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Eine Stadt schenkt sich einen Konzertflügel

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Anmerkungen zum Jugend-Klavier-Wettbewerb in Ettlingen
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Mit 340 Bewerbungen aus 50 Nationen hatte der zweijährliche Wettbewerb für junge Pianisten im badischen Ettlingen unweit Karlsruhe einen Bewerbungsrekord. Daraus wählte eine Vorjury 99 Kandidaten, die zur Teilnahme eingeladen wurden. Das bedeutete, dass ein Drittel der Kandidaten kamen aus China, Korea und Japan kamen, der Rest gut verteilt aus der übrigen Welt, sechs davon aus Deutschland.

Was bewegt eine Stadt, einen solchen Wettbewerb auszutragen? Sicherlich nicht große touristische Erwartungen. Aber die jungen Pianistinnen und Pianisten live hier miterleben zu dürfen, teilzuhaben an dem internationalen Flair eines solchen Wettbewerbs ist schon ein Geschenk, und im Gegenzug Gastfreundschaft von Ettlinger Familien anzubieten, mit denen sich im Verlaufe der bisher 16 Klavierwettbewerbe freundschaftliche Kontakte entwickelt haben. Ettlingen ist also eine Stadt, deren Bürgermeister und Sparkassendirektor voll dahinterstehen. Die einen neuen großen Steinway-Flügel aufs Podium gestellt haben und die auch den nächsten Wettbewerb junger Pianisten in zwei Jahren garantieren. Sie lassen es sich nicht nehmen, die Preisträger persönlich auszuzeichnen, die Geldpreise (zwischen 5.000 und 500 Euro) zu überreichen und zu einem Fest in den historischen Asam-Saal des Ettlinger Schlosses einzuladen. Die Motivation, sich für eine Teilnahme an diesem Wettbewerb zu bewerben, mag verschieden sein. Für die jüngere Altersgruppe bis 15 Jahren zunächst mehr der Leistungsvergleich mit anderen Gleichaltrigen, im Fall des Erfolges für Lehrer und Eltern eine Bestätigung für die bisherige Investition.

Teilnehmer-Erwartungen

Für die Kandidaten der älteren Gruppe mag schon mehr das Schielen auf eine Ausbildungsförderung eine Rolle spielen, das Warten auf einen Karrierestart. Natürlich locken auch die ausgesetzten Preisgelder. Ein Rückblick kann spannend sein: Was ist aus ehemaligen Preisträgern geworden? Konzertierend nach Ettlingen zurückkehrend – man erinnert sich gerne an Namen wie Lang Lang, Lise de la Salle oder Sunwook Kim – oder mitmischend als Lehrer oder Juror?

Die Ergebnisse 2018

Angemessen vergeben wurden die jeweils fünf Preise in jeder Altersgruppe. Die zusätzliche Vergabe von einem Dutzend Förderpreisen und Anerkennungen spiegelt den von der neunköpfigen Jury unter ihrem (zum letzten Male amtierenden) Vorsitz, dem Pianisten Robert Benz, festgestellten hohen künstlerischen Level dieses Jugendwettbewerbes. Ihm zur Seite standen dabei als anspruchsvolle Juroren Ruben Dalibaltayan (Armenien), Christopher Elton (Großbritannien), Daejin Kim (Korea), Kristin Merscher und Barbara Szczepanska (Deutschland) sowie Zuzana Niederdorfer (Slowakei) und Catherine Vickers (Kanada).

Pianisten aus China und Korea holten sich die meisten Preise, darunter der 13-jährigen Chinese Yu Lei den 1. Preis. Der 14-jährige Amerikaner Curtis Phill Hsu wurde Dritter, die 12-jährige Eva Garet aus Rumänien Fünfte der Junior-Altersgruppe. Den 1. Preis in der älteren Gruppe gewann der 20-jährige Oleksii Kanke aus der Ukraine, dem auch der EMCY-Preis zuerkannt wurde, verbunden mit einer weiteren Förderung durch den europäischen Dachverband der Jugendmusikwettbewerbe. Zweiter Preisträger ist Jonas Aumiller (20) aus München, Schüler bei Massimiliano Mainolfi in Trento, mehrfacher Preisträger bei „Jugend musiziert“ in Zwickau, Eschede (NL), Mailand, New York, Piove di Sacco (I). Die weiteren Preise gingen an Pianisten aus Tschechien, Großbritannien und China, eine besondere Anerkennung an Lukas Sternath aus Österreich.

Resümiert der Zuhörer die Vorspiele dieses Jahres, so erinnert er sich gerne dieser jungen Virtuosen zwischen 10 und 20 Jahren mit ihrer stupenden, sicheren Fingertechnik, wie man sie nur bei quasi hypo-professionellen Pianisten vermuten würde: alles korrekt, jeder Ton, jede Passage stimmig, aber zwischendurch fehlt dann doch etwas – die persönliche Note, der persönliche Gefühlsausdruck. Schwingt er durch, sind es Glücksmomente, die man nicht vergisst.

Antiquiertes Repertoire?

Die Jugendwettbewerbe wie dieser in Ettlingen sind zugleich interessante Begegnungsstätten und die jungen Teilnehmer (und deren Klavierlehrer), die teilweise aus anderen Kulturkreisen kommen, haben die Chance, Vorspielliteratur anderer Teilnehmer und deren Interpretation kennenzulernen.

Das Vorspiel-Repertoire des Ettlinger Klavierwettbewerbes ist im Hinblick auf die begrenzte Vorspielzeit von 20 bis 25 Minuten sicherlich optimal auf eine Vielzahl von Stilen und Spielformen, Schwierigkeitsgraden  und technischen Anforderungen abgestimmt. Auffallend dabei, dass die selbstgewählten oder die vorgeschriebenen Wettbewerbsstücke bevorzugt aus den zwei Jahrhunderten zwischen 1700 und 1950 stammen: Bach bis Berg. Bewertet wird also im Klavierwettbewerb vorwiegend virtuose Klavierliteratur in den Spielanforderungen des 19. und 20. Jahrhunderts, wie sie einst zwischen den Pariser Salons und St. Petersburger Schulen gepflegt, gelehrt und weitergegeben wurde. Das ist nicht allzu weit entfernt von dem, was junge Menschen auch heute noch im Klavierunterricht von ihren Privat- oder Musikschullehrern, von ihren Professoren an den Hochschulen stilistisch vermittelt bekommen. Das zu ändern, könnte ein Gewinn sein. 

Sprung ins 21. Jahrhundert?

Wäre es nicht naheliegend, wenigstens in den Jugendwettbewerben für Klavier einen Literatursprung ins 20. und 21. Jahrhundert zu wagen und im Wettbewerb von jedem Bewerber wenigstens ein typisches Klavierstück aus seinem Land, aus seiner Schule mitzubringen zu verlangen, das heutigen stilistischen und kompositorischen Anforderungen an Musik unserer Zeit entspricht?

Die verschiedenen Jugendwettbewerbe für junge Pianisten überdenken sicherlich von Fall zu Fall ihre Repertoire-Konzeption im Hinblick auf eine zeitgerechte Aktualität. Vielleicht finden sie Gefallen an unserem Vorschlag (gerichtet z.B. an den Junior-Liszt-Klavierwettbewerb in Weimar, Alterslimit 13 beziehungsweise 17 Jahre; Schumann-Wettbewerb in Düsseldorf, bis 13, 17, 20 Jahre, Rubinstein-Wettbewerb in Düsseldorf bis 14, 19 Jahre). Eine Idee, die auch für einige der rund 100 internationalen Jugendwettbewerbe außerhalb Deutschlands eine Anregung sein könnte.

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