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Die Musik in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

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Siemens-Preisträger Reinhold Brinkmann im Gespräch mit Wolfgang Rihm
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In diesem Jahr wird der Ernst von Siemens Musikpreis an den an der Harvard Universität lehrenden deutschen Musikwissenschaftler Reinhold Brinkmann verliehen. Aus diesem Anlass kam es in der Weihnachtszeit zu einem außerordentlich umfangreichen Gespräch zwischen Brinkmann und dem Komponisten Wolfgang Rihm, wo in lockerer Form die Belange der Musik heute und die Schatten aus dem letzten Jahrhundert diskutiert wurden. Die neue musikzeitung dokumentiert im folgenden dieses Gespräch in Auszügen. In einem Gespräch mit Reinhard Schulz im Vorfeld der Preisverleihung (am 31. Mai 2001) ging Frau Hildegart Eichholz vom Ernst von Siemens Musikpreis auf die Intention und die Geschichte des Preises ein.
„1972 hat Ernst von Siemens, der Enkel des Gründers der Siemens AG, den Musikpreis ins Leben gerufen. Er war ein großer Freund der klassischen ernsten Musik, und er wollte sein privates Vermögen einbringen, um das Lebenswerk eines Komponisten oder Interpreten anzuerkennen.“ Verpflichtung also war die Auszeichnung eines Lebenswerks, was in der Regel beinhaltet, dass der Preis an Personen geht, die finanziell nicht darauf angewiesen sind. In vielen Fällen wurde das Geld dann in weitere Arbeitsprojekte gesteckt. Ernst von Siemens hatte freilich eine eher konservativ ausgerichtete Position. Konflikte mit den Entscheidungen des Kuratoriums? „Die Verleihung des Preises an Karlheinz Stockhausen 1986 war vielleicht die erste Klippe. Ernst von Siemens konnte damit gar nichts anfangen, doch er hat die Entscheidung respektiert. Der Preisverleihung blieb er dann fern. Das war das Höchste an Einspruch. Nach seinem Tod 1990 hat sich dann der Preis immer mehr auf die Neue Musik zubewegt.“ Ein Preis also, der sich von den ursprünglichen Intentionen des Stifters wegbewegt? „Nun, Ernst von Siemens war ein viel zu intelligenter Mann, um nicht zu begreifen, dass er sich nicht gegen diesen Zug der Zeit stellen konnte. Der Preis, das ist auch ein Lernprozess. Neue Musik ist Arbeit, dafür war Ernst von Siemens immer offen. Und ein verantwortungsvoll arbeitendes Kuratorium, dessen Wirken mit der Zeit geht, handelt gewiss nicht gegen die Stiftungsidee.“

In diesem Jahr wird der Ernst von Siemens Musikpreis an den an der Harvard Universität lehrenden deutschen Musikwissenschaftler Reinhold Brinkmann verliehen. Aus diesem Anlass kam es in der Weihnachtszeit zu einem außerordentlich umfangreichen Gespräch zwischen Brinkmann und dem Komponisten Wolfgang Rihm, wo in lockerer Form die Belange der Musik heute und die Schatten aus dem letzten Jahrhundert diskutiert wurden. Die neue musikzeitung dokumentiert im folgenden dieses Gespräch in Auszügen. In einem Gespräch mit Reinhard Schulz im Vorfeld der Preisverleihung (am 31. Mai 2001) ging Frau Hildegart Eichholz vom Ernst von Siemens Musikpreis auf die Intention und die Geschichte des Preises ein.„1972 hat Ernst von Siemens, der Enkel des Gründers der Siemens AG, den Musikpreis ins Leben gerufen. Er war ein großer Freund der klassischen ernsten Musik, und er wollte sein privates Vermögen einbringen, um das Lebenswerk eines Komponisten oder Interpreten anzuerkennen.“ Verpflichtung also war die Auszeichnung eines Lebenswerks, was in der Regel beinhaltet, dass der Preis an Personen geht, die finanziell nicht darauf angewiesen sind. In vielen Fällen wurde das Geld dann in weitere Arbeitsprojekte gesteckt. Ernst von Siemens hatte freilich eine eher konservativ ausgerichtete Position. Konflikte mit den Entscheidungen des Kuratoriums? „Die Verleihung des Preises an Karlheinz Stockhausen 1986 war vielleicht die erste Klippe. Ernst von Siemens konnte damit gar nichts anfangen, doch er hat die Entscheidung respektiert. Der Preisverleihung blieb er dann fern. Das war das Höchste an Einspruch. Nach seinem Tod 1990 hat sich dann der Preis immer mehr auf die Neue Musik zubewegt.“ Ein Preis also, der sich von den ursprünglichen Intentionen des Stifters wegbewegt? „Nun, Ernst von Siemens war ein viel zu intelligenter Mann, um nicht zu begreifen, dass er sich nicht gegen diesen Zug der Zeit stellen konnte. Der Preis, das ist auch ein Lernprozess. Neue Musik ist Arbeit, dafür war Ernst von Siemens immer offen. Und ein verantwortungsvoll arbeitendes Kuratorium, dessen Wirken mit der Zeit geht, handelt gewiss nicht gegen die Stiftungsidee.“ Für die nächsten drei Jahre (zunächst) hat die Stiftung eine Million Mark mehr zur Verfügung, der Gesamtetat konnte auf 2,5 Millionen Mark erhöht werden. Dadurch hat man die Möglichkeit, bei den Zusatzpreisen über das bisherige Verfahren hinauszugehen, auf Anträge zu reagieren. Alljährlich sollen in globalem Sinne zwei Länder (diesmal Polen und New York in den USA) besonders berücksichtigt werden, wofür die Vorschläge von kundigen Personen vor Ort eingeholt werden. Die Höhe des Hauptpreises bleibt vorerst bei 250.000 Mark. Heute gibt es freilich mehrere Musik- oder Kunstpreise, die sich in vergleichbarer Höhe bewegen. Droht dadurch innnerhalb dieser Landschaft eine gewisse Nivellierung? „Der Ernst von Siemens Musikpreis wird, zumindest im europäischen Raum, immer wieder als Nobelpreis der Musik bezeichnet. Das ist eine Würdigung durch die öffentlichen Medien, der sich der Preis immer wieder gerne stellt. Ich möchte aber noch einen zweiten Punkt ganz besonders hervorheben: Der Hauptpreis, der immer als Aushängeschild in den Medien behandelt wird, ist nur ein Bruchteil, jetzt gerade mal ein Zehntel der vergebenen Summe. Immer versuche ich darauf hinzuweisen, dass der Rest, mehr als zwei Millionen Mark, den eigentlichen Sinn der Stiftung ausmacht. Wir unterstützen wissenschaftliche Forschungen und Konzertprojekte, wir geben jungen Komponisten mit den Förderpreisen von 50.000 Mark die Möglichkeit, eine geraume Zeit ohne finanziellen Druck ihrer Arbeit nachzugehen. Natürlich steht der Hauptpreisträger immer im Rampenlicht, und das soll auch so sein. Aber das, was sich gewissermaßen in seinem Schlepptau ereignet, ist zumindest ebenso wichtig – und für die betroffenen Personen wohl noch weit wichtiger. Das ist das eigentliche Verdienst des Ernst von Siemens Musikpreises. Hierin unterscheiden wir uns auch von den anderen großen Preisen.“
Bald kann der Ernst von Siemens Musikpreis auf eine Geschichte von drei Jahrzehnten zurückblicken. Unter den Hauptpreisträgern findet sich bislang keine Frau (auch das Kuratorium ist fest in männlicher Hand). Ein maskuliner Preis? „Hier ist wirklich ein echter Bedarf. Aber bei den Entscheidungen bisher wurde immer wieder festgestellt, dass es in Bezug auf ein Lebenswerk noch nicht gereicht hat. Es ist gewiss keine Frauenfeindlichkeit. Aber es muss, manchmal möchte man sagen leider, immer eine subjektive Entscheidung bleiben. Und dann wird einem manchmal durch den Tod einer für den Preis anstehenden Person das Heft aus der Hand genommen. Ich denke an Nono oder jetzt an Xenakis. Und ich wäre froh, wenn es endlich auch einmal eine Frau wäre.“

Abschließende Frage war, wie es denn zu diesem wirklich immensen Gespräch zwischen Reinhold Brinkmann und Wolfgang Rihm gekommen sei. „Wir haben uns überlegt, dass Brinkmann, der ja in den USA lebt, hier so selten argumentativ zu haben ist. Hermann Danuser aus dem Kuratorium kam dann auf die schöne Idee, Rihm und Brinkmann einfach zusammenzuspannen und sie über Musik reden zu lassen. Rihm war über die Weihnachtstage in Badenweiler und Brinkmann war in diesen Ferien in Berlin. Wir fragten ihn, ob er nicht nach Badenweiler zu so einem Ad-hoc-Gespräch kommen wollte, und er war sofort bereit. Und dann saßen sie zwei Tage zusammen und haben über die Belange der Musik gesprochen.“ Es entstand ein Versuch, sich zwanglos und zugleich tief und mit engagiertem Ernst über die musikkulturellen Bedingungen heute zu unterhalten. Vielleicht ein Gespräch in sokratischem Geiste. (Das vollständige Gespräch wird im Oktober bei der ConBrio Verlagsgesellschaft in Buchform erscheinen, Preis: 19,80 Mark)

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