begriff. Familienkonzerte, „Kofferkonzerte“, Lehrerworkshops, Einführungsworkshops in die Musik anderer Kulturen, das „Berliner Schulorchestertreffen“ sowie der „Schüler-Kompositions-Wettbewerb“ – alle Sonderveranstaltungen dieser Art werden unter dem eingängigen Slogan subsumiert. Das eigentliche Herzstück von Zukunft@BPhil bilden jedoch die sogenannten „Education-Projekte“, welche von einzelnen Mitgliedern des renommierten Klangkörpers in enger Zusammenarbeit mit eigens dafür engagierten Komponisten, Vokalperformern, bildenden Künstlern, Mediendesignern, Choreografen und weiteren Experten künstlerischer Disziplinen durchgeführt werden.

Von einer Auswahl dieser Projekte handelt das jüngst bei Schott erschienene Buch, das die Leiterin der Education-Abteilung von Zukunft@BPhil, Catherine Milliken, und die in Berlin wirkende Musik- und Thea­terwissenschaftlerin Christine Mast verfasst haben. Ihr Anliegen ist es, mit diesen Projekten allen Menschen, die durch ihr eigenes Umfeld in der Regel wenig Kontakt zu selbst produzierter und konzertant vermittelter Musik haben, dazu zu verhelfen, live erlebte Musik zu fühlen, zu sehen, zu spielen und zu hören. Die für diesen komplexen Ansatz notwendigen Grundvoraussetzungen, Gegebenheiten und erforderlichen Strukturen beschreibt dieses Buch, in dessen Vorwort Sir Simon Rattle einmal mehr darauf hinweist, welch großes Entwicklungspotenzial während der Arbeit mit den Schülern auch bei ihm selbst und den beteiligten Mitgliedern der Berliner Philharmoniker immer wieder neu ausgelotet werden muss.

Milliken geht es in ihrem Vorwort darum, deutlich zu machen, dass die beteiligten Kinder und Jugendlichen Musik stets aktiv erleben und gestalten sollen, dass sie sich mit ihren Ideen einbringen können und auf diesem Wege Neugierde empfinden für alles, „was weit entfernt ist von Langeweile und Passivität“. Als Grundvoraussetzungen dafür betrachtet sie es als ihre Aufgabe, die Projekte so anzulegen, dass sie eine „Eintrittskarte“ (= Motivation), ein „Tor“ (= Ziel) sowie „Spielregeln“ (= Strukturen) bereitstellen, welche in ihrem Zusammenwirken von Sicherheit, Flexibilität und einem gesunden Maß an Erreichbarkeit geprägt sind. Milliken beschreibt das planerische Vorgehen mit einer Leichtigkeit, bei dem gestandene Pädagogen, die ihre konzeptionellen Tätigkeiten im komplexen Verbund der traditionell besetzten Termini von Zielen, Inhalten und Methoden verstehen, mitunter neidisch werden könnten.

Christine Mast legt anschließend die Konzeption des Buches dar und verweist auf den empfehlenden Charakter. Beiden Autorinnen ist es ein Anliegen, den Lesenden mit den Projektbeschreibungen detaillierte Anregungen für die eigene künstlerisch-musikpädagogische Arbeit zu vermitteln, wohl wissend, dass sich viele der hier beschriebenen Dinge im ganz normalen budgetlosen Alltag an einer Schule, Musikschule oder auch in einem der anderen deutschen Berufsorchester vermutlich nicht werden umsetzen lassen.

Die folgenden zehn Projektbeschreibungen sind altersspezifisch eingeordnet, detailliert beschrieben sowie mit sämtlichen organisatorischen Voraussetzungen und der jeweils erforderlichen „Manpower“ bezüglich Musikern, Experten und Künstlern verschiedener Disziplinen versehen. Die einzelnen Projekte tragen klangvolle Titel wie „MusicArt-Lichter“ oder „MusicTanz-Ionisation“ und verweisen damit unmittelbar auf die jeweiligen Schwerpunkte in Verbindung von Musik und anderen künstlerischen Disziplinen. Bevor konkrete Hilfen struktureller Art zur Umsetzung der Projekte gegeben werden, sind jeder einzelnen Beschreibung die Projektziele sowie Informationen zu dem jeweiligen Referenzwerk vorangestellt. Insbesondere die einzelnen Stücke, welche ausnahmslos aus dem 20. Jahrhundert stammen, liefern auch unabhängig von den hier beschriebenen Workshops zahlreiche konkrete Anregungen für einen weiterführenden Umgang.

Irgendwann dringt der Leser in jeder Projektbeschreibung zu der Rubrik „Zur Umsetzung des Projekts“ vor. Die Überschriften Team, Musiker, Zeitplan, Raumbedarf, Ausstattung sowie Bühnentechnik/Lichttechnik für die Aufführung lassen keine Wünsche offen; jede einzelne Rubrik ist fundiert beschrieben und regt sicher auch bei all jenen Lesenden Lust auf neue Herangehensweisen an, die bislang Respekt vor dem Einsatz notwendiger digitaler Medien und technischer Raffinessen hatten.

Anschließend werden die einzelnen Workshopphasen so detailgetreu beschrieben, dass man sich angeregt fühlt, direkt damit zu beginnen, selbst eines der beschriebenen Projekte auf den Weg zu bringen oder ein eigenes zu entwickeln. Die beiliegende DVD mit Filmmaterial verschafft einen tiefen Einblick in die Projekte: seien es die Musikerpersönlichkeiten selbst, die Experten für Tanz, bildende Kunst und digitale Medien oder Gespräche mit den beteiligten Komponisten, sofort vermittelt sich einem das Gefühl, dass hier nichts dem Zufall überlassen bleibt und in der Durchführung keine Kompromisse nötig waren.

Spätestens an dieser Stelle findet der engagierte Leser zurück in seinen eigenen Berufsalltag und muss mit Schrecken feststellen, welch enormer personeller, finanzieller und materieller Aufwand bei Zukunft@BPhil mit jedem einzelnen Workshop verbunden ist. Allein die Ausstattung für das Kunstprojekt MusicArt-Blitzlichter, an dessen bildnerischen Workshops maximal 40 Schüler sechs Tage à 2,5 Stunden beteiligt sind, erfordert eine Materialausstattung, mit der das gesamte Kunstlehrerkollegium einer Schule in Zeiten knapper Budgets mit allen Klassen in der Regel wohl ein ganzes Schuljahr lang wird auskommen müssen. Auch bei den anderen Projekten wird deutlich, welch wünschenswerter Personalschlüssel sich ergibt, wenn neben den Musikern auch noch fünf bis neun Experten anderer Disziplinen an der Durchführung und Organisation der Projekte beteiligt sind; ein Zustand, von dem wohl viele Lehrkräfte in ihrem ganz normalen Schulleben nur träumen können. Mitunter ergeben sich beim Lesen kleine Irritationen, beispielsweise dann, wenn es heißt: „Die kreative Beschäftigung mit dem Thema steht jederzeit im Vordergrund; in keinem Moment soll bei den Schülern der Eindruck einer Lehrstoffvermittlung entstehen“. Sind es kleine Sticheleien gegen andere Formen von Musikunterricht oder befinden sich die Verantwortlichen von Zukunft@BPhil tatsächlich in dem Glauben, dass sich Kreativität und Stoffvermittlung ausschließen? Diese Frage bleibt ebenso unbeantwortet wie der Wunsch nach einer Definition für den hier gebräuchlichen Umgang mit dem Begriff der Kreativität. Der Terminus findet im Verlauf des gesamten Buches inflationär Verwendung, und es kommt mitunter das Gefühl auf, dass hier übersehen wird, wie eng und zeitintensiv die Tätigkeiten Produzieren, Improvisieren, Reflektieren und hartes Arbeiten zusammen gehören, um Menschen aller Altersstufen dem Wortsinn gemäß kreativ zu selbständigem Handeln und Problemlösungen zu erziehen. Dennoch:uneingeschränkte Empfehlung für ein gut konzipiertes und gestaltetes Buch.

Christine Mast und Catherine Milliken: Zukunft@BPhil. Die Education-Projekte der Berliner Philharmoniker. Unterrichtsmodelle für die Praxis, Buch mit DVD, Paperback, 240 Seiten, Schott Music, Mainz, 2008, E 29,95, ED 20228, ISBN 978-3-7957-0151-2
 

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