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Die „Aktion Musik“ tritt in die heiße Phase

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Andreas Eckhardt vom Deutschen Musikrat über die bedrohte musikalische Bildung
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nmz-Herausgeber und Chefredakteur Theo Geißler sprach mit Andreas Eckhardt, Geschäftsführer des Deutschen Musikrates, DMR, anläßlich der Klassik Komm. in Hamburg.

nmz: Herr Eckhardt, im November vergangenen Jahres sprach die Generalversammlung des Deutschen Musikrates eine Empfehlung an das Präsidium aus: Angesichts einer kontinuierlichen Reduzierung des Musikunterrichts an allgemeinbildenden Schulen und bedrohlicher Abbausignale im Bereich der Musikschulen möge eine „Aktion für Musik“ gestartet werden, die eine musikalische Grundversorgung unserer Kinder sichern hilft. Was ist in dieser Angelegenheit seither geschehen?

Eckhardt: Eine informelle und zugleich sehr kreative Arbeitsgruppe hat ein Grundkonzept für eine Aktion Musik erarbeitet, das die grundsätzliche Zustimmung des Erweiterten Präsidiums des Deutschen Musikrates und auch der beiden Bundesfachausschüsse Musikpädagogik und Laienmusizieren gefunden hat. Es besteht also eine breite Übereinkunft, daß die allgemeine Öffentlichkeit und die politisch Verantwortlichen bei Bund, Ländern und Gemeinden mit der Problematik des Abbaus von Musikunterricht im schulischen und außerschulischen Bereich konfrontiert werden müssen. Nunmehr soll ein Weg gefunden werden, unsere berechtigten Anliegen in einer öffentlichkeitswirksamen, also medienunterstützten Form, zu publizieren. Hierfür benötigen wir weitere ideelle und auch materielle Unterstützung.

nmz: Es häufen sich Nachrichten, daß Musikschulen privatisiert werden, daß die Unterrichtsgebühren in die Höhe einer Sozialauswahl klettern - wie ist die Lage im Musikschulbereich?

Eckhardt: Positiv muß zunächst festgestellt werden, daß eine Auflösung von Musikschulen in den vergangenen Jahren selten vorgekommen ist. Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß zahlreiche Musikschulen ums Überleben kämpfen und von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr immer wieder gefährdet sind. Diese Zermürbungstaktik soll den Mangel an klaren politischen Entscheidungen für oder gegen eine aktive Jugendkultur verdecken. Selbstverständlich ist es heute angesichts der schwierigen öffentlichen Kassenlage notwendig, Prioritäten zu setzen. Daß an vorderster Stelle die Unterstützung aller Bemüh- ungen um die kulturelle Jugendbildung stehen müßte, sollte angesichts der sozialpsychologischen Probleme im Kinder- und Jugendbereich für jeden Vorausdenkenden Politiker eine Handlungsmaxime sein Ebenso sollte jedem Politiker, der sich fachlich einigermaßen ernsthaft mit dem System Musikschule befaßt, einsichtig sein, daß Privatisierung nicht in allen Bereichen praktiziert werden kann, ohne wesentliche inhaltliche Ziele einer Bildungsinstitution aufzugeben.

nmz: Auch die Bestandsaufnahmen der Schulmusik-Verbände liefern eher pessimistisch stimmende Ergebnisse. Wie sehen hier die aktuellen Perspektiven aus?

Eckhardt: Der Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen ist seit Jahren einem ständigen schleichenden – von der Öffentlichkeit also eher unbemerkten – Abbau ausgesetzt. Diese verhängnisvolle Entwicklung ist meines Erachtens nur dadurch aufzuhalten und umzukehren, daß eine generelle Diskussion über den bildungsmäßigen und erzieherischen Auftrag der Schule stattfindet. Kinder und Jugendliche werden zukünftig noch stärker als bisher den Medien als gar nicht mehr heimliche Erzieher ausgesetzt sein, und zahlreiche Funktionen des Lehrens und Lernens werden mit Hilfe von Medien in nichtpersonaler Form realisiert werden. Schule muß dann zu einem Zentrum unmittelbarer kommunikativer Erfahrung werden, das wesentlich von künstlerisch-ästhetischen Inhalten bestimmt sein müßte. Neben diesen inhaltlichen Fragestellungen müßten allerdings auch schulorganisatorische Bedingungen und Unterrichtsformen auf den Prüfstand gestellt werden.

nmz: Welche Partner hat der Musikrat bislang gefunden, die ihn bei der Durchführung einer „Aktion für Musik“ unterstützen - wo gibt es Schwierigkeiten?

Eckhardt: In der Vorbereitungsphase haben wir von engagierten Vertretern unserer Mitgliedsverbände und auch von Einzelpersönlichkeiten eine große Unterstützung gefunden. Jetzt sind wir allerdings auf der Suche – und dies ist ungleich schwieriger – nach Partnern, die unser Anliegen inhaltlich mittragen, aber auch finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Die bisherigen Gespräche haben allerdings noch kein positives Resultat gebracht.

nmz: Wie ist die – freundlich formuliert – passive Haltung der deutschen Musikinstrumentenhersteller, der Musikverleger zu erklären, wo es doch um die Grundlage ihres jeweiligen Geschäftsbereiches geht – den musikalischen, musizierenden Nachwuchs?

Eckhardt: Die Verbände der Musikinstrumentenhersteller und Musikverleger befürworten diese Aktion, sehen sich aber im Augenblick finanziell nicht imstande, in Ergänzung der von ihnen mitfinanzierten musikpädagogischen Maßnahmen weitere Mittel aufzubringen.

nmz: Auf der diesjährigen Klassik Komm. Ende September in Hamburg finden kompetent besetzte Foren zum Thema „Musikalische Bildung“ statt: Eine Art Startschuß für die „Aktion für Musik“?

Eckhardt: Auf der diesjährigen Klassik Komm. sollen noch einmal die sachlichen und fachpolitischen Grundlagen der Aktion Musik auf einer breiteren Basis diskutiert werden, um die bisherigen Überlegungen des Arbeitskreises zu ergänzen. Ein Startschuß für die Aktion kann natürlich erst gegeben werden, wenn die Finanzierung sichergestellt ist.

nmz: Vor Jahrzehnten hat der Sport mit der „Trimm-Dich“-Bewegung eine sehr erfolgreiche Körper-Bewußtseins-Kampagne ins Leben gerufen, die inzwischen allerhand modische („Jogging“) und moralische („Keine Macht den Drogen“) Modifikationen erfuhr. Läßt sich dergleichen auf den Musikbereich übertragen? Wie werden die konstruktiven Forderungen der „Aktion für Musik“ lauten?

Eckhardt: Der Deutsche Musikrat und alle seine Mitglieder setzen sich für die Erhaltung und Stärkung einer Live-Musikkultur ein. Für immer mehr Menschen bedeutet das aktive Musizieren und die Teilhabe am Musikleben ein wesentliches Moment ihrer Lebensgestaltung. Insofern stellt es nicht nur eine kulturpolitische, sondern auch eine gesellschaftspolitische Aufgabe dar, in einer modernen Gesellschaft die entsprechenden Rahmenbedingungen bereitzustellen. Kinder und Jugendliche, die sich aktiv mit Musik beschäftigen wollen, müssen die Möglichkeit erhalten, innerhalb und außerhalb der Schule entsprechende Aktivitäten ausüben zu können. Es kann also nicht darum gehen, den Abbau zu stoppen, sondern Musikunterricht und musikalische Betätigung in Schule, Musikschule sowie im weltlichen und kirchlichen Laienmusikbereich in dem Umfang anzubieten, wie er von jungen Menschen gewünscht und nachgefragt wird.

nmz: Wie und mit welchen Mitteln werden die Wünsche und Ideen der „Aktion für Musik“ transportiert?

Eckhardt: Auf den drei Ebenen Bund, Länder und Gemeinden sollen publikumswirksame Veranstaltungen durchgeführt werden bei denen musikalisch herausragende Leistungen junger Menschen gezeigt werden. In Diskussionsforen sollen mit Politikern und Vertretern anderer gesellschaftlicher Gruppen Aufgaben und Perspektiven des Musiklebens erörtert werden. Diese Live-Veranstaltungen sollen dann durch zahlreiche Beiträge in den elektronischen und Printmedien sowie durch Plakataktionen begleitet werden.

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