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György Ligeti kam auch bis Afrika

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Ein musikalischer Ferienworkshop für Kinder im Kölner Stadtgarten
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„Yamoh, Yamoh. Amba!“, so begrüßen sich Kinder an Afrikas Elfenbeinküste. Der Gruß ist Auftakt eines Ferienworkshops für Kinder und Jugendliche von 8 und 18 Jahren, veranstaltet von der KölnMusik und Offenen Jazz Haus Schule Köln. Was die Wörter bedeuten, ist weniger wichtig. Wohl aber der Spaß am Klang der Silben, dem Rhythmus, der Bewegung, dem Miteinander.

Angestoßen wurde die Workshop-Idee seitens der Köln Musik, anlässlich ihrer Konzertreihe zum 80. Geburtstag von György Ligeti. Lange Zeit hat sich der ungarische Komponist mit afrikanischer Musik auseinander gesetzt, mit den „musikalischen Illusionsgestalten“ polyphoner Klänge aus Uganda, Malawi, Simbabwe und Kamerun. Ein musikalischer Brückenschlag zwischen Kontinenten und Kulturen. „Ligeti in Afrika“: unter diesem Motto konnten nun die Kinder und Jugendlichen an fünf Tagen im vergangenen Herbst in den mittelalterlichen Räumen der Kölner Eigelsteintorburg durch den Bau eines Balaphons und eigenes Musizieren Gemeinsamkeiten und Unterschieden zeitgenössischer europäischer und afrikanischer Musiktradition auf die Spur kommen.

Ein Bala- was? Die Kinder rätseln ein bisschen herum. „Wir wussten nie, dass es so Balaphone gibt und dass da „Bala“- vorkam. Wir haben nämlich immer gedacht, dass das Megaphon oder Xylophon oder Telefon oder so was heißt,“ gesteht Julia, ein 10-jähriges Mädchen aus der Kindergruppe. Inzwischen weiß sie, was ein Balaphon ist: ein bisschen sieht es aus wie ein zu groß geratenes Xylophon, nur sind die Klangstäbe nicht aus Metall, sondern aus Hartholz und unter dem Gestell aus Holzstäben sind Kalebassen als Resonanzkörper angebracht.

Geleitet wurde der Workshop von dem Kölner Jazzpianisten Hans Lüdemann und dem afrikanischen Balaphon-Spieler Ali Keita. Beide verbinden zahlreiche gemeinsame Projekte und ihre Band, das „Trio Ivoire“. Mehrfach reiste Hans Lüdemann bereits nach Afrika, schnitzt, bis er zur temperierten Stimmung des Klaviers passt. Jetzt sind die Balaphone fertig. Die Kinder sind stolz und Valerie findet, dass ihr selbst gebautes Balaphon richtig professionell aussieht: „Als hätte das jemand gemacht, der das schon ganz oft gemacht hat.“ Für heute ist die Arbeit geschafft. Zum Abschied spielen sie noch ein afrikanisches Kinderspiel. Wildschwein fangen. Alle stehen mit gegrätschten Beinen hintereinander, einer krabbelt durch den Tunnel und ruft dabei den afrikanischen Wildschweinruf. Klatschen, Singen, Bewegen – es werden viele Ebenen angesprochen, sich der afrikanischen Musik zu nähern. Weitgehend ohne Noten, stattdessen durch konzentriertes Zuhören, auf das, was die anderen machen. Die Kinder sind begeistert dabei. Vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil sich Ali Keita und Hans Lüdemann nicht als Pädagogen verstehen, die „Wissen“ vermitteln wollen, sondern als Musiker, denen es in erster Linie ums gemeinsame Spiel und den Spaß an der Musik geht. Eine Grundüberlegung, die bei der Konzeption des Workshops für Rainer Linke, den Leiter der Jazz Haus Schule, und Agnes Rottland, der Koordinatorin für Kinderprojekte der KölnMusik, besonders wichtig war. Die Begegnung und Zusammenarbeit mit professionellen Musikern sollte die Wahrnehmung und Urteilsfähigkeit der Kinder schärfen, den eigenen musikalischen Erfahrungsschatz kreativ erweitern und die Offenheit und Aufnahmebereitschaft für aktuelle Musik fördern, ein wesentlicher Bestandteil unserer vielschichtigen Kultur. Doch bei allem kreativen Elan und wohl überlegten Konzepten: ohne zusätzlich bereit gestellte Gelder wäre ein solches Projekt nicht zu realisieren. In diesem Fall kam die finanzielle Unterstützung von Seiten der rhein land ag. Eine partnerschaftliche Initiative der Städte Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg, deren jeweilige Kulturdezernenten das kulturelle Profil der Region von Rhein und Ruhr stärken und mit Unterstützung des Kulturministeriums NRW identitätsstiftende, kulturelle Schwerpunkte setzen wollen. Das Workshop-Konzept von KölnMusik und Jazz Haus Schule überzeugte.

Haben die Kinder in den ersten Tagen über das Bauen der Balaphone und ihrem spielerischen Umgang mit afrikanischer Musik und einem Jazzstück von Hans Lüdemann verschiedene Bereiche improvisierter Musik kennen gelernt, steht als nächstes eine Ligeti-Etüde seines „Zauberlehrlings“ auf dem Programm. Zusammen mit Hans Lüdemann klatschen einige Kinder gerade Viertel, die anderen versuchen, genau in die Pausen zu treffen. Das braucht Zeit, Ausdauer und Geduld. Ali Keita und Hans Lüdemann können davon den Kindern genug vermitteln. Mit den vertrackten Rhythmen der Ligeti-Etüde im Ohr besuchen sie nun eine Probe mit Pierre-Laurent Aimard in der Kölner Philharmonie. Der französische Pianist, Spezialist für die Musik György Ligetis, stellt ihnen anschaulich einige Ligeti-Etüden vor. Er spricht in Bildern und Geschichten. Etwa dieser, wie Ligeti während eines Aufenthalts in Amerika jeden Tag mit dem Fahrrad einen steilen Berg in Serpentinen hochfahren musste und ihm dabei regelmäßig die Puste ausging. Die chromatischen Töne, die jetzt mal drängend nach vorne preschen, mal stotternd ins Nichts versinken, malen die Szene plastisch nach. Die körperlichen Mühen des Komponisten kann man sich lebhaft vorstellen. Bei einer anderen Etüde spricht Aimard von Motten, die Löcher in einen Teppich fressen. Auch in die Partitur scheinen sie Löcher gefressen zu haben, wenn die Finger der linken Hand Tasten heruntergedrückt lassen, über die die rechte Hand rasend schnell hinwegspielt. Paradox für den Pianisten, Tonfolgen zu spielen, von denen nicht alle Töne zu hören sind. Beinahe komisch für die Zuhörer, wenn sie mit der Nase so dicht dabei sind wie die Workshop-Kinder. Zum Konzert mit Pierre-Laurent Aimard am Samstagabend sind alle Kinder eingeladen. Der Eintritt ist in der Kursgebühr bereits enthalten.

Ein anderes Highlight des Konzerts: ein Auftritt der AKA-Pygmäen. 1,40 Meter große Männer und Frauen aus Zentralafrika stellen den traditionellen, hoch komplexen polyrhythmischen Gesang ihres Volkes vor. Die Kinder sind nachhaltig beeindruckt. „Begegnung mit Fremden und Fremdem“: ein weiteres erklärtes Ziel der Initiative von Jazz Haus Schule und KölnMusik. Die erste Kooperation beider Institutionen verlief überaus erfolgreich. Freilich kein Zufallsprodukt, denn beide verfügen über langjährige Erfahrung in der Kinder- und Jugendarbeit. So veranstaltet die KölnMusik regelmäßig in Kooperation mit dem WDR und dem Büro für Konzertpädagogik „Response“-Projekte, bei denen Kinder und Jugendliche aus Kölner Schulen unter Anleitung von Komponisten Stücke zu einem bestimmten Thema erarbeiten und auf den Konzertbühnen des WDR oder der Kölner Philharmonie aufführen. Die Offene Jazz Haus Schule bietet in Kursen, Workshops und Weiterbildungsmaßnahmen Unterricht für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an, mit dem Ziel des „kreativen, verantwortungsvollen und selbstständigen Umgangs mit Musik, der Förderung der Gesamtpersönlichkeit von Kindern und Jugendlichen und der Integration verschiedener ethnischer, religiöser und sozialer Gruppen.“
Für die Workshop-Kinder geht es nach der Probe mit Pierre-Laurent Aimard weiter zum Stadtgarten, einem der maßgeblichen Veranstaltungsorte für Jazzkonzerte in Köln. Die Balaphone stehen schon im Halbkreis auf der Bühne. Für einige Kinder ist es der erste Auftritt, ein bisschen Aufregung gehört wohl dazu. Das Konzert wird ein voller Erfolg. Das Publikum erklatscht sich begeistert Zugaben. Für die KölnMusik und Offene Jazz Haus Schule wird es nicht das letzte gemeinsame Projekt sein. Der nächste Workshop mit den Teilnehmern, die auch diesmal dabei waren, ist bereits geplant. Dann findet das Abschlusskonzert in der Kölner Philharmonie statt, pünktlich zum Kindertag am 20. Mai. Andere Kinder, die die Philharmonie an diesem Tag besuchen werden, können unter Anleitung der Workshop-Kinder und des „Trio Ivoire“ auf den Balaphonen spielen. Ob der Workshop allerdings stattfinden wird, hängt von der finanziellen Förderung des Landes NRW ab. Verbindliche Zusagen gibt es noch nicht.

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