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Spuren der Begeisterung hinterlassen

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Konzerterlebnisse in der Kindheit als nachhaltiger Ansporn für das aktive Musizieren
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Die naturgemäß starke Fluktuation in Kinderchören bedingt eine ständige Nachwuchssorge für Chorleiter oder anderweitig Verantwortliche. Ob auf professioneller Ebene, von der zu berichten dem Autor seine Tätigkeit bei den Regensburger Domspatzen die Möglichkeit gibt, oder in kleinen Dorfchören (auch einen solchen leitet der Verfasser seit über zwölf Jahren): die Aufgabenstellung bei Konzertprojekten ist beinahe immer eine doppelte. Präsentation der Arbeitsergebnisse und zugleich aber Werbung für die eigene Sache, Werbung um kleine Sänger und Sängerinnen.

Die naturgemäß starke Fluktuation in Kinderchören bedingt eine ständige Nachwuchssorge für Chorleiter oder anderweitig Verantwortliche. Ob auf professioneller Ebene, von der zu berichten dem Autor seine Tätigkeit bei den Regensburger Domspatzen die Möglichkeit gibt, oder in kleinen Dorfchören (auch einen solchen leitet der Verfasser seit über zwölf Jahren): die Aufgabenstellung bei Konzertprojekten ist beinahe immer eine doppelte. Präsentation der Arbeitsergebnisse und zugleich aber Werbung für die eigene Sache, Werbung um kleine Sänger und Sängerinnen.Aufrufe, Handzettel, Plakate drohen im Überangebot der Informationen über Freizeitangebote unterzugehen. Zudem kann der eigentlich wertvolle Inhalt des Singens zwar verbalisiert werden, aber er ist in solch theoretischer Form nicht unbedingt leicht verständlich. Überzeugender ist das klingende und direkt berührende Beispiel.

Konzerte sind für die ausführenden Kinder eine ganz wesentliche Bestätigung für ihr Bemühen um Fortschritte. Wohlwollende Erwachsene sind dabei die nahe liegenden Adressaten. Aber stärker beziehungsweise noch stärkender wirkt es, wenn das Publikum aus nahezu gleichaltrigen besteht. Es lässt sich am Applaus messen, dass selbst denjenigen, die sonst „Singen blöd“ finden, die Darbietungen gefallen, dass sie großen Respekt vor der spürbaren Leistung der anderen haben. Wie könnte man besser Selbstvertrauen und Selbstständigkeit – zwei wesentliche Voraussetzungen für das Singen – bahnen?

Viele Domspatzen unterschiedlichen Alters berichten von einem Konzerterlebnis in ihrer Kindheit als auslösendem Moment, den Eintritt in den Regensburger Domchor anzustreben. Auf dieser Ebene sind es durchaus auch Äußerlichkeiten, die ansprechen: die festliche Atmosphäre eines Saales oder einer Kirche, das Erscheinungsbild des Chores mit Anzug oder Chorrock (eigenartig – aber vielleicht eine unterbewusste Sehnsucht nach Ordnung, nach Ästhetik?), das große Auditorium und die eigentlich immer begeisterte Resonanz. Nicht zuletzt freilich spüren auch Kinder sehr gut Qualität jeglicher Art. Die „klassische“ Literatur hinterlässt viel tiefere Spuren, als das unsere Spiel- und Spaß- (fun- and action-) Vorstellung von Kinderseelen diesen zutraut. Auch das von Natürlichkeit geprägte Ausloten aller stimmlichen Möglichkeiten „berührt“ Kinder beinahe körperlich.

Der kleine Gesangsverein-Kinderchor wirbt freilich mit anderen Mitteln und Wirkungen, die jedoch nicht weniger wertvoll sind. Die bloße Tatsache, dass Kinder Kinder singen sehen, kann alleine nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wie soll ein junger Mensch motiviert werden, etwas zu tun, das – so die Lebens- und Erfahrungswelt vieler unserer Kinder – ja eigentlich kein anderer tut, respektive tun will? Wenn dann noch Spaß und Freude, darüber hinaus vielleicht sogar noch ein breiteres Spektrum an Emotionen fühlbar werden, springt der Funke schnell über. Und sollte die Leistung auch auf niedrigerem Niveau sein als bei einem professionellen Ensemble: ehrliches und intensives Bemühen wird immer Zuspruch finden.

Nun sollte die Musik, das Singen, der Chor auch noch den entscheidenden Schritt aus dem künstlerischen Glashaus heraus machen und sich auf die Kinder zubewegen, die man erreichen will. Konzerte „für Kinder“ anzukündigen, an neutralem Ort zu veranstalten und dann im Stile des klassischen Konzertbetriebes darauf zu warten, wer kommt, ist nicht schlecht.
Aber es werden wieder nur diejenigen kommen, die ohnehin (zumindest vom Elternhaus her) sensibilisiert sind. Auf Kindergärten, Schulen und Pfarrgemeinden zuzugehen und öffentliche (kommunale) Anlässe für Auftritte zu nutzen – das sind die entscheidenden Schritte, sich einem neuen Klientel zu öffnen. Die letzte und für den nachhaltigen Erfolg wichtigste Frage ist dann, was man anbietet. Kindermusicals (oder etwas altertümlicher Singspiele genannt – wo ist da eigentlich der Unterschied?) sind hoch im Kurs und erzielen nicht zuletzt durch den meist erheblichen Aufwand „drumherum“ großen Effekt.

Um bewusst andere (nicht Gegen-!) Akzente setzen zu können, bedarf es einigen Mutes und großer eigener Überzeugung vom Wert einer vielfältigen Literatur. Nur kleine Beispiele aus der eigenen Arbeit sollen andeuten, was damit gemeint sein könnte:

  • In einem Saal mit 100 Erwachsenen und 200 Kindern von 4 bis 10 wird es ungelogen mucksmäuschenstill, wenn am Ende eines Kinderkonzertes 30 Buben ihre Bitte um Frieden für die Welt mit dem gregorianischen „Da pacem domine“ formulieren.
  • Die hoffnungslos überstrapazierte Kleinform „Kanon“ wird lebendig, wenn sich aus verschiedenen Ecken des Zuschauerraumes die Gruppen aufeinander zubewegen und sich auf der Bühne zum gemeinsamen Singen vereinigen.
  • Eine neue Komposition, die „einfach nur so gehört“ sicher manchen Zuhörer eher in seinen Vorurteilen bestätigt hätte, wird zum begeistert aufgenommenen Höhepunkt eines Konzertes, weil der Komponist anwesend ist und mit seinem jungen Publikum ins Gespräch kommt.
  • Und gängige Volkslieder schließlich ermöglichen ein Gemeinschaftserlebnis besonderer Art, weil Jung und Alt einstimmen und die Grenzen zwischen Hörern und Sängern zerfließen.

Der Kernpunkt bleibt: Wer in Konzerten für Kinder die kleinen und doch schon so großen Persönlichkeiten berührt, darf sicher sein, dass er auch über den Moment hinaus begeistert und dass „die Kindlein zu ihm kommen“.

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