Am 8. Mai 1998 lautete das Thema der fünften Ausgabe des Musikmagazins „taktlos“ von BR und nmz „Von den 68ern lernen heißt: Scheitern lernen?“. Dort blickte unter anderem der Kabarettist und Zeitzeuge Dieter Hildebrandt zurück. Hier Auszüge aus seinem Sechsminutensolo:
Ich habe mit Dutschke mehrere erregte Gespräche geführt und er hat uns natürlich Lahmarschigkeit und Alter vorgeworfen. Uns haben sie als liberal „geoutet“. Wir fanden das Wort „liberal“ sehr positiv, wir fanden das Wort „Demokratie“ sehr positiv, wir fanden das Wort „Räterepublik“ idiotisch. Wir fanden, dass sie einen Staat vorbereitet hatten, den es schon mal gegeben hat und der schon mal kaputt gegangen ist. Wir fanden ihre Ideen einfach nicht gut, wie es weitergehen sollte. Gut fanden wir, dass sie sich gerührt haben, gut fanden wir, dass sie gesagt haben, dass der „Muff in den Talaren“ endlich mal ausgeklopft werden muss. (…)
Es kam alles ins Wackeln, als die Theorie in die Praxis umgesetzt werden sollte, und dann passierte das, was der SPD in München passiert ist: Von einem Polster von ungefähr 60 Prozent Mehrheit haben sie es geschafft, unter die 40 Prozent zu kommen, dadurch, dass sie eine deutsch-akademisch-hochmütige Art des Politikmachens erfunden haben. Sie haben die arbeitenden Menschen überhaupt nicht teilnehmen lassen und haben ihnen auch nicht zugetraut, dass sie den Kopf dafür haben. Die alte Arroganz hat wieder zugeschlagen, und das waren die 68er auch. (…)
Die 68er haben sich ja auch geteilt: Die einen haben die Gitarre behalten und haben die Lieder weitergesungen, die anderen wurden Manager und schauten etwas milde auf die Vergangenheit zurück – was man ihnen um die Ohren hauen muss, denn die 68er-Bewegung hat ja zumindest das Äußerste verhindert: dass die Adenauer-Republik sich perfektioniert hätte.
Die vollständige Sendung ist nachzuhören unter www.nmz.de/taktlos