Ein wenig enttäuscht verkündete Martin Wagner, der Hörfunkdirektor des Bayerischen Rundfunks, bei der Preisverleihung die Ergebnisse des 66. ARD-Musikwettbewerbes: 16 Finalisten in den vier Kategorien für Violine, Klavier, Oboe und Gitarre und nur ein Erster Preis (der ging verdientermaßen an den südkoreanischen Pianisten JeungBeum Sohn).
Da scharrte das stets zahlreiche und sachverständige Publikum sichtlich unbefriedigt. Doch das Urteil der Jury muss man akzeptieren; sie ist autonom, hochqualitativ besetzt, von weltweit berufen, auch deren Vorsitzende. Und doch überraschten und enttäuschten die mehrfach vergebenen Zweiten Preise im Fach Violine und Gitarre, sogar dreifach für Oboe (das gab es in der Geschichte des Wettbewerbes noch nicht).
International gut gemischt waren nicht nur die eingeladenen Juroren, sondern vor allem auch die aus vier Kontinenten sich bewerbenden jungen Musikerinnen und Musiker im Alter zwischen 18 und 30 Jahren. Die meisten Kandidaten kamen aus Korea und Japan, 26 aus Deutschland, gefolgt von Teilnehmern aus China, Russland, Frankreich und Italien. Da sich die Juroren trotz hoher und von Jahr zu Jahr steigender künstlerischer Leistungen nicht auf weitere Erste Preise verständigen konnten, blieb für die Bestleistungen bei Violine, Gitarre und Oboe nur die Mehrfach-Vergabe Zweiter Preise. Damit mussten sich auch die deutschen Finalisten bescheiden: die Geigerin Sarah Christian, der Pianist Fabian Müller und die Oboistin Juliana Koch, ebenfalls der Geiger Andrea Obis aus Italien, mit Dritten Preisen die Geigerin Kristine Balanas aus Lettland und der japanische Pianist Wataru Hisasue (zu den Ergebnissen im Fach Gitarre siehe oben stehenden Bericht von Peter Päffgen). Ein Äquivalent dafür waren die sich alleine auf die Höreindrücke der Finalrunde stützenden Publikumspreise.
Jeweils sechs Kandidaten erreichten das Semifinale, in dem sie als Solisten eines klassischen Konzertes vom Münchener Kammerorchester (ohne Dirigent) begleitet wurden. Danach wurde es noch aufregender: Die Semifinalisten präsentierten die Uraufführung jener Komposition, welche die Siemens Musikstiftung und der ARD-Musikwettbewerb bei zeitgenössischen Komponisten für jede Kategorie dieses Wettbewerbes in Auftrag gegeben hatten. Hier sollten die Kandidaten zeigen und hören lassen, wie sie sich innerhalb eines Zeitlimits auf ihrem Instrument mit gegenwärtigen Kompositions- und Schreibpraktiken und ungewohnten Klangwelten auseinanderzusetzen verstehen. Die jeweils eindrucksvollste Interpretation der Auftragskomposition wurde mit einem angemessenen Sonderpreis belohnt: Der Japaner Wataru Hisasue schaffte das Auftragswerk für Klavier von Pascal Dusapin (Piano Works Nr. 1, „Did it again“) mit unvorstellbarer Perfektion sogar auswendig. Der Italiener Andrea Obiso reagierte bei dem Geigenstück von Avner Dorman („For Solo Violin“) gelassen und locker auf den darin geforderten teuflischen Bogeneinsatz. Anblas-, Finger- und Zungentechniken verstand Thomas Hutchinson geschickt einzusetzen, um den „Cantus III“ von Thierry Escaich überzeugend zum Klingen zu bringen. Eigentlich war es schade, dass gerade diese die Kreativität der Kandidaten auszeichnenden Stücke nicht auch in den Preisträgerkonzerten nochmals zu hören waren, um dieser den Wettbewerb begleitenden Aktion noch mehr Anerkennung zu gewähren. Vielleicht erschiene es auch nicht so abwegig, zum Thema derartiger Auftragskompositionen betroffene Komponisten, Interpreten, Auftraggeber, Juroren und Preisstifter – interessiertes Publikum nicht ausgeschlossen – in einem Workshop Erfahrungen und Anregungen austauschen zu lassen.
Kleine Randbemerkung: Treue Anhänger des ARD-Musikwettbewerbes vermissten im diesjährigen Angebot die traditionelle Kategorie Kammermusik; denn die durchaus wertvolle Quintett-Besetzung „Solo-Gitarre mit Streichquartett“ wurde nur partiell wahrgenommen. Der ARD-Wettbewerb 2018 kündigt neben Solo-Gesang, Viola und Trompete die Kategorie Klaviertrio an.