Banner Full-Size

Wie finde ich das Instrument, das zu mir paßt?

Untertitel
Instrumentaler Orientierungsunterricht an der Kreismusikschule Plön
Publikationsdatum
Body
Vor den Osterferien haben Mareike, Lisa, Tom und Bastian schon Gitarre und Blockflöte gespielt, heute spielen sie Akkordeon im Musikschulunterricht, nächste Woche ist Geige dran und nach den Sommerferien dann noch Trompete, Klavier und Cello. Sind die vier so außergewöhnliche Begabungen, daß sie in so kurzer Zeit so viele Instrumente erlernen und beherrschen können? Und das auch noch im Gruppenunterricht? Wir befinden uns nicht im „normalen“ Instrumentalunterricht einer Musikschule, sondern im Instrumentalen Orientierungsunterricht (IO) der Kreismusikschule Plön. Hier lernen die Kinder innerhalb eines Jahres bis zu acht verschiedene Instrumente kennen. Nach Ablauf der Musikalischen Grundstufe, also in der Regel der Musikalischen Früherziehung (MFE) oder Grundausbildung (MGA), haben die Kinder hier die Möglichkeit, den Orientierungsunterricht zu belegen und so vor Beginn eines regulären Instrumentalunterrichts erst einmal auszuprobieren, welche Instrumente ihnen gefallen. Über das Fach IO Die meisten Kinder kommen ohne einen festen Instrumentenwunsch zur Musikschule. Oft ist es sogar der Wunsch der Eltern, daß ihre Kinder am Musikunterricht der Musikschule teilnehmen; sie melden ihre Kinder je nach Alter zur Musikalischen Früherziehung oder Musikalischen Grundausbildung an, meist mit der Vorstellung, daß sie danach dann ein Instrument erlernen sollen. Doch welche konkreten Mittel sind uns als Musikschule an die Hand gegeben, um nach Abschluß des Grundstufenunterrichts eine detaillierte Instrumentenempfehlung zu geben? Die Grundstufenlehrkraft kann sicherlich viel zur allgemein-musikalischen Entwicklung des Kindes während des vergangenen Unterrichts den Eltern sagen, und es ergaben sich sicherlich auch Möglichkeiten, im Unterricht das eine oder andere Instrument vorzuführen. Aber die Gelegenheit und die Zeit, daß jedes Kind sich im Rahmen der MFE/MGA eine längere Zeit mit einem Instrument vertraut gemacht hat, bestand nicht. Aus diesen Überlegungen heraus konzipierte der Autor dieses Berichts 1983 analog der Orientierungsstufe an den allgemeinbildenden Schulen den Instrumentalen Orientierungsunterricht für die Musikschule, der aus der Musikschularbeit mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist. Er beinhaltet: qualifizierte, altersgerechte Hinführung zur Musik, umfangreiches und intensives Kennenlernen von Instrumenten und vielseitige, fachgerechte Beratung. Der Instrumentale Orientierungsunterricht ist unmittelbar mit der Institution Musikschule verbunden. Nur hier ist die für diesen Unterricht notwendige Vielzahl von qualifizierten Fachlehrkräften vorhanden. Ein Team von Musikschullehrern führt ein Jahr lang die musikalische Ausbildung der Kinder gemeinsam durch und gewährleistet so, daß am Ende des Instrumentalen Orientierungsunterrichts eine fundierte Entscheidung für ein Instrument getroffen wird. Die Instrumente werden innerhalb eines Jahres für jeweils einige Wochen erlebt. Der Instrumentale Orientierungsunterricht an der Kreismusikschule Plön besteht nun aus einer wöchentlichen Doppelstunde: in der ersten Stunde erhalten die Kinder zu viert Unterricht am Instrument, in der zweiten Stunde kommen alle Kinder eines Orientierungskurses zum Sing- und Spielkreis zusammen. Die Instrumentalstunden finden zeitlich parallel in verschiedenen Räumen statt. Nach fünf oder sechs Wochen wechseln die Schüler Raum, Lehrkraft und Instrument. Jedes Kind erhält ein eigenes Instrument, das auch mit nach Hause genommen wird. Eine kindgerechte Instrumentengröße inklusive Zubehör ist dabei selbstverständlich. Beide Unterrichtsstunden durchdringen sich ständig und sind das Beispiel für eine gut funktionierende Teamarbeit. Jedes Instrument hat zwar seine fachspezifischen Unterrichtseinheiten, allen gemeinsam ist jedoch, daß sie sich ständig aufeinander beziehen. Dabei ist es hilfreich, wenn alle eine gemeinsame musikalische Sprache sprechen, zum Beispiel die Relative Solmisation. Hier wird eine Basis geschaffen, die sowohl für den Übergang von der Früherziehung und Grundausbildung zum Instrument, als auch für die Instrumente untereinander notwendige, neue Wege öffnet und hilfreiche Anregungen für den Anfangsweg auf dem Instrument gibt: Vom Hören, Singen und Bewegen zum Instrument, von der inneren Vorstellung zum Griff. Die Kinder lernen aber nicht nur die Instrumente kennen, sondern werden durch kleine Hausaufgaben auch schon an das Üben herangeführt. Bezüge zum vorhergehenden und nachfolgenden Unterricht werden für die Kinder nachvollziehbar hergestellt, so daß der Orientierungsunterricht für die Kinder als eine Einheit erlebbar wird. Anhand von Unterrichtsmodellen, die in den vergangenen 16 Jahren entwickelt und angewandt wurden, unterrichtet jeder Lehrer mit seinen persönlichen Schwerpunkten. Wünsche und Vorstellungen Die Eltern wollen mit dem Orientierungsunterricht ihren Kindern vielseitige Chancen bieten. Sie erwarten vom Orientierungsunterricht, daß ihre Kinder Instrumente kennenlernen und Spaß am Musizieren erfahren. Übe-Erfahrungen sollen gemacht und Durchhaltevermögen ausprobiert werden. Die Eltern möchten, daß ihre Kinder Zuneigung zu einem Instrument gewinnen und eine eventuelle Eignung und Begabung festgestellt wird. Die Lehrkräfte möchten eine langfristige musikalische Ausbildung für die Kinder begründen und motivierte und geeignete Schüler in den Instrumentalunterricht aufnehmen. Sie wollen Eignungen sichtbar machen, Begabungen fördern und Gruppenfähigkeit testen, ausbilden und unterstützen. Dabei wünschen sie sich motivierte, verständnis- und vertrauensvolle Eltern, die ein unterstützendes Interesse zeigen. Von den Schülern erwarten sie eine gute Mitarbeit, Durchhaltevermögen, Motivation und Neugierde, aber auch Übebereitschaft und die Bereitschaft, sich in eine Gruppe einzuordnen. Unvoreingenommenheit, Experimentierfreude, Mut, Fantasie, Begeisterungsfähigkeit, aber auch Geduld, ein gutes Erinnerungsvermögen und selbstverständlich eine regelmäßige Teilnahme gehören auch dazu. Innerhalb des Kollegiums ist eine enge Zusammenarbeit entstanden. Zur pädagogischen Kompetenz, der Motivation zum Orientierungsunterricht und der Identifikation mit der Idee ist ein hohes Maß an Flexibilität entstanden. Regelmäßiger Austausch und ein Mit- und Füreinander kennzeichnen die gemeinsame Arbeit. Zum einen formulieren die Instrumentallehrkräfte ihre Anforderungen an einen einführenden Instrumentalunterricht, auf der anderen Seite informieren die Grundstufenlehrkräfte über die Inhalte der MFE/MGA. So kommt ein guter und steter Informationsaustausch innerhalb des Kollegiums zustande, der nicht nur für ein gutes Zusammenspiel von MFE/MGA und Orientierungsunterricht sorgt, sondern auch einen bruchlosen Übergang der Grundstufenschüler in den nachfolgenden Instrumentalunterricht gewährleistet. Resonanz und Wirkung Die Akzeptanz für den Instrumentalen Orientierungsunterricht war von Anfang an sowohl bei den Schülern und Eltern als auch bei den Lehrkräften sehr groß. Mittlerweile wird der Orientierungsunterricht an drei Orten im Kreis Plön durchgeführt, um möglichst viele Interessenten berücksichtigen zu können. Seit Einführung des Orientierungsunterrichts ist eine größere Differenziertheit bei der Instrumentenwahl der Schüler deutlich erkennbar. Unsere Schülerbefragungen, die wir zu Beginn und am Ende des Orientierungsunterrichts durchführen, belegen dies. Begabungen können von den Lehrkräften nun frühzeitiger erkannt und gefördert werden. Aufgrund eines Schülerbogens, in dem jede Lehrkraft ihre Erfahrungsberichte zu jedem Schüler festhält, und eines achtstufigen Beurteilungsrasters kann eine sichere Instrumentenempfehlung gegeben werden. Sie deckt sich meist mit den Schülerwünschen am Ende des Jahres und wird von den Eltern mitgetragen. Im Anschluß an den Instrumentalen Orientierungsunterricht (Übergangsquote durchschnittlich 80 Prozent) erhalten die Schüler in der Regel weiterhin zwei Stunden Unterricht wöchentlich. Zusätzlich zu ihrer Instrumentalstunde kommen sie zum Junior-Or- chester, in dem alle Anfängerschüler schon mit den einfachsten technischen Möglichkeiten auf ihrem Instrument lernen, gemeinsam zu musizieren. Hierfür wird eine spezielle Unterrichtsliteratur verwendet (Das Junior-Orchester, SolMi-Musikverlag). In diesem Schuljahr nehmen zirka 80 Schüler dieses Angebot wahr. Der Orientierungsunterricht hat die Zusammenarbeit im Kollegium zunehmend gefördert und untermauert die Darstellung der Musikschule in der Öffentlichkeit als eine Institution, die allen einen Zugang zur Musik ebnet, von Anfang an musikalische Eignungen und Begabungen erkennen hilft, für die richtige musikalische Ausbildung der Kinder Sorge trägt und entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt und sie kontinuierlich weiterentwickelt.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!