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„Brauchen wir wirklich noch ein überregionales Jugendorchester? Es gibt doch schon mehr als genug.“ So mag manch einer gedacht haben, als das Deutsche Musikschulorchester nach der Wende den Landesjugendorchestern und dem Bundesjugendorchester Konkurrenz zu machen schien. Die Antwort ist: Ja. Wir können es gut gebrauchen. Und Konkurrenz gibt es höchstens im positiven Sinne: sie belebt das Geschäft, wie man weiß.
Das DMO hat sich in der Jugendorchesterlandschaft der Bundesrepublik ein ganz eigenes Gesicht geschaffen, das diese Landschaft belebt und bereichert. Von den oben genannten Ensembles unterscheidet es sich wesentlich durch sein pädagogisches Konzept und auch durch sein Repertoire. Die pädagogische Philosophie, darauf sind die Beteiligten heute stolz, wurde zur Zeit der Wende vom Rundfunk-Musikschulorchester übernommen. Unbefrachtet von ideologischen Beeinflussungen war es in der DDR eine Art „Insel der Glückseligen“, die jungen Musikern die Möglichkeit gab, das Zusammenspielen auf höchstem Niveau zu erlernen und zu probieren.
Im Unterschied zu BJO und LJOs arbeitet das Musikschulorchester längerfristig. Es hat Zeit, sein Repertoire ausgiebig zu probieren, bevor es sich an die Öffentlichkeit wagt. Das Dozententeam des DMO, fast das gleiche wie vor acht Jahren, arbeitet kontinuierlich mit dem Orchester. Die Musiker sind auch im „richtigen Leben“ ein Team: als Stimmführer des Berliner Rundfunk-Sinfonieorchesters sind sie aufeinander eingestimmt und können ihre gemeinsame musikalische Sprache an die jungen Musiker weitergeben. Im Unterschied zu vielen anderen Jugendorchestern, die sich Registerdozenten leisten, sind die DMO-Dozenten während der gesamten Probephase dabei: bis zum Konzert betreuen sie ihre Instrumentengruppe, stehen ihr mit Rat und Tat zur Seite.
Ein DDR-Orchester sind sie nicht mehr, die jungen Streicher des DMO: das Verhältnis zwischen Ost und West hält sich inzwischen die Waage. Hier ist, so scheint es, tatsächlich etwas zusammengewachsen...
Als Konkurrenz zum Bundesjugendorchester sieht die DMO-Geschäftsführerin Hendrike Rossel ihr Ensemble nicht. Das Einstiegs- und Durchschnittsalter ist wesentlich tiefer. Schon mit zwölf Jahren können begabte Jugendliche im DMO mitspielen. Der frühe Einstieg erlaubt natürlich eine lange Verweildauer. Erst mit Beendigung der Schulzeit müssen die Teilnehmer das Orchester verlassen. Oft nutzen sie diesen Einschnitt, um zum BJO zu wechseln, wo sie Neues kennenlernen – und wohin sie Neues mitbringen.