Ursula Seiler, jetzige Firmenchefin der international bekannten Klavierbaufirma Seiler Kitzingen, war gerade auf dem (Karriere-) Sprung nach Atlanta zum internationalen Großkonzern Coca-Cola, wo sie als weit gereiste Sprachenstudentin mit viel Auslandserfahrung in der europäischen Niederlassung in Essen angefangen hatte zu arbeiten, als das Schicksal sie als Dolmetscherin zur Frankfurter Musikmesse und zur Firma Seiler verschlug. Ihre Mutter hatte erfahren, dass Steffen Seiler verzweifelt noch eine „Sprachendame“ für die Messe suche, Ursula Seiler nahm Urlaub und den Job an. Aber es war bald nicht nur die Liebe zum Firmenchef, sondern auch seine Philosophie der Unternehmensführung und die außergewöhnlich schönen Flügel und Pianos, die sie faszinierten: „Die Möglichkeit der Mitarbeiter, die eigenen Gedanken selbstverantwortlich umsetzen zu können“, hat sie begeistert, „das war der Unterschied – auch zu Coca-Cola.“
Ursula Seiler, jetzige Firmenchefin der international bekannten Klavierbaufirma Seiler Kitzingen, war gerade auf dem (Karriere-) Sprung nach Atlanta zum internationalen Großkonzern Coca-Cola, wo sie als weit gereiste Sprachenstudentin mit viel Auslandserfahrung in der europäischen Niederlassung in Essen angefangen hatte zu arbeiten, als das Schicksal sie als Dolmetscherin zur Frankfurter Musikmesse und zur Firma Seiler verschlug. Ihre Mutter hatte erfahren, dass Steffen Seiler verzweifelt noch eine „Sprachendame“ für die Messe suche, Ursula Seiler nahm Urlaub und den Job an. Aber es war bald nicht nur die Liebe zum Firmenchef, sondern auch seine Philosophie der Unternehmensführung und die außergewöhnlich schönen Flügel und Pianos, die sie faszinierten: „Die Möglichkeit der Mitarbeiter, die eigenen Gedanken selbstverantwortlich umsetzen zu können“, hat sie begeistert, „das war der Unterschied – auch zu Coca-Cola.“Kennen gelernt hatte Steffen Seiler, der 1998 starb und dessen Werk nun seine Frau Ursula weiter führt, diese Offenheit in Skandinavien, wo er nach dem Verlust der Produktionsstätten in Liegnitz im damaligen Schlesien nach 1945 wieder ganz von vorne anfangen musste. Alles was er aus einer fast 100 Jahre alten Firmentradition retten konnte, waren die zersägten Gussplatten-Modelle und Schablonen, die er in einem Rucksack über die Grenze trug. In Dänemark fand der mutige junge Mann, der sein Klavierbauerhandwerk unter anderem in der Metropole der Klavierbaukunst – in Wien – gelernt hatte, eine Zwischenheimat. Dort baute er nach alter Tradition, die 1849 von seinem Vorfahren Eduard Seiler, seinerseits Schreiner und Musiker, begründet worden war, sein erstes Klavier, mit dem er gar nicht zufrieden war. Dieselbe Unzufriedenheit hatte schon Eduard dazu veranlasst, sein erstes Klavier zu bauen, denn der engagierte Pianist war mit den importierten ausländischen Modellen einfach nicht glücklich.1961 erstand Steffen Seiler, als er Verwandte in Nürnberg ausfindig machen konnte, eine ehemalige Schreinerei im fränkischen Kitzingen und gründete den westdeutschen Zweig der Traditionswerkstätten. Der Kreis schließt sich: schon während der Nachmesse-Arbeiten wuchsen Ursula Seiler die Klaviere und vor allem die Menschen ans Herz: „Das Wunderbare in diesem Umfeld ist vor allem der persönliche Kontakt zu Künstlern und Händlern wie gerade kürzlich französische Gäste bei einem Wochenendkurs: die fühlen sich so wohl und drücken einem so fest die Hand... Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in einer anderen Branche so herzlich zugeht.“
Die Entwicklung des Klangs
Heutzutage genügt es auf einem heiß umkämpften Markt aber nicht mehr, „nur“ den unverwechselbaren transparenten Klang der Seiler-Instrumente über die Jahrzehnte hinweg aufrecht zu erhalten und ein Produkt zu schaffen, auf das man sich 80 Jahre oder auch länger verlassen kann: „Die Konzeption unseres Klavierbaus ist so ausgerichtet, dass sich die Schönheit des Klanges in den Folgejahren veredelt, das heißt wenn sie heute ein Instrument im Handel kaufen, ist die Klangschönheit eines echten Seilers noch ausbaufähig. Das ist unsere Philosophie.“
Steffen Seiler war überdies ein so kreativer Mann, dass er beinahe jeden Tag mit einem neuen Gedanken, einer neuen Idee aufwartete. „Am Anfang hat mich das nervös gemacht, weil das, was wir am Tag vorher beschlossen hatten, am nächsten Tag schon wieder hinfällig war. Heute begreife ich, dass das sehr wichtig war. Diese vielen Veränderungen haben uns den Ruf eingebracht, den wir haben.“ Die klavierbauerischen Erfindungen und Patente können sich sehen lassen: das Seiler Membrator-System (1983), der erste voll midifizierte akustische Flügel (1987), eine Super-Magnet-Repetitions-Mechanik (1993) oder der Tonvolumen-Stabilisator (1995). 1996 stellte Seiler den EliteTrainer vor, das weltweit einzige voll midifzierte Übungsinstrument mit kompletter Flügelmechanik und Dämpfung zum lautlosen Üben (DuoVox-System). Eine weitere Nische wurde durch die Verwendung der besonderen Furnierhölzer gefunden, über 70 hat Seiler im Angebot. Trends wie das „ApfelbaumKlavier“ wurden kreiert, ein wichtiger Zweig für eine Firma, die zirka Dreiviertel ihrer Flügel ins Ausland, vor allem nach Amerika liefert. Dort stellt sich nämlich auch ein Privatmann einen nach Wunsch gefertigten 2,40-Meter-Flügel in die Wohnung. Trotzdem bleibt es für Ursula Seiler als deutsche Herstellerin wichtig, auf dem deutschen Markt präsent zu sein. Aber es war und ist nicht nur die Weiterentwicklung der Technik, was die Firmenchefin bewegt, sondern auch die Menschen, die Klavier spielen: zum 150-jährigen Firmenjubiläum 1999 wurde der 1. Internationale Klavierwettbewerb Kitzingen zur Förderung junger Pianisten und das Klavierfestival Kitzingen am Main ins Leben gerufen: „Was ich immer wieder als Herausforderung empfinde, das ist die Begeisterung des Publikums, das gemeinsame musikalische Erlebnis. Es bildet sich eine Gemeinsamkeit; vormals Fremde stehen nach dem Konzert zusammen, es wird über die Musik gesprochen – das macht uns Freude“.
Förderung der Klaviermusik
Ebenfalls 1999 wurde im Andenken an den 1998 Verstorbenen der Steffen Seiler Verein zur Förderung der Klaviermusik gegründet: „Zeit seines Lebens hat er sich sehr um junge Klavierbauer gekümmert, menschlich und finanziell auch um junge Pianisten. Wenn Feste gefeiert wurden, wurden immer junge Menschen aus dem Umfeld eingeladen zu spielen. 1997 riefen wir das erste Seiler Klavierfestival ins Leben, es war ein Test, um auszuprobieren, ob die Leute aus der Umgebung darauf ansprechen. Wir wollen zeigen, wer wir sind, nämlich Klavierbauer. Wir wollen nicht nur elitäre Pianisten, sondern auch junge Talente spielen lassen. Wir sind Hersteller und möchten zum Ausdruck bringen, wie schön Musik ist. Das ist der Hintergrund.“
Ein weites Feld
Inzwischen haben sich die Aktivitäten des Vereins bereits erweitert: es gibt einen Steffen-Seiler-Gedächtnis-Preis für die feinsinnigste Chopin-Interpretation, der Verein sponsert internationale Wettbewerbe, Festivals und Meisterkurse in ganz Europa und versucht, auch die östlichen Länder mit zu integrieren. Aber auch der Laien- und der soziale Bereich sollen nicht außer acht gelassen werden, denn auch die breite Förderung der Klaviermusik liegt Ursula Seiler und ihrem Team am Herzen: „Wir wollen möglichst vielen Menschen nahe bringen, dass aktiv Musik zu machen etwas Wunderbares ist, eine Bereicherung des Lebens. Und das hängt nicht vom Niveau ab.“ 80 Prozent aller Menschen in Deutschland wollen Klavier spielen, über Finanzierungsmöglichkeiten etwa will der Verein helfen, dass sich mehr Leute das Spielen leisten können.
Optimistisch in die Zukunft
Die nächste Generation steht schon in den Startlöchern: Tochter Manuela, Diplom-Pianistin, macht gerade ihren Diplom-Kaufmann und hat sich entschlossen, in die Firma einzusteigen. Bereits 1994 hat sie noch mit ihrem Vater an jedem Arbeitsplatz zur Herstellung von Flügeln und Pianos gearbeitet. „Sie ist eine 100-prozentige Kopie ihres Vaters, hat auch sein technisches Talent, seine musikalische Begabung und seine Stärke – er hat alles dagelassen.“ Am Ende des Interviews hat sich die Schlussfrage eigentlich von selbst erledigt, woher nimmt Ursula Seiler ihre Stärke, das Unternehmen so weiterzuführen: „Freude und Dankbarkeit – mein Beruf ist mein Hobby, es ist wirklich so.“
Mehr Informationen im Internet:
seiler-pianos.de
steffen-seiler-verein.de