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Einer der Preisträger des Deutschen Musikwettbewerbs 2021: Blockflötist Max Volbers. Foto: Felix Groteloh
Einer der Preisträger des Deutschen Musikwettbewerbs 2021: Blockflötist Max Volbers. Foto: Felix Groteloh
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Die Ermunterung zum Klang

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Der Deutsche Musikwettbewerb fand vom 6. bis 12. August in Freiburg statt
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Der unterm Dach des Deutschen Musikrats stattfindende Wettbewerb (Gesamtkosten: circa 350.000 Euro) wurde erstmals in der Freiburger Musikhochschule ausgetragen. Kategorien waren unter anderem Bläser, Klavier, Cembalo und Schlaginstrumente. Laut Projektleiterin Irene Schwalb sollte es „auch ein Fest der Begegnung sein“ – dem schob die Pandemie einen Riegel vor: Publikum war nicht zugelassen.

Die Kandidaten gaben dennoch alles. So waren in der dritten von vier Runden zwei bemerkenswerte Oboisten zu hören. Mit je einem Werk von François Couperin. Warum dieser französische Barockmeister? „Es ist eine sehr elegante Musik“, sagt Max Vogler aus Rostock, der das Programm ausgewählt hat. Begleiter Leon Wenzel bescheinigt dem Couperin-Konzert Nr. 11 in c-Moll „Trauerflor und Feierlichkeit“. Die 23-jährigen Interpreten sind ein eingespieltes Duo. Dass Wenzel, von Hause aus Pianist, jetzt das Cembalo bediente, sei „aus der Not geboren“ – wegen Couperin. Das Ergebnis: beachtlich, auch wenn Vogler minimal zur Eile neigte. Dass die langsame Sarabande zum Zentrum wurde, war eine Gemeinsamkeit mit der Couperin-Auslegung von Armand Djikoloum. Der in Saarbrücken studierende Oboist konnte auf die Souveränität des ihm zugeteilten Freiburger Cembalisten Michael Behringer bauen. Mit schönstem Resultat. Die Wettbewerbsleitung sieht es gern, wenn die Kandidaten ihre eigenen Begleiter mitbringen. Wie dem auch sei: Eigen- und Fremdbegleitung funktionierten.

Wünsche hat das Duo Vogler & Wenzel ans Probenwesen. Und ging in die Offensive: „Wir haben uns unsere Probenbedingungen selbst geschaffen“, sagt Vogler. Die Zeit dafür könnte „aus Pianistensicht“ ausgeweitet werden, ergänzt Wenzel. Ihrem Vorspiel lauschte die große Gesamtjury – längst nicht alles Oboisten. Kritik an der Jury-Besetzung übt Tobias Schüler-Herzog, der im Fach Bassposaune teilgenommen hat. Er plädiert für eine Fachjury: „Niemand würde einen Wettbewerb für Geige ausschreiben, aber in der Jury sitzen nur Bratschisten.“ Andere sehen es positiv, wenn die Jury nicht nur aus Spezialisten des jeweiligen Instruments besteht. Vogler: „Es gibt wahnsinnig viel Freiheit.“ Wenzel pflichtet bei: „Es ist eine Ermunterung, Musik zu machen.“

Voll des Lobes ist Schüler-Herzog indes für Organisation und Ablauf des Wettbewerbs: „Die haben sich sehr viel Mühe gegeben.“ Der Aufwand war höher: „Mein Team ist wegen Corona größer als sonst“, erklärt Irene Schwalb. „Team“ – das waren in diesem Fall 20 Leute, von denen zwei, wie die Chefin berichtet, „nur desinfizieren“. Die Tasten der Instrumente etwa.

Und die Noten? Man sah sie häufiger auf Tablets als auf Papier. Vogler spielte auswendig, der Fachkollege nicht. Noch mehr als das Couperin-Opus gefiel bei Vogler die Fantasie über die Donizetti-Oper „Poliuto“ von Antonio Pasculli, jenem 1842 geborenen Italiener, der in der Branche als „Paganini der Oboe“ gilt. Was Pasculli fordert, ist eine instrumentale Akrobatik, die mit Liszt’schen Opernparaphrasen für Klavier vergleichbar ist.

Wie empfindsam er zu gestalten vermag, zeigte Armand Djikoloum im Arrangement von Schumanns „Abendlied“. Beim Deutschen Musikwettbewerb ist auch Neues, sogar 21. Jahrhundert, ausdrücklich erwünscht. Dem trug der Oboist mit „Gyfu“ Rechnung, einem Solostück von 2011 der australischen Komponistin Liza Lim. Einem Monolog, Musik zwischen Gefährlichkeit und Gelassenheit, Melos und Mehrklängen, Farben und Flächen.

Das Salonstück von 1859 des einstigen Donaueschinger Hofkapellmeisters Johann Wenzel Kalliwoda unterstrich, dass Sentiment und Witz einander keineswegs ausschließen. Auch Philipp Heiß am Klavier bewährte sich. Max Volbers (Blockflöte), das Trio E.T.A. (Klaviertrio) und das Trio Klangspektrum (Ensemble für Neue Musik) sind die Preisträger des Wettbewerbs 2021. Eines betont Projektleiterin Schwalb: „Es gibt nicht den Sieger, sondern den Preis des Deutschen Musikwettbewerbs.“ Wer reüssiert, wird gefördert. Kunstförderung ist notwendig. Nicht nur in Pandemie-Zeiten.

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