Das Landesmusikgymnasium (LMG) in Montabaur ist die einzige Schule ihrer Art in Rheinland-Pfalz. Etwa 440 musikalisch interessierte und begabte Schülerinnen und Schüler erhalten hier neben einer vollwertigen gymnasialen Ausbildung eine intensive musikalische Förderung. Musik ist vier- bis fünfstündiges Hauptfach, alle Schüler erhalten kostenfreien Instrumentalunterricht, vielfältige Musiziermöglichkeiten in Kammermusikensembles, Chören, Orchestern, Bands ergänzen das schulische Angebot. Der Schule ist ein Internat mit 90 Plätzen angeschlossen. Anlässlich des 25. Geburtstags des LMG sprach Charlotte Oelschlegel mit Schulleiter Richard Moser.
neue musikzeitung: Wie hat sich die Schule in den letzten 25 Jahren entwickelt?
Richard Moser: Großartig! Im Jahr 1990 kam Jürgen Setzkorn als neuer Schulleiter an das damalige Aufbaugymnasium. Kurz nach Amtsantritt erfuhr er, dass die Schule bereits im kommenden Jahr überraschenderweise in ein Musikgymnasium umgewandelt werden sollte. In Windeseile galt es ein Konzept zu entwickeln, das in den Folgejahren sukzessiv mit einer großen Planungsgruppe weiterentwickelt wurde. Schritt für Schritt wurden Instrumentallehrer eingestellt und Modalitäten gefunden. Immer deutlicher wurde aber auch, dass es viel zu wenig Instrumente an der Schule gab und dass die Räume nicht ausreichten. An bestimmten Tagen war wirklich jede Besenkammer besetzt, da der Platz für den Instrumentalunterricht gebraucht wurde. Durch die Entscheidung Ganztagesschule in Angebotsform zu werden, konnte mit den damals verfügbaren Bundesmitteln ein neues Gebäude, speziell für die Musik, erbaut werden. Seit seiner Inbetriebnahme 2009 bietet es nun mit hervorragender Erstausstattung beste Arbeitsbedingungen für Lehrende und Schüler. Diese Rahmenbedingungen in Verbindung mit einem ausgereiften Schulkonzept machen unsere Schule auch als Arbeitsplatz sehr attraktiv. So können wir bei Stellenausschreibungen unter Bewerbern aus dem ganzen Bundesgebiet auswählen und wirklich exzellente Lehrkräfte verpflichten.
nmz: Was zeichnet das LMG im Vergleich zu ähnlichen Einrichtungen in anderen Bundesländern besonders aus?
Moser: Wir legen sehr großen Wert darauf, dass wir unseren Schülern eine valide Gymnasialbildung vermitteln, die zu jedwedem Studium befähigt. Musikalisch ist unser Konzept sehr breit angelegt. Neben dem individuellen Instrumentalunterricht und dem Musizieren in Kammermusikensembles wirken alle Schüler in mindestens einem größeren Ensemble mit. Wir haben sechs Chöre, sechs Orchester, ein Gitarrenorchester, ein Ensemble für Neue Musik, eine profilierte Jazzabteilung mit Big Bands und vieles mehr. Das bietet unendliche Möglichkeiten für unsere Schüler, vielfältige musikalische Erfahrungen zu sammeln.
nmz: Auf was wird in der musikalischen Erziehung Wert gelegt?
Moser: Das oberste Ziel ist, dass die Freude an der Musik nicht verloren geht. Deswegen versuchen wir mit unserem breit angelegten musikalischen Angebot sehr individuell auf die einzelnen Schülerpersönlichkeiten einzugehen. Natürlich möchten wir die Schüler, die ein Musikstudium anstreben, optimal darauf vorbereiten. Dabei hilft ein klar strukturiertes Curriculum. Tonsatz- und Gehörbildung sind fester Bestandteil des gymnasialen Musikunterrichts. Jedes Halbjahr präsentieren die Schüler ihre musikalischen Fortschritte bei einem benoteten Vorspiel, bei dem es bestimmte Pflichtstücke gibt, um am Ende der Schulzeit das Niveau einer Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule zu erreichen. Im Endeffekt streben tatsächlich ein Drittel unserer Schüler ein Musikstudium an.
nmz: Wie ist die „Erfolgsquote“ der Schüler des Musikgymnasiums im nationalen Vergleich?
Moser: Knapp 200 Schüler nehmen jährlich am Regionalwettbewerb „Jugend musiziert“ teil. Um die 100 qualifizieren sich für den Landeswettbewerb, davon gehen circa 40 in den Bundeswettbewerb und werden dort mit Preisen ausgezeichnet. Unsere Chöre und Orchester sind seit Jahren regelmäßig Preisträger bei den großen nationalen und internationalen Wettbewerben. So hat allein unser Gitarrenorchester viermal in Folge den Deutschen Orchesterwettbewerb gewonnen, unsere Kammerphilharmonie erhielt dort 2012 den Sonderpreis für die beste Darbietung des gesamten Deutschen Orchesterwettbewerbs. Seit Jahren qualifizieren sich unsere Chöre für den Deutschen Chorwettbewerb und erreichen dort Spitzenplatzierungen. Aber auch unsere Jazzer genießen bundesweit einen sehr guten Ruf und wurden beispielsweise beim 1. Deutschen Big-Band-Wettbewerb 2010 als beste Jugend-Big-Band ausgezeichnet.
nmz: Was müssen die Schüler leisten, um auf die Schule zu kommen, und wie sieht ihr Alltag aus?
Moser: Wenn man sich für Klasse 5 bewirbt, zählen eigentlich nur die musikalische Begabung und das Interesse an Musik. Wir machen einen umfangreichen Eignungstest, bei dem die Schüler auch nicht unbedingt ein Instrument spielen müssen. Bei späterem Einstieg sollten die Fähigkeiten am Instrument dem Anforderungsniveau des jeweiligen Jahrgangs entsprechen. Der Unterricht am Gymnasium beginnt kurz vor acht und umfasst sechs Schulstunden am Tag. Die älteren Schüler haben zum Teil auch Nachmittagsunterricht. Hinzu kommen einmal wöchentlich der individuelle Instrumentalunterricht und eine Ensembleprobe. Viele Schüler sind aber so begeistert, dass sie darüber hinaus in weiteren Orchestern oder Chören mitwirken und auch noch vielfältig Kammermusik betreiben.
nmz: Was wird zum 25-jährigen Jubiläum der Schule geboten?
Moser: Wir erstellen gerade eine Festschrift, die nicht nur die Entstehungsgeschichte der Schule beschreibt und die große Vielfalt unserer Aktivitäten dokumentiert, sondern auch eine ganze Reihe Rückmeldungen von Ehemaligen beinhaltet. Deutlich wird hier einerseits die besondere Wirksamkeit unseres Schulkonzepts für eine positive Persönlichkeitsentwicklung, andererseits aber auch die Bandbreite der beruflichen Lebenswege. Das Spektrum reicht von Absolventen, die mittlerweile in namhaften Orchestern eine Anstellung gefunden haben über international tätige Jazzmusiker mit vielfältigen Auszeichnungen, Filmmusikkomponisten, Musikpädagogen aller Spielarten bis hin zu Juristen in internationalen Spitzenkanzleien oder auch einem Professor für Nanotechnologie in Amerika. Ansonsten feiern wir natürlich mit Konzerten. Das Eröffnungskonzert wird von zwei unserer bekanntesten Absolventen, Martin Stadtfeld und Benedict Kloeckner, am 4. September in der Montabaurer Mons-Tabor-Halle gestaltet. Die eigentliche Jubiläumswoche beginnt am 2. Oktober mit einem Chorsymphonischen Festkonzert und endet nach mehreren Feierlichkeiten am Samstag, den 8. Oktober, mit dem Konzert der Big-Band des Landesmusikgymnasiums.
Interview: Charlotte Oelschlegel