Am 26. April fand in Wolfenbüttel ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt zur musikalischen Qualifikation von Erzieherinnen und Erziehern seinen vorläufigen Abschluss. In einer Kooperation zwischen dem Landesverband der Volkshochschulen Niedersachsens, dem Landesverband niedersächsischer Musikschulen und der Bertelsmann-Stiftung war es gelungen, nahezu 300 pädagogische Fachkräfte aus Kindertagesstätten musikalisch fortzubilden und so einen Grundstein zu einer verbesserten musikalischen Bildung bereits im frühen Kindesalter zu legen.
In fünf Modulen beschäftigten sich die Erzieherinnen mit den Bereichen Singen und Stimme, Rhythmuserfahrung, Musik und Bewegung, Hören und elementares Instrumentalspiel. Dabei wurde besonderer Wert auf die Vernetzung der einzelnen Bereiche sowie die Möglichkeit einer schnellen Umsetzung in der Praxis gelegt, jedoch auch das erforderliche theoretische Hintergrundwissen vermittelt. Den Dozenten, überwiegend aus dem Bereich der musikalischen Früherziehung der Musikschulen, ließ das Konzept des Projektes viele Freiheiten, sowohl in der Ausgestaltung der einzelnen Module und der Art der Abschlussprüfung als auch in der zeitlichen Struktur der Fortbildung, um eine optimale Anpassung an den jeweiligen Teilnehmerkreis zu ermöglichen.
Auf der Abschlusstagung, unterstützt durch die Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel, trafen sich noch einmal circa 160 der am Projekt Beteiligten, teils um in Workshops bei namhaften Dozenten weitere Impulse für ihre Arbeit zu erhalten (Robert Göstl, Antje Körner, Ulrich Moritz und Prof. Barbara Stiller fanden sich dazu bereit), teils um ein Resumee des Projektes zu ziehen. Gleichzeitig wurden die Ergebnisse der zwei, das Projekt begleitenden Evaluationsstudien veröffentlicht. Was hat die Fortbildung gebracht?
Bereits zuvor wurde in den jeweiligen Kindertagesstätten musiziert und gesungen, mehr als drei Viertel der Teilnehmerinnen besaßen eine musikalische Vorbildung, konnten Noten lesen oder hatten ein Instrument erlernt. Durch die Fortbildung änderte sich die Quantität musikalischer Aktivitäten in den Tagesstätten nur wenig, umso mehr jedoch ihre Qualität. „Ich bin mir viel sicherer geworden, wie ich an Musiksachen herangehe, so dass ich merke, dass sie auch den Kindern Spaß machen und dass dann die Kinder auch Lust bekommen.“, berichtet eine Teilnehmerin; „Man geht mehr an die Sache ran, ohne viel zu erklären, zu erzählen. Man macht einfach.“, eine andere. Diese neue Sicherheit im methodischen Vorgehen, im Umgang mit Instrumenten und nicht zuletzt der eigenen Stimme wurde von vielen Teilnehmerinnen hervorgehoben.
Die veränderte Haltung Musik gegenüber wirkte sich positiv auf das eigenständige Musizieren der Kinder aus. Die Evaluation des Instituts für Entwicklungspsychologie der TU Braunschweig unter der Leitung von Prof. W. Deutsch konnte eine deutliche Zunahme gemeinsamer, auch selbst initiierter musikalischer Aktivitäten nachweisen. In vielen Tagesstätten gaben die Teilnehmerinnen zudem ihr Wissen an Kolleginnen weiter und wirkten als Multiplikatorinnen. Die Dozenten empfanden die inhaltliche Offenheit des Curriculums als sehr positiv, bemängelten jedoch dessen zu großen Umfang. In enger Zusammenarbeit mit Entwicklern und Teilnehmern der Fortbildung wurde daher das Lehrwerk überarbeitet, ergänzt und gestrafft.
Etliche der Teilnehmer wünschen sich auch über das Ende der Fortbildung hinaus eine Begleitung ihrer musikalischen Arbeit, sodass auch hier neue Aufgabenfelder für die Musikschulen entstehen können. Bei dem Schritt zur Erwachsenenbildung benötigen die Dozenten jedoch Unterstützung, um ihr Wissen und ihre Erfahrung optimal weitergeben zu können. Diese hat im abgeschlossenen Projekt leider so gut wie nicht stattgefunden.
Die anwesenden Vertreter der Musikschulen und Volkshochschulen berichteten über eine durchweg sehr gute und befruchtende Zusammenarbeit, bedauerlicherweise gab es in dem Projekt aber auch Kooperationsverbünde, die sich im Gerangel um Zuständigkeiten, Prestigefragen und nicht zuletzt finanziellen Belangen aufrieben und zerbrachen.
Einig waren sich alle Teilnehmer der Fachtagung, dass die erfolgreiche Fortbildung „Kita macht Musik“ im Interesse der Kinder und der Musik in Niedersachsen weitergeführt werden muss. Hamburg hat das Projekt bereits übernommen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg werden im Herbst dieses Jahres folgen. Wenn sich die Bertelsmann-Stiftung nun aus der Förderung in Niedersachsen zurückzieht, braucht dieses wichtige Projekt landeseigene Partner und Förderer, um weiterhin lebensfähig zu bleiben.
Daneben darf auch nicht vergessen werden, dass in der grundständigen Ausbildung zur Erzieherin beziehungsweise zum Erzieher immer noch erhebliche Defizite im Bereich der Musikerziehung, insbesondere beim Singen mit Kindern, bestehen. Ein freiwilliges Projekt, dessen Teilnahme die Erzieherinnen zu großen Teilen selbst finanzieren, kann dafür kein Ersatz sein.