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Wenn ältere Erwachsene zum Instrument greifen

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Auch im Alter: Musik – über einen neuen Trend in der überalternden Gesellschaft · Von Asmus Hintz
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Der demographische Wandel bestimmt die gesellschaftspolitische Diskussion. Immer mehr Menschen werden in den Industriegesellschaften immer älter und finden immer weniger Arbeit. Die Lebensarbeitszeit wird kürzer, auch weil mehr „jüngere Ältere“ aus dem Arbeitsprozess entlassen werden. Die Zahl der Single-Haushalte wächst, die Kinderlosigkeit in unserer Gesellschaft nimmt zu und die Alterspyramide steht auf dem Kopf. Der stetig wachsenden Gruppe der Alten steht eine stetig kleiner werdende Gruppe von Arbeitnehmern gegenüber: der Generationenvertrag droht seine sozioökonomische Basis zu verlieren, und Demographen prognostizieren für die Zeit um 2050 einen Kollaps der Sozialsysteme. Die verschiedenen Altersstufen stehen einander mit Unverständnis gegenüber: Alte vergessen, dass sie jung gewesen sind oder dass sie jetzt alt sind, und Junge erkennen nicht, dass sie die Alten von morgen sein werden.

Senioren

Der ältere Mensch wird auch als „Senior“ bezeichnet – aber wer ist ab welchem Alter ein Senior? Allgemein werden Menschen ab 60–65 Jahren als „Senioren“ bezeichnet. Von allen Altersgruppen verfügt diese über das größte Freizeitpotenzial. Mit der Gestaltung dieser Freizeit wird sich intensiv auseinandergesetzt, denn vielfach möchte man im Rentenalter Aktivitäten nachholen, für die vorher zu wenig oder keine Zeit war. Die Ansprache („Bewerbung“) dieser Altersgruppe erweist sich allerdings als schwierig. So beziehen sich die meisten Angebote der unterschiedlichen Anbieter des Profit- und des Non-Profitbereichs für Senioren auf die so genannten „New Generation“ und gelten für Menschen ab 50 Jahren (oft auch als „50 plus“ bezeichnet). Senioren lassen sich nicht gern als solche titulieren, weil sie das Alter in der Ansprache als Ausgrenzungskriterium erleben. Der 50-Jährige will auf keinen Fall als „alt“ gelten, der 60-Jährige noch lange nicht, der 65-Jährige fühlt sich topfit, der 70-Jährige ... Die Bezeichnung „älterer Erwachsener“ hingegen findet eher Zustimmung: Mit 50 ist man ein alter Junger, mit 60 ein junger Alter, mit 70 mittelalt und ab 80 alt. Typische „Seniorenangebote“ finden daher erst bei den über 70-Jährigen Zuspruch. Anders verhält es sich mit altersgebundenen Vergünstigungen sowie der Inanspruchnahme von Angeboten zu für Arbeitnehmer ungünstigen Zeiten: diese werden im Allgemeinen gern angenommen. Auch gibt es Ältere, die bewusst den Kontakt zu Jüngeren suchen und sich daher nicht auf spezielle Seniorenprogramme begrenzen lassen wollen.

Für die Wirtschaft stellt das Marktsegment der Älteren sowohl quantitativ als auch hinsichtlich der finanziellen Möglichkeiten neben Kindern und Jugendlichen künftig die wichtigste Zielgruppe dar. Wer auf die speziellen Bedürfnisse dieser Menschen eingeht, hat gute Chancen auf Akzeptanz. Das Segment „Senioren“ muss in mindestens zwei große Gruppierungen eingeteilt werden: die aktiven, rüstigen Rentner, die sich in ihrem Verhalten kaum von anderen Gruppen unterscheiden und die gesundheitlich beeinträchtigten Menschen. Ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Geselligkeit sowie die Annahme von Themen, die sich mit Fitness und Gesundheit beschäftigen, kennzeichnen die aktiven älteren Erwachsenen. In jedem Fall werden qualitativ hochwertige Produkte oder Dienstleistungen erwartet und oft auch beachtliche Finanzmittel eingesetzt.

Mit gängigen Angeboten werden in den seltensten Fällen Menschen aus Seniorenheimen und ähnlichen Institutionen angesprochen, da sie, abgesehen von der nachlassenden Motivation, weniger beweglich sind, um außerhalb ihres Heims Aktivitäten wahrzunehmen. Für diese Klientel bedarf es mobiler Angebote, um dort mit den Interessierten zu arbeiten.

Endlich Zeit!

Ein ehemaliger Geschäftsführer eines großen Medienunternehmens, Vater zweier erwachsener Kinder und Großvater, anlässlich seines 67. Geburtstages: „Auf die Zeit des Ruhestands hatte ich mich sehr gefreut. Endlich frei! Keine Termine und Verpflichtungen mehr. Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung pur. Zunächst habe ich mich um den Garten gekümmert, dann meinen Papierkram auf Vordermann gebracht und die notwendigen Reparaturen im und am Haus erledigt.

Das Meiste selbst gemacht! Aber nach einer gewissen Zeit hat man das ja alles im Griff. Gut, wir schlafen länger, lesen viel, hören Musik, gehen hin und wieder ins Theater, manchmal ins Konzert. Tolle Reisen haben wir gemacht: Indien, Südamerika, Ägypten. Noch sind wir ja mobil. Später wird das nicht mehr so möglich sein. Andererseits fühle ich mich immer noch sehr fit. Schade, dass ich nichts Richtiges mehr bewegen kann. Früher, da wurde man gefragt, da war man wichtig – und heute? Du bist eben nur noch Rentner. Dabei könnte ich noch so viel Nützliches bewirken, schließlich habe ich viel Erfahrung und ein immer noch funktionierendes Netzwerk interessanter Verbindungen. Ehrenamt? Nein, danke! Früher habe ich so etwas gemacht. Die Erfahrungen reichen mir. Immer alles diskutieren müssen. Mit irgendwelchen Leuten, die letztlich keine Ahnung von den Dingen haben und auch keine klaren Ziele verfolgen. Nein, etwas richtig Sinnvolles, das fehlt mir. Gut, ich habe wieder angefangen, Klavier zu üben, habe mir einen Lehrer genommen, und regelmäßig spiele ich mit zwei Leuten ungefähr in meinem Alter Jazzstandards. Das bringt Spaß. Hin und wieder bräuchten wir allerdings mal jemanden, der uns einige Tipps gibt, wie wir weiterkommen könnten. Immer das Gleiche und auf der Stelle treten bringt es auf Dauer auch nicht.“

„Hätte ich früher nur mehr Zeit gehabt“

Der Stoßseufzer „Hätte ich früher nur mehr Zeit gehabt, dann hätte ich ...“, ist lediglich ein Vorwand. Wir haben 24 Stunden Zeit pro Tag, setzen jedoch unterschiedliche Prioritäten. Die älteren Erwachsenen, zumal jene im Rentenalter, haben plötzlich viel Zeit. Warum zögern dennoch viele, ihren Wunsch(-Traum) zu verwirklichen?

Musikvermittlung– eine Zukunftsaufgabe

Die Allgegenwärtigkeit und permanente Konsumierbarkeit von Musik jeden Genres hat in den vergangenen 50 Jahren zu einem stark veränderten Umgang mit Musik geführt. Durch Rundfunk, Fernsehen, Walkman, CD, MP3-Player, durch eine große Vielfalt von Konzertveranstaltungen jedweder Art ist Musik zu einem Konsumgut geworden. Ob am Arbeitsplatz, im Kaufhaus, beim Zahnarzt, im Flugzeug, im Auto oder im Kuhstall: Ohne Musik geht nichts mehr. Für viele Menschen steht das Musikhören an vorderer Stelle ihrer Freizeitaktivitäten. Derzeit geht man davon aus, dass in der BRD 8 Prozent der Einwohner ein Musikinstrument spielen oder in Chören singen und dass etwa 22 Prozent der Bevölkerung früher einmal musizierend aktiv gewesen sind. Rund 30 Prozent der Bevölkerung könnten also im weiteren Sinne als „musikalisch aktiv“ betrachtet werden.

Dem gegenüber stehen 70 Prozent der Bevölkerung, die in keiner Form musizierend aktiv waren oder sind. Durch Elternhaus, Kindergarten, Schule und Freundeskreis erworbene Sing- und Musizierhemmungen unterschiedlicher Art halten sie davon ab. Die Eltern scheuen sich, ihrem Kind ein Liedchen vorzusingen, die Kindergärtnerin hält sich für unmusikalisch und hat es zudem in der Ausbildung ja auch nicht richtig gelernt. Eltern haben trotz der Verfügbarkeit von Musik kein abrufbares Liedgut mehr für die Kommunikation mit ihren Kindern parat; sie wissen nicht, was und wie sie mit ihren Kleinkindern spielen oder singen könnten.

Faktum ist: Die digitalisierte Klangwelt vermittelt den Menschen ein Nullfehler- und Perfektionsideal, das es in der Musizier-Praxis nicht gibt. Man fürchtet, diesem Standard nicht zu entsprechen und vermeidet daher eigene musikalische Betätigung.

Entfalten statt liften!

Die demographische Entwicklung in Europa stellt unsere Bildungssysteme vor neue Aufgaben. Nie war der Begriff „lebenslanges Lernen“ so aktuell wie heute. Der Anteil der über 50-Jährigen wächst stetig und wird in 20 Jahren mehr als 30 Prozent unserer Gesamtbevölkerung ausmachen. Einerseits müssen wir die großen Bildungspotentiale der frühkindlichen Persönlichkeit stärker und konsequenter fördern und andererseits musikalische Bildungsangebote für Menschen im dritten Lebensabschnitt entwickeln. Ältere Erwachsene entdecken für sich beispielsweise die bildende Kunst oder die Musik, die sie bereits in frühen Jahren faszinierte, mit der sie sich dann aber für einen längeren Zeitraum nicht beschäftigen konnten, als prägendes Element ihres Alltags. Man beschäftigt sich lebenslang gern mit Dingen, die aufgrund von Erziehung und Bildung zur geschätzten Gewohnheit geworden sind.

Voraussetzung für geistig aktives Altern

In diesem Sinne kann frühkindliche Bildung auch als eine wichtige Voraussetzung für geistig aktives Altern und Teilhabe an lebenslangen Lernprozessen verstanden werden. Die einen beleben in der Jugend erworbene Fähigkeiten wieder, und andere verwirklichen sich jetzt ihren Traum und erlernen ihr Wunschinstrument. Aktives Musizieren, Singen oder Tanzen kann für jeden Menschen bis ins sehr hohe Alter hinein zu einer lebendigen Erfahrung werden. Gleichzeitig aber erleben musizierende Menschen, wie ihr soziales Netz durch die Musik stabilisiert werden kann.

In seinem Aufsatz „Der Mensch“ führt Tucholsky aus: „Wenn der Mensch fühlt, dass er hinten nicht mehr hochkann, wird er fromm und weise; er verzichtet dann auf die sauren Trauben der Welt.“ Weil die Trauben für ihn zu hoch hängen, beschließt er, dass sie ohnehin für ihn zu sauer wären: „Ich bin alt, also kann ich mir auch nichts mehr zutrauen.“

Manchen älteren Erwachsenen beschäftigt die Frage: „Kann ich in mei-nem Alter noch ein Instrument erlernen?“ Die Antwort lautet: Ja! Zu unterscheiden ist zwischen Wiedereinsteigern und Anfängern. Wer früher ein Instrument gespielt oder gesungen hat, kann relativ leicht die latent vorhandenen Fähigkeiten aktivieren und darauf aufbauen; obwohl längere Zeit nicht praktiziert, sind sie abrufbar und durch Übung zu entwickeln.

Das körpereigene Instrument, die Stimme, steht allen Menschen zur Verfügung. Die Fertigkeit des Singens kann auch im Erwachsenenalter leicht erworben, wieder aktiviert und verbessert werden. Generell gilt: Anfänger haben vergleichsweise mehr Herausforderungen zu meistern, aber das Gehirn des älteren Erwachsenen kann neue Informationen rasch und ökonomisch verarbeiten. Die Feinmotorik und die Beweglichkeit der Finger sind bis ins hohe Alter trainierbar. Beim Musizieren werden Hirnareale aktiviert, die bei anderen Tätigkeiten nicht angesprochen werden. Es kann wie ein Fitnesstraining für das Gehirn wirken und auch im Alter die kognitive Leistungsfähigkeit stärken, kann als „Chance bewusster Lebensgestaltung“ verstanden werden. Wichtige Erfolgsfaktoren sind die Auswahl der Musikstücke, des Instruments sowie die Lernsituation.

Fakt ist, dass ältere Erwachsene

  • auch in guten finanziellen Verhältnissen leben
  • eine Zielgruppe mit beachtlichem wirtschaftlichen Wachstumspotential verkörpern
  • nach Sinn- und Selbsterfüllung streben
  • an ihrer Lernfähigkeit zweifeln (Bin ich zu alt, reicht meine Fingerfertigkeit noch aus, spielt mein Gehör noch mit, kann ich mich noch genügend konzentrieren?)
    langsamer, aber auch genauer lernen
  • neurophysiologische Einbußen durch angepasste Lernstrategien kompensieren, zum Beispiel durch das „SOK-Modell“2 (Selektion = weniger Stücke, Optimierung = weniger Stücke besser üben, Kompensation = Ritardandi vor schnellen Passagen, um das Folgende schneller erscheinen zu lassen)
  • abhängig von Vorbildung und den damit verbundenen Lerngewohnheiten gute Lern- und Gedächtnisleistungen vollbringen können
  • auch komplexe Bewegungsabläufe wie beim Musizieren erlernen können
  • beim Lernen den sozialen Aspekt, das gemeinsame Erleben, den seelischen Ausgleich wichtiger finden als den Leistungsgedanken
  • bezüglich ihrer musikalischen Vorlieben auf die Erfahrungen ihres 2. Lebensjahrzehnts rekurrieren (die heute 60-Jährigen sind stark geprägt von der Pop- und Rockmusik der 60er-Jahre)
  • sich zunehmend auch für klassische Musik interessieren.

Musik erleben – Musikvermittlung für ältere Erwachsene

Musik und eigenes Musizieren bieten vielfältige Möglichkeiten mit positiven Auswirkungen auf die Lebensgestaltung. Lesen Sie im Internet unter www.nmz.de wie der Autor über die Erfahrungen eines Pilotprojektes berichtet, das von Herbst 2004 bis Sommer 2006 an der „Yamaha Academy of Music Hamburg“ durchgeführt wurde. Aufgrund eines Zeitungsartikels im „Hamburger Abendblatt“ meldeten sich 74 Erwachsene im Alter von 48 bis 78 Jahren für das kostenlose Angebot, an einem „MusiClub“® teilzunehmen. Im Mittelpunkt stand die Erprobung von Handlungsmodellen mit dem Schwerpunkt Musikvermittlung für Menschen ab 50 Jahren. Es wurde gesungen, mit verschiedenen Instrumenten musiziert und ein allgemeiner, auf die Erfahrungen und die Lebenssituation der Teilnehmer abgestimmter Austausch über Musik im Gespräch oder anlässlich verschiedener Vorträge gepflegt. Das Musikvermittlungsangebot sollte den Interessenten größtmögliche Freiheit in der Auswahl der Einzelaspekte überlassen.

Hinsichtlich der inhaltlichen Angebote wurden die Teilnehmer in drei Gruppierungen eingeteilt:

  • Menschen, die gern mit Gleichgesinnten in altersgemischten Gruppen ihren Interessen nachgehen möchten. Hierunter gibt es aktive und passive Musikhörer, ehemalige und aktive Instrumentalisten sowie solche, die musikalisch vor- und musikalisch un-erfahren sind.
  • Menschen, die sich aufgrund ihrer Handicaps und Sorgen in altersähnlichen Gruppen ihre Bedürfnisse erfüllen und Freude erleben möchten.
  • Menschen, die nach Anregungen suchen, wie sie ihr Leben allein oder in der Gruppe angenehmer, freudvoller und abwechslungsreicher gestalten können

Grundsätzlich zeigte sich in allen drei Gruppen, dass ältere Erwachsene, im Folgenden Teilnehmer (TN) genannt, einen hohen Selbstanspruch und daraus resultierend größere Versagensängste haben. Zudem ist ihr „Beschäftigungsstand“ sehr unterschiedlich:

  • voll Berufstätige
  • Berufstätige mit Altersteilzeit
  • Frühpensionierte
  • Rentner
  • Hausfrauen und -männer
  • Menschen mit gesundheitlichen Handicaps

Freizeitbetätigungen der TN zum Zeitpunkt des Pilotprojektes: nichts Spezielles, Singen im Chor, Yoga und andere Entspannungstechniken, Fitness und Sport, Reisen, Enkelkinder, Nutzung allgemeiner kultureller Angebote (Theater- und Konzertveranstaltungen, Ausstellungen besuchen usw.)

Ansprüche und Erwartungen der TN an

  • das Angebot: andere Lernatmosphäre, musikalische Aktionen, kein aufbauender Unterricht, interessante Vorträge, Musik „zum Anfassen“ erleben
  • sich selbst: eigene Fähigkeiten entdecken, das Alter annehmen und schauen, was geht; entdeckendes Lernen praktizieren, Aktivitäten selbst planen, eigene Lernkonzepte entwickeln
  • das Programm: Geselligkeit und Austausch haben einen großen Stellenwert, nichts „Verschultes“, leichte Anforderung, kein strenges Curriculum
  • die Materialien: viele bildhafte Darstellungen, geringer Textumfang, große Schrift, klare Botschaften
  • das Musizieren: Wahl und Wechsel eines Schwerpunktinstruments sollten innerhalb des Programms möglich sein, im Ensemble musizieren und gemeinsam singen; möglichst rasch seinen Wunschtitel spielen, etwas über den Komponisten erfahren, das Original anhören und sich darüber austauschen.
  • weitere inhaltliche Komponenten: moderierte „Fantasiereisen“ mit Musikunterstützung, kreatives Schreiben bzw. Malen, Rhythmus und Tanz, „Wellness“ mit Musik, Musik zum Mitspielen und Musizieren ohne häusliches Üben

die Rahmenbedingungen:

  • Für die Kurse müssen (bequeme) Plätze in ausreichender Zahl vorhanden sein.
  • Die Sozialkomponente bei den TN spielt eine große Rolle und muss für die Zeiten vor, während und nach den Kursen bedacht werden (Angebote in der Cafeteria, Pausen, Lärmpegel...).
  • Es ist mit Berufstätigkeit der TN im Schicht- oder Wechseldienst, mit familiären ad-hoc Beanspruchungen und längeren Krankphasen zu rechnen.
  • Die Interessenvielfalt und -intensität ist schwer abschätzbar und unterliegt u. a. auch der Tagesform.

Außer der Möglichkeit zum Erlernen der Instrumente Klavier, Keyboard, E-Gitarre, E-Bass, akustische Gitarre, Saxofon, Querflöte und Popgesang wurden Vorträge oder Workshops zu diesen Themen angeboten:

  • Musik hören – aber wie?
  • Gesungene Konflikte – Don Giovanni, ein Mann zwischen Himmel und Hölle
  • CD-Produktion heute – Wie kann ich mit einem Laptop CDs produzieren?
  • Drumsland – Geschichte und Funktion des Schlagzeugs
  • Von Orfeo bis Starlight Express – Entwicklung der Oper, Operette, Musical
  • Das Fundament – Kontrabass und Bassgitarre
  • Frühkindliche Musikalisierung – Wie lernen Kinder?
  • Malerische Fähigkeiten der Musik – Bilder vertonen
  • Gitarrenwelt – wozu braucht man so viele verschiedene Gitarren?

Was gefiel den TN an den Vorträgen und Workshops?*

  • die Themen
  • Vorträge der Gastdozenten
  • die Nähe zu den Dozenten (praktisch zum Anfassen)
  • die Möglichkeit, Fragen stellen zu können.
  • die Möglichkeit, ausprobieren zu können.
  • Ernst genommen zu werden, egal wie „doof“ meine Frage ist.
  • „ Aha“-Effekt-Erlebnis
  • Einsatz von Instrumenten (Klavier, Keyboard, Gitarre, Schlagzeug, Orff, Stimme)
  • einfache Orientierung in dem Notensystem
  • schnelle Erfolgserlebnisse
  • Spaß in der Gruppe

* Die Reihenfolge der Nennungen gibt keine Priorität an.

Folgende Aspekte erwiesen sich als bedeutsam:

  • Das Programm für den Instrumentalunterricht sollte sich besonders für den Gruppenunterricht eignen und zusätzlich das Selbststudium fördern.
  • Der Stundeneinstieg: u.a. mit Hilfe der Moderationsmethoden (Kartentechnik oder MindMapping, um die (Tages-) Bedürfnisse abzufragen.
  • Die Gruppenarbeit: Alle zwei Wochen 90 Minuten Unterricht, aufgeteilt in 45-minütige Programmmodule und/oder Probeunterricht nach Bedarf zum Kennenlernen unterschiedlicher Instrumente, 5-10 Minuten Konzertvortrag durch den Lehrer oder eine andere Fachkraft, Kommunikation und Geselligkeit – sinnvoll und bedürfnisorientiert über die 90 Minuten verteilt. Zwischen den Terminen steht den Teilnehmern idealerweise der Raum auch ohne Moderator(in) zur Verfügung.
  • die Gruppenleitung: weg von der Lehrerrolle, eher als Moderator/Coach/Begleiter/Berater/ Kommunikator wirken, bedürfnisorientiertes Begleiten der Gruppe, zuhören können und dadurch helfen, Stimmungen aufzufangen und zu kanalisieren.

Weitere Feedbacks der Teilnehmer (Originalzitate):

  • Das war wirklich toll, Einsichten in verschiedene Bereiche zu erhalten.
  • Die Vorträge der Gastdozenten waren ausgezeichnet.
  • … und wir haben selbst Schlagzeug gespielt!
  • Ich habe vorher gar nicht gewusst, dass eine komplette CD-Produktion heutzutage nur mit einem Laptop gemacht werden kann.
  • Natürlich werde ich meinen Kindern, Enkelkindern und Freunden erzählen, welche tollen Angebote zum Musizieren es für sie alle gibt, und ihnen den Besuch dieser Einrichtung empfehlen.
  • Jetzt höre ich die Musik vollkommen anderes als ein Jahr zuvor, viel intensiver. Und ich kann auch unterscheiden, welche Instrumente gespielt werden.
  • Seit April nehme ich Keyboardunterricht und schon jetzt (November) kann ich Songs mit beiden Händen spielen, obwohl ich keinerlei Vorkenntnisse hatte!
  • Wir haben zusammen musiziert und eine Menge Spaß gehabt. Das hält das Gehirn fit!
    Wie schade, dass ich nicht immer teilnehmen konnte wegen meiner Krankheit.

Fazit

Das Programm für die Musikvermittlung sollte im Schwierigkeitsgrad leicht ansteigendes Material anbieten und für Zusammenkünfte der Interessenten in regelmäßigen Zeitabständen konzipiert sein (wöchentlich oder 14-tägig). Bewährt haben sich für die angesprochenen TN Treffen mit Clubcharakter, d.h. die Kommunikation unter den TN erhält einen größeren Stellenwert als bei herkömmlichen Unterweisungs- oder Unterrichtssituationen. Um dieses Anliegen zu unterstützen, kann die gemeinsame Zeit beispielsweise aufgeteilt werden in zwei Arbeitseinheiten mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung und einer gut bemessenen Pause dazwischen. Auch Quereinsteiger fanden leicht den inhaltlichen Anschluss an eine bestehende Gruppe, da die Lieder, Mitspielsätze und Klangspiele auch ohne Voraussetzungen musikalisch umsetzbar waren und das bereits Gelernte in den Ensembles regelmäßig gefestigt wurde.
Die Musikvermittlungsangebote haben viel (wieder)-erwachende Lebensfreude bei den Teilnehmern ausgelöst. Motto: „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.“ (aus „Die Fledermaus“ von Johann Strauß)

  • Durch spezielle Angebote für Menschen ab der Lebensmitte erweitert sich der Kreis derjenigen, die ihr Leben mit Musik gestalten und bereichern können.
  • Durch Musikangebote für die angegebene Altersgruppe steigen Lebensqualität und Teilnahme am öffentlichen Leben (Anschluss an Gruppen, Aufsuchen eines Treffpunktes außerhalb der eigenen Wohnung, Vorführung des Gelernten vor anderen).
  • Durch spezielle Angebote für die Zielgruppe steigt die Kompetenz der Kurs- und Materialanbieter, weil sie Erfahrungen im kommunikativen und sozialen Umgang mit älteren Menschen sammeln bzw. intensivieren.

Durch entsprechende Musikvermittlung müssen wir künftig heterogenen Bevölkerungsschichten unterschiedliche Wege zur Musik anbieten, Annäherung und Verständnis für Musik in ihrer Vielfalt bewirken, Menschen ermutigen, das eigene Musizieren, in welcher Form und auf welcher Fähigkeitsstufe auch immer, als selbstverständlichen Bestandteil ihres Lebens zu verstehen sowie neben der Konzentration auf die Früh- und Spitzenförderung aufzeigen, dass musikalische Betätigung und Bildung auch zur sinnerfüllten Lebensgestaltung im Alter beitragen kann. Wir müssen in Europa auch verstärkt Angebote für Ältere entwickeln, denn sie werden in wenigen Jahren die Mehrheit der Bevölkerung stellen.

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