Wir leben, massenmedial betrachtet, zugleich in einer Hochglanz- und Abfallkultur. Da sind auf der einen Seite die Musikmatadore mit ihrer hoch qualifizierten Elitenausbildung: befähigt, auch im Kopfstand die verdrehtes-ten Violincapricen von Paganini zu spielen. Das ist der reinste Musikzoo aus Tastenlöwen, Pultgiraffen und Opernochsen und -gazellen. Dazu gesellt sich eine vorgeblich „ernsthafte“ Publizistik aus technikverstiegenen Musikmagazinen mit ihrem Referenzaufnahmenfetischismus und Bayreuther Operngesülze.
Wir leben, massenmedial betrachtet, zugleich in einer Hochglanz- und Abfallkultur. Da sind auf der einen Seite die Musikmatadore mit ihrer hoch qualifizierten Elitenausbildung: befähigt, auch im Kopfstand die verdrehtes-ten Violincapricen von Paganini zu spielen. Das ist der reinste Musikzoo aus Tastenlöwen, Pultgiraffen und Opernochsen und -gazellen. Dazu gesellt sich eine vorgeblich „ernsthafte“ Publizistik aus technikverstiegenen Musikmagazinen mit ihrem Referenzaufnahmenfetischismus und Bayreuther Operngesülze.Auf der anderen Seite der kulturelle Abfall aus Funk aber vor allem aus Fernsehen: Die Jürgens, Zlatkos, Stefanies und Christians. Popstars aus der Produzenten-Kloake von Big Brother oder anderen endhohlen Gelddruckern. Jeder kann zum Popdepp werden, wenn man ihn nur genügend mit dem Musiksandstrahl aus Kompressoren, Depressoren und entsprechendem publizistischen Jugendmagazin- und Fernsehgepopel aufbaut.Aber schalten wir mal den Fernseher aus, legen die Phonomagazine zur Seite und machen mal einen Bogen um die Philharmonien, Konzerthäuser und Operntheater. Die Seitenstraßen der Musikkultur sind durchaus nicht abbruchreif. Im Gegenteil, da lebt Musik in Wohnzimmern, Kellern, Kirchen und Musikclubs. Gemacht von Menschen, für die Musik etwas anderes ist als Spachtelmasse für die Hirnhohlräume. Da ist das Musikmachen einerseits ein Selbstzweck, doch zugleich auch Medium einer selbstbestimmten Lebens- und Kommunikationskultur. Und die besten Profimusiker bewahren sich diese Haltung. Dieser musikalische Sud aus Laien, Liebhabern und Dilettanten ist die Ursuppe einer gelingenden Musikkultur. Wirtschaftliche Interessen verfolgt man indes für gewöhnlich nicht.
Freilich: Zahlreiche Gegenwartskomponisten zum Beispiel sitzen lieber auf den dünnen Subventionsästen der GEMA-Hochkultur anstatt auf dem Boden der musikalischen Subkulturen sich neu bewegen zu lernen. Kein Wunder, wenn sie dann flugs mit den abbrechenden Ästen auf dem Komposthaufen der Musikgeschichte landen. Die subversive Musikgeschichte der Seitenstraßen geht weiter – wenn es sein muss, auch ohne sie.