Michael Peters ist seit November 1993 Mitglied der Geschäftsführung der Messe Frankfurt GmbH und als solches unmittelbar für die Frankfurter Musikmesse verantwortlich. Der promovierte Betriebswirt war bereits in den Jahren 1979 bis 1989 für die Frankfurter Messe tätig, zunächst als Assistent der Geschäftsführung, später als Bereichsleiter Marketing und als Generalbevollmächtigter. Nach einigen Jahren Tätigkeit in der Unternehmensberatung wurde er 1993 in die Geschäftsführung der Messe geholt. Über die Entwicklung der Musikmesse bis heute und zukünftige Strukturen sprach Barbara Haack für die neue musikzeitung mit dem Messechef.
Michael Peters ist seit November 1993 Mitglied der Geschäftsführung der Messe Frankfurt GmbH und als solches unmittelbar für die Frankfurter Musikmesse verantwortlich. Der promovierte Betriebswirt war bereits in den Jahren 1979 bis 1989 für die Frankfurter Messe tätig, zunächst als Assistent der Geschäftsführung, später als Bereichsleiter Marketing und als Generalbevollmächtigter. Nach einigen Jahren Tätigkeit in der Unternehmensberatung wurde er 1993 in die Geschäftsführung der Messe geholt. Über die Entwicklung der Musikmesse bis heute und zukünftige Strukturen sprach Barbara Haack für die neue musikzeitung mit dem Messechef.neue musikzeitung: Seit wann gibt es die Frankfurter Musikmesse in der heutigen Form?: Welches sind die Inhalte der „Prolight + Sound“ in Abgrenzung zur eigentlichen Musikmesse?Michael Peters: In der Form, wie wir sie heute kennen, gibt es die Messe seit 1980. Aber Musikinstrumente waren schon seit 1948 Teil der Konsumgütermesse. Die waren so erfolgreich, dass sie sich 1980 entschlossen haben, eine eigene Musikmesse zu veranstalten. Vor sieben Jahren haben wir die „Prolight + Sound“ geschaffen mit einer eigenen Klientel auf der Besucher- und Ausstellerseite, die sich immer mehr emanzipiert und sich vom Thema Musik auch löst.
: Inhalt der „Prolight + Sound“ war schwerpunktmäßig alles das, was mit dem professionellen Aufführen und Erleben von Musik zu tun hatte, sei es Live-Studio oder Aufzeichnen, sei es Licht, Ton, Bühnenbau und Studio-Ausstattung, also alles das, was man braucht, um Musik zu hören, zu reproduzieren, aufzunehmen und zu speichern. Mittlerweile ist das aber nur noch ein Teilsegment, weil man diese Techniken nicht nur braucht, um Musik aufzuführen, sondern auch in ganz anderen Bereichen. Deshalb verändert sich die „Prolight + Sound“ in Richtung auf eine Veranstaltung, die sich auf alle Bereiche der Event-, Veranstaltungs- und Ausstellungstechnologie bezieht, und lässt damit zwar ihr Standbein im Thema Musik, bekommt aber ein Spielbein, das in ganz andere Bereiche geht. Das werden wir weiter ausbauen in den nächsten Jahren.: Wie hat sich die Messe seit ihrem Beginn zahlenmäßig entwickelt?
: 1980 haben wir angefangen mit 30.000 Besuchern, 500 Ausstellern und 20.000 Quadratmetern. Die Ausstellerzahlen haben sich inzwischen vervierfacht, die Besucherzahlen verdreifacht.: Sie haben einige strukturelle Veränderungen für die Musikmesse geplant. Was verändert sich, was möchten Sie damit erreichen?
: Wir werden in diesem Jahr mit einem Kreis von Ausstellern einen Themenpark zu einer bestimmten Instrumentengattung realisieren. Es wird ein sogenanntes „Acoustic Village“ geben. Das beinhaltet alle akustischen Instrumente in einem eigenen Hallen-Areal, deren Aussteller und das Zubehör. Dabei müssen Architektur und Ambiente diesem Thema, der Ruhe und der Stille, die man braucht, um akustische Instrumente zu hören und zu erleben, gerecht werden.: Wie kann man sich dieses „Acoustic Village“ konkret vorstellen?
Wir müssen der Messe ein neues Gepräge geben. Wir können die Aussteller nicht immer wie in einer Massentierhaltung in irgendwelchen Käfigen nebeneinander aufreihen, sondern müssen ihnen auch die Möglichkeit geben, sich zu entfalten. Das ist ein neuer Schritt, eine neue Denkweise, die wir gemeinsam mit den Ausstellern am Beispiel des Themenparks „Acoustic Village“ der Industrie exemplarisch zu zeigen versuchen. Wir fragen die Aussteller: In welchen Bereichen hättet ihr denn auch Bedarf, so etwas zu machen, kann man nicht den Piano Salon auch zu einem eigenen Themenpark machen? Kann man nicht das ganze Thema Musikalien, Verlage ganz anders darstellen als es heute ist? Gibt es da nicht noch etwas anderes als in Boxen und Kisten Noten zu präsentieren? Wir wollen versuchen, der Industrie eine eigene neue Kreativität einzuhauchen und deshalb investieren wir in das „Acoustic Village“.
: Die Aussteller gruppieren sich um ein Zentrum wie um einen Marktplatz. In der Mitte des Marktplatzes ist eine offene Bühne. Auf diese Bühne gehen die Messebesucher mit Instrumenten, um dort zu spielen. Ansonsten ist Totenstille in der Halle. Wenn jemand auf den Ständen ein Instrument probieren will, dann kann er das natürlich. Wenn er rein akustisch spielt, ist es kein Problem; das verdaut so eine Halle. Aber wenn er seine Gitarre gerne über ein Mikrofon abnehmen möchte, dann muss er in eine Schallkabine gehen. Diese stellen wir auch zur Verfügung, das wird unser Service sein.: Ein anderer Schwerpunkt der diesjährigen Messe wird das Projekt „Music for kids“ sein. Welche Hintergründe stecken hinter dieser Idee?
: Ausgehend von der Kernzahl, dass in Amerika zwölf Prozent der Menschen Musik machen und in Europa nur acht Prozent, haben wir uns gedacht: die zwölf müssen wir auch irgendwie schaffen. Außerdem sind wir natürlich mit acht Prozent ein bisschen wenig, um auch in Zukunft eine Musikmesse veranstalten zu können. Die Frage ist: Wird die Musikmesse auf Dauer bestehen können?: Im Jahr 2000 hieß das Schwerpunkt-Thema der Messe „Internet“. Die Realisierung hielt noch nicht ganz das, was die Ankündigungen versprachen. Wie soll das Thema zukünftig berücksichtigt werden?
Wir haben den Nachwuchs als die für uns entscheidende Gruppe identifiziert. Wir müssen mehr dafür tun, dass Menschen Musik machen können. Wir hätten viele, viele Einrichtungen fragen können, aber das haben wir nicht gemacht. Wir haben uns vielmehr gefragt, wie das jemand machen würde, der sich sonst damit beschäftigt, Kinder zu unterhalten. Wie würde dieser den Kindern das Thema Musik näher bringen? Wir sind auf eine Agentur gestoßen, die auf der EXPO und auch hier auf der IAA Kindern das Thema Mercedes näher gebracht hat. Die haben wir gefragt, ob wir das nicht gemeinsam mit dem Thema Musik versuchen können. Es entsteht also ein Musikerlebnispark, genannt „Music for kids“. Es gibt an den Wochentagen geführte Rundgänge für Kindergruppen durch die einzelnen Bestandteile, am Wochenende können die Kinder das alleine ausprobieren.
: Das Thema Internet machen wir weiter. Sicher waren die Teilnehmer im letzten Jahr alle ein bisschen euphorischer. Aber nach wie vor passiert so viel zum Thema Musik im Internet, sowohl, was passives Musikerleben – Beispiel Napster –, als auch was das aktive Musizieren angeht. Unsere Absicht ist es, alle hierher zu bringen und sich als Musikportale nicht nur virtuell, sondern auch real den potenziellen Nutzern zu präsentieren. Die Internet-Aussteller sind in diesem Jahr in die Halle integriert und werden auf diese Weise auch mehr Platz haben. Aber das ist wie das Medium selbst: es ist alles in der Entwicklung, und es gibt noch keine festen Strukturen.: Es gibt eine Reihe von weiteren Musikmessen in Europa, zum Beispiel die Midem, die PopKomm. Wie positioniert sich die Frankfurter Messe in diesem Konzert?
: Die Musikmesse ist in ihrer Bedeutung und ihrer Größe zumindest quantitativ das zentrale Event in der Welt. Was wir hier aufgebaut haben über die vielen Jahre, hat eine sehr starke Tradition und eine sehr hohe Internationalität. Wir sind nach wie vor der internationale Treffpunkt für die Einkäufer. Wir sind eine Fachmesse. Über viele Jahre ist hier geordert worden. Das geht im Moment auf allen Märkten zurück: Auf Messen wird weniger geordert, man will sich eher über Neuheiten informieren. In den letzten Jahren ist das Musikerlebnis hinzugekommen. Am Wochenende wollen wir zudem versuchen, die Bevölkerung stärker an das Thema Musik heranzuführen. Wir sind jetzt bei fast 100.000 Besuchern, davon über die Hälfte Fachbesucher, und das ist eine gesunde Zahl.: Es gibt andere internationale Messen, an denen Sie selbst beteiligt sind wie zum Beispiel die Messe in St. Petersburg.
Die anderen Musikmessen, die alle zu dem Bereich der Musikwirtschaft gehören, sind kleine Nischen: die Nische der Musikrechte in Cannes, die Nische der CD-Wirtschaft in Köln. Dazu kommen noch Musikreisen, Konzerte, Musikausbildung, wobei das Elemente sind, die nach und nach auch zur Musikmesse nach Frankfurt kommen und sie zu einem runden Erlebnis werden lassen. Die Nischenanbieter haben ihre Marktberechtigung. Unser Bestreben ist es dagegen, ein Voll-Sortimenter zu sein und alles, was mit Musik zu tun hat, einmal im Jahr zu zeigen.
: Unser Ausflug nach St. Petersburg ist die Erkenntnis aus Untersuchungen, die gezeigt haben: Wenn wir es nicht tun, macht es jemand anders. Wir können es uns nicht leisten, dass im unmittelbaren geografischen Umfeld jemand anders auch anfängt, Musikmessen zu machen. Außerdem sehen wir dort große Entwicklungschancen. Wir wollten 100 Aussteller haben auf 2.000 Quadratmetern, jetzt haben wir 170 auf über 4.000 Quadratmetern. Es war gut, dass wir das gemacht haben.: Auch 2002 soll es wesentliche strukturelle Veränderungen geben.
: Im nächsten Jahr werden wir uns nach vielen Jahren in festen Strukturen in eine neue räumliche Welt begeben. Es wird eine sehr kompakte Messe geben. Unser Ziel ist es, eine bessere Struktur und Transparenz entstehen zu lassen und damit auch kürzere Wege zu schaffen. Es sollen nicht mehr alle Instrumentengruppen durcheinander stehen. Im Moment muss jemand, der sich für Keyboards interessiert, in vier Hallen suchen. Wir wollen das besser zusammenfassen.: Gibt es hier Widerstände von Seiten der Aussteller, so wie vor zwei Jahren den Protest des Musikverleger-Verbandes?
Eine ganz wichtige Idee ist die Trennung von Business und Erlebnis und die Konkretisierung der Handelsorientierung. Wir wollen den Ausstellern auf einfache Art und Weise die Möglichkeit geben, weiterhin ihren Stand zu haben, wo sie ihre Produkte darstellen. Aber oft haben Aussteller keine Möglichkeit, sich irgendwo ein ruhiges Gesprächsareal einzurichten. Dafür wollen wir ein Handelsareal schaffen. Dort haben Fachbesucher in „private suites“, die Möglichkeit, zurückgezogen miteinander zu verhandeln. Wir wollen die Fachbesucherbetreuung, die in den Aussteller-Hallen nicht immer möglich ist, rausnehmen und dort angehen.
: Damals wollten wir die Halle 10 integrieren und die Verlage aus der Halle 8 herausnehmen: Da haben die Musikverleger empört reagiert. Jetzt haben wir zwei Jahre am neuen Konzept gebastelt. Das wird nun mitgetragen.: Einige Jahre hat die KlassikKomm. versucht, neben einem Ausstellungs- auch ein Kongresskonzept zu realisieren. Ist für die Frankfurter Musikmesse auch an eine solche inhaltliche Ausweitung gedacht?
Wenn wir von neuen Strukturen sprechen, dann bezieht sich das auf zwei Dinge. Einmal wollen wir klare Instrumentengruppen in den Hallen. Zu dieser Differenzierung kommt noch die Unterscheidung in Laut und Leise. Eine Keyboard- und Pianohalle hat ein anderes Geräuschmuster als eine Halle der Blasinstrumente. Wenn man diese Gruppen zusammen lässt, entsteht ein akustisches Durcheinander, das durchaus ertragbar ist. Sobald es jedoch nur Schlagzeuge sind, merken die Besucher vielleicht selber einmal, wie unerträglich es ist, wenn viele Schlagzeuge gleichzeitig spielen, und wie sehr das stört. Ich denke, dass nach dem Erlebnis des „Acoustic Village“ auch die anderen Instrumentengruppen kreativ werden und darüber nachdenken, was man anders machen kann.
: Ich glaube, dass wir da gar nicht drum herumkommen. Man muss Messen zukünftig anders inszenieren und anders dramatisieren. Das betrifft sowohl die formale Darstellung in den Hallen als auch das Aufzeigen von Freiräumen, die Aussteller kreativ nutzen können. Aber dazu gehört auch, dass man die Besucher nicht mehr dazu bringen kann, von morgens bis abends einfach durch die Hallen zu gehen. Da muss auch mal ein anderes Erlebnis her. Sei es, dass man sich mal zurückzieht und arbeitet oder einfach Musik hört und sich entspannt. Oder aber man hat die Möglichkeit, sich einen Vortrag oder einen Workshop zu einem bestimmten Thema anzuhören. Im „Prolight + Sound“-Bereich ist das schon heute so.: Vielleicht werden Sie nach den ersten Erfahrungen mit dem Projekt „Music for kids“ einmal die Menschen und Institutionen, die sich mit diesem Thema befassen, an einen Tisch holen, um es auf der Messe öffentlich anzugehen?
: Ich gehe davon aus, dass man einmal solche Menschen zusammenholt. Es gibt genügend Themen. Das gehört dazu, das muss sein. Da sind wir auch auf den Input von Verlagen angewiesen, die sagen: Wir machen mal was.: Was wünschen Sie sich von den Ausstellern? Gibt es Vorstellungen über zeitgemäße Standkonzepte, Präsentationen, Veranstaltungen?
: Ein genereller Wunsch richtet sich an alle Menschen, mit denen wir zu tun haben: diese Menschen, egal ob Aussteller oder Besucher, sind häufig retro-orientiert. Man liebt seine Gewohnheiten und Traditionen. Das Tragische ist, dass wir als Messe-Createure ständig gegen diese im Menschen tief sitzenden Verhaltensweisen angehen müssen. Wenn man mit dem Markt zu tun hat, stellt das ganze tägliche Arbeitsleben neue Probleme, weil der Markt sich ständig ändert und man ständig reagieren muss. Jetzt ändert sich auch noch die Messe, da soll man nun auch noch reagieren. Da würde ich mir auf der Aussteller- und Besucherseite mehr Toleranz wünschen. Diese Toleranz würde unmittelbar auch zu mehr Kreativität führen. Ich wünsche mir die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, nicht alles zu verteidigen und dabei vielleicht unterzugehen, sondern auch mal Herausforderungen zu sehen, zu sehen, dass der Markt von morgen nicht nur Risiken bietet, sondern auch eine Menge Chancen. Wir als Messe Frankfurt sind bereit, solche Dinge in den Musikmarkt hineinzutragen, wir investieren ja in die Zukunft. Eins ist uns klar: Wir können die Musikmesse nicht mehr so machen, wie sie vor 20 Jahren begonnen hat, und wenn wir sie uns in 20 Jahren vorstellen, sieht sie noch mal ganz anders aus. Wir können die Entwicklung gar nicht aufhalten, weil der Markt sie bewirkt. Wir haben das Ideal, dass es uns gelingt, die Menschen mehr zu sensibilisieren und zu mehr Kreativität zu bringen, damit sie sagen: Das machen wir gemeinsam. Letztlich ist es das Thema Musik, das uns alle verbindet.
Wir wollen erreichen, dass mehr und mehr Menschen in Deutschland aktiv musizieren. Je mehr Menschen in Deutschland musizieren, desto mehr Instrumente werden gebraucht, desto mehr hat der Handel zu tun, und desto besser für die Messe.