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Konstruktive Kritik für künftige Darmstädter Ferienkurse (wurden der Institutsleitung bereits direkt gesendet):
- Der Konkurrenzkampf zwischen Komponisten darf nicht derart genährt werden
- dass Listen für Unterricht ausgehängt werden und stundenlang im Voraus dann die Leute Schlange stehen oder sich buchstäblich darum schlagen. Dann doch bitte nur Gruppenunterricht.
- dass sich Komponisten um eine Aufführung bei den Studiokonzerten bemühen müssen, das dann aber praktisch nur kurze, schnell einstudierbare Stücke für 1-3 Instrumente sein können, alle mit Elektronik, höherem Schwierigkeitsgrad, größerer Besetzung oder längerer Dauer kommen nicht in Frage. Es kann nicht sein dass die zu vergebenden Preise nur für solche Stücke gegeben werden. Außerdem müssen die Komponisten während den Kurse immer hinterher sein, dass ihr Stück auch wirklich gespielt wird und sich dabei mit der Organisation herumschlagen.
Dann doch bitte gar kein Preis und gar keine Studiokonzerte. Besser: Im Vorfeld organisieren, Noten schon früh den Instrumentalisten schicken und wirklich ausreichend Platz für alle Stücke schaffen. Und auch komplexere Elektronische Musik ermöglichen.
- Viele Dozenten halten unvorbereitet Lectures, reden einfach drauflos. Die Zeiten mögen um sein, in denen
Stockhausen jährlich den kompositionstechnischen Standard darstellte, aber wo wenn nicht in Darmstadt sollte über Kompositionstechnik gesprochen werden? Dem kann auch durch Themenvorgaben Vorschub geleistet werden. Warum sollen Rihm und Ferneyhough, wenn sie schon mal an einem Tisch sitzen, nur über Kompositionsunterricht reden? Breite Enttäuschung nach dieser Veranstaltung. Und: Veranstaltungen entweder auf deutsch oder englisch halten oder die Übersetzer machen wirklich nur Zusammenfassungen. Immer nacheinander eine deutsche und eine englische Version zu hören halbiert schlichtweg die tatsächliche Zeit für Inhalte und verhindert einen flüssigen Diskurs.
- Überhaupt dürfte es etwas einfallsreicher zugehen bei der Auswahl der Dozenten.
Ferneyhough war erst das vorletzte Mal da, Tsangaris hat längst ein Dauerabo, Hosokawa war tatsächlich fünf mal hintereinander bei den Kursen. Bei den Instrumentalisten ist es noch ärger. Was ist die Politik dahinter?
- Warum werden die Preise hinter verschlossener Tür verhandelt?
Es wäre doch eine wunderbare Veranstaltung, wenn die Juroren öffentlich Aussagen machten zu den gespielten Stücken, so wie es bei dem Bachmann-Preis auch der Fall ist. Dann gäbe es auch nicht mehr diese unsäglichen Seilschaften, durch die letztlich miese Stücke von Juroren-Studenten in den Wettbewerb kommen, wie bei dem schlimmen Staubach-Preis-Konzert leider nur zu gut zu erfahren war. Über Geschmack soll man streiten! Es ist ja nicht so, dass Lücker der einzige war, der Stücke schlecht fand. In vielen Konzerten gab es Buh-Rufe, was eindeutig an mangelnder kuratorischer Kompetenz lag.
- Mehr Musikwissenschaft!
Wieso wurde das musikwissenschaftliche Vortragsforum abgesetzt?
- Mehr “user generated content”.
Teilnehmer sollen selber Veranstaltungen leiten dürfen, einfach Räume und Zeiten zur Verfügung stellen, es können ja auch mehrere Veranstaltungen parallel laufen.
Man sieht: Viele Probleme sind handwerklicher Art. Über die Situation der Neuen Musik im Allgemeinen kann danach diskutiert werden. MM