Am 14. Januar 1903 trafen sich in Berlin die Mitglieder der „Genossenschaft Deutscher Tonsetzer“ (GDT), um die Gründung einer „Deutschen Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht“ zu beschließen – eine Initiative, die maßgeblich auf den Komponisten Richard Strauss und seine Mitstreiter Friedrich Rösch und Hans Sommer zurückging. Somit kann die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) in diesem Jahr auf eine hundertjährige Geschichte der kollektiven Wahrnehmung musikalischer Urheberrechte in Deutschland zurückblicken. Dies war ein Anlass, den Verfasser dieses Beitrags einzuladen, einen Vortrag über Aufgaben und Arbeit der GEMA auf der diesjährigen Bundesdelegiertenversammlung des DTKV zu halten. Die Kernpunkte dieses Vortrags sind im Folgenden zusammengefasst.
Mitgliedschaft
Die GEMA ist organisiert als rechtsfähiger wirtschaftlicher Verein, dem Komponisten, Textdichter von vertonten Texten und Musikverleger beitreten und sich anschließen können. Mit dieser Vereinsform setzt die GEMA die Tradition der demokratischen Selbstverwaltung durch die Musikurheber und ihre Verleger fort, wie sie 1903 begründet wurde. Die GEMA unterscheidet zwischen ordentlichen, außerordentlichen und angeschlossenen Mitgliedern. Angeschlossenes Mitglied können alle werden, die einen Berechtigungsvertrag mit der GEMA abschließen (Kosten: Aufnahmegebühr von EUR 51,13 und jährlicher Mitgliedsbeitrag von EUR 25,56). Das Erlangen der außerordentlichen Mitgliedschaft ist an den Nachweis des berufmäßigen Könnens als Komponist wie als Textdichter und an eine Mindestanzahl von tatsächlich genutzten Werken geknüpft. Die ordentliche Mitgliedschaft schließlich setzt eine fünfjährige außerordentliche Mitgliedschaft und ein bestimmtes finanzielles Mindestaufkommen voraus. Die GEMA hatte am 31.12.2001 insgesamt 58.870 Mitglieder (davon 2.779 ordentliche, 6.026 außerordentliche und 50.065 angeschlossene Mitglieder). Diese Unterscheidungen haben keinerlei Auswirkungen bei der Wahrnehmung der Rechte. Allerdings haben nur ordentliche Mitglieder zum Beispiel das Stimmrecht bei der jährlichen Mitgliederversammlung oder Anspruch auf Alterssicherung und Sozialleistungen der GEMA.
Aufgaben der GEMA
Einem Urheber stehen nach den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes unter anderem zwei wesentliche Rechte zu: Er hat zum einen das ausschließliche Recht, sein Werk in irgendwelcher Form zu verwerten und zum anderen das Recht auf eine angemessene Vergütung für jede Nutzung seiner Werke. Kurz gesagt: Er muss vor jeder Verwertung seiner Werke um Erlaubnis gefragt und zudem für die Nutzung bezahlt werden. In der Praxis erscheint es allerdings unmöglich, dass ein Urheber selbst jede Verwertung seiner Werke kontrollieren und sich die Vergütungen sichern kann. Auch für die Nutzer von Musik würde die Einholung der Rechte kompliziert und aufwendig sein. Hier tritt die Dienstleistung der GEMA ein, die den Musiknutzern die – ihr von den Urhebern übertragenen – Rechte einräumt und die dafür kassierten Gelder an die Inhaber der Rechte verteilt.
Die GEMA nimmt die folgenden Urheberrechte an den Musikwerken ihrer Mitglieder wahr:
1.) das musikalische Aufführungsrecht.
2.) das Senderecht für Hörfunk und Fernsehen.
3.) das mechanische Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht betreffend Ton- und Bildtonträger, Multimedia- und andere Datenträger, einschließlich des Rechts der Aufnahme auf derartige Träger sowie einschließlich der Vergütungsansprüche für die sogenannte „private Vervielfältigung“.
4.) das Recht der Lautsprecherwiedergabe (zum Beispiel von Hörfunksendungen oder von Ton- oder Bildtonträgern).
5.) das Recht der Wiedergabe von Fernsehsendungen.
6.) das Filmvorführungsrecht sowie das Filmherstellungsrecht (eingeschränkt).
7.) das Recht, Musikwerke in Datenbanken, Dokumentationssysteme oder in Speicher ähnlicher Art einzubringen, beziehungsweise diese elektronisch oder in ähnlicher Weise zu übermitteln (mit Einschränkungen).
8.) die Vergütungsansprüche für das Vermieten und Verleihen von Ton- und Bildtonträgern.
Die unter 1.), 2.) und 4.) genannten Rechte werden indessen, wenn es sich um das sogenannte „Große Recht“, das heißt um die bühnenmäßige Aufführung oder um die vollständige Sendung dramatisch-musikalischer Werke (wie Opern) handelt, nicht von der GEMA, sondern von den Rechte-Inhabern selbst wahrgenommen.
Die Hauptarbeitsbereiche
Die Arbeit der GEMA – wie jeder anderen urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaft auch – lässt sich in drei Hauptarbeitsbereiche gliedern:
1.) Die Inkassotätigkeit. Hier hat die GEMA, um die sehr unterschiedlichen Formen der Musiknutzung jeweils angemessen und einheitlich zu lizenzieren, ein differenziertes Tarifsystem entwickelt, das sich in elf Hauptbereiche (wie für Aufführung, Sendung, Vervielfältigung ) mit 64 nutzungstypischen Einzeltarifen gliedert. Neu sind die Vergütungssätze für die Online-Musiknutzung im Internet. Für Kunden, die Musik aufführen oder wiedergeben wollen, steht deutschlandweit ein Netz von GEMA-Bezirksdirektionen zu Verfügung. Für Fragen der Vervielfältigung von Tonträgern ist die GEMA-Direktion Industrie in München zuständig. Informationen zu den einzelnen Tarifen, zu den Adressen der Bezirksdirektionen beispielsweise, finden sich auf der Homepage der GEMA im Internet. Ein Blick auf die Erträge der GEMA im Jahr 2001 (= 810,5 Mio. EUR) zeigt, dass auch hier drei wesentliche Tätigkeitsbereiche unterschieden werden können:
Erträge 2001: 810,5 Mio. EUR 100 %
a) Musikwiedergabe
(davon „Mechanische Musik“:
11,9 %, davon „Lebende
Musik“: 8,2 %) 20,1 %
b) Rundfunk und Fernsehen 25,1 %
c) Bild- und Bildtonträgerindustrie 34,5 %
Erträge aus allen sonstigen Sparten 20,3 %
2.) Die Dokumentation. Sie ist das Rückgrat der Arbeit einer Verwertungsgesellschaft, und die GEMA hat hier am 30.10.2002 einen wichtigen Modernisierungsschritt vollzogen mit der Einführung des neuen Datenverarbeitungssystems DIDAS (Datenbank für ein integriertes Dokumentations- und Abrechnungs-System). In dieser Datenbank sind zur Zeit über 5,5 Millionen Musikwerke und 287.000 audiovisuelle Werke gespeichert, zudem werden Daten zu 426.000 Beteiligten mit 693.000 Berechtigungsverträgen und 75.000 Katalogvereinbarungen verwaltet.
3.) Bei der Verteilung nimmt die GEMA ebenfalls – wie beim Inkasso – auf die unterschiedlichen Formen der Musiknutzung Rücksicht: So gibt es jeweils einen Verteilungsplan für das Aufführungs- und Senderecht, für das mechanische Vervielfältigungsrecht und einen neuen vorläufigen Verteilungsplan für den Nutzungsbereich Online. Innerhalb dieser Bereiche wird nutzungsabhängig weiter differenziert. So kennt zum Beispiel der Verteilungsplan für das Aufführungs- und Senderecht 20 unterschiedliche Abrechnungssparten. Auch die Verteilungspläne sind im Internet auf der GEMA-Homepage hinterlegt.
Mit ihrem umfangreichen Weltmusikrepertoire und den modernen technischen Arbeitsmitteln sieht die GEMA – auf der Basis ihrer 100-jährigen Geschichte – den zukünftigen Herausforderungen mit gutem Mut entgegen.
Das Buch zum Jubiläum „Musik hat ihren Wert“ erscheint Anfang Mai im ConBrio Verlag Regensburg, siehe auch Seite 36
Quellen der zitierten Zahlen:
GEMA-Jahrbuch 12, 2002/2003;
GEMA-Brief 44, Dezember 2002