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Eine Frau wartet, und der Mann nimmt Rache

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Einzige Oper eines Kammermusikers: Gabriel Faurés „Pénélope“ in Chemnitz
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Gabriel Fauré (1845–1924) schrieb reizvoll-bedeutende Klavierwerke kleineren und mittleren Formats, vor allem aber hochkarätige Kammermusik. In dieser traditionell deutschen Domäne nimmt man in Deutschland einen Franzosen gewissermaßen nur widerstrebend zur Kenntnis; mit exquisiter Melodiegestaltung bei mild nazarenischer Farbabtönung unter Aussparung von Donnerworten entspricht Faurés Requiem schon eher dem, was man von einem Franzosen hier zu Lande zu hören gewohnt ist, und auch die Ballettsuite „Masques et Bergamasques“ erfreut sich bei uns einiger Beliebtheit. Die dazu gehörige Tanzdichtung stammt von René Fauchois, einem tüchtigen Dramatiker mit Antikenfaible. Er konnte Fauré zu seiner einzigen Opernkomposition motivieren: Pénélope, 1907 begonnen, 1912 beendet und uraufgeführt; die lange Entstehungszeit deutet auf die Sorgfalt hin, mit der Fauré zu arbeiten pflegte.

Gabriel Fauré (1845–1924) schrieb reizvoll-bedeutende Klavierwerke kleineren und mittleren Formats, vor allem aber hochkarätige Kammermusik. In dieser traditionell deutschen Domäne nimmt man in Deutschland einen Franzosen gewissermaßen nur widerstrebend zur Kenntnis; mit exquisiter Melodiegestaltung bei mild nazarenischer Farbabtönung unter Aussparung von Donnerworten entspricht Faurés Requiem schon eher dem, was man von einem Franzosen hier zu Lande zu hören gewohnt ist, und auch die Ballettsuite „Masques et Bergamasques“ erfreut sich bei uns einiger Beliebtheit. Die dazu gehörige Tanzdichtung stammt von René Fauchois, einem tüchtigen Dramatiker mit Antikenfaible. Er konnte Fauré zu seiner einzigen Opernkomposition motivieren: Pénélope, 1907 begonnen, 1912 beendet und uraufgeführt; die lange Entstehungszeit deutet auf die Sorgfalt hin, mit der Fauré zu arbeiten pflegte. Mit Beethoven und Smetana teilte Fauré das Los, in seinen späten Jahren zu ertauben; man könnte darüber spekulieren, ob diese biografische Bitternis auch seine musikstilistische Entwicklung entscheidend beeinflusste – den Weg vom überquellenden, farbsatten Romantizismus zu einer entchromatisierten „weißen“ Neuklassizität (ohne solche Nöte stellt sich Ähnliches bei Zemlinsky dar).

Die Oper bewegt sich gleichsam an der Nahtstelle der Umorientierung, changiert zwischen feinfühligem Impressionismus und schärferer klassizistischer Konturierung. Sie ist in ihrer unverwechselbaren Atmosphäre unbedingt als Unikat zu betrachten, eher vergleichbar Debussys „Pelléas et Melisande“ und Dukas’ „Ariane et Barbe-bleue“ als dem üppigen, aber auch routinehaften Opernfächer von Jules Massenet. Dieser hantiert im Orchestersatz mit geläufigen Klischees, die er mit sängerisch pikanten und effektvollen Inspirationen nobilitiert. Im Vokalen bleibt Faurés Oper spröder, mehr dem (zuweilen hochexpressiv gesteigerten) „parler“ Wagners, Debussys und Dukas verpflichtet. Der subtile „Wagnerianismus“ tritt aber viel mehr zurück als bei Chaussons „Roi Arthus“.

Der skrupulöse Kammermusiker Fauré ist auch in „Pénélope“ sehr merklich; hier wird mit strenger motivisch-thematischer Fortspinnungs- und Verarbeitungskunst ein engmaschiges Beziehungsnetz gewoben, das vor allem im Orchestralen symphonische Qualitäten evoziert, die Formgestaltung der drei Akte damit sozusa-gen unwiderleglich befestigt. Heißblütiger dramatischer Atem fehlt keines- wegs, doch die lyrische Grundhaltung bleibt bestimmend. Die Handlung verläuft ähnlich wie in Monteverdis „Il Ritorno d’Ulisse in patria“, doch konzentriert sich das Personenspektrum im Wesentlichen auf wenige Protagonisten, vor allem auf die Titelfigur: die unerschütterlich sehnsuchtsvoll auf den abwesenden Ehemann Wartende. In zwei Aspekten enthält das Sujet ein Skandalon: ein atavistisches und ein die moderne Psychologie herausforderndes.

Von archaischer Grausamkeit das Blutbad an den (bizarren) Freiern, sozusagen ein vielfacher Ritualmord, durch den Wiedersehensfeier und Ehebestätigung erst die richtige Würze bekommen. Von bohrender Merkwürdigkeit aber auch die homerische Wendung, dass Pénélope im Gegensatz zu anderen in ihrem Hausstand den als Bettler verkleideten Heimkehrer nicht erkennt. Dieser Umstand veranlasst Odysseus zu dem „patriarchalischen“ Verhalten, seine Frau und ihre (Nicht-)Beziehung zu den Nebenbuhlern einer langen und genauen Observation unterziehen zu können.

An dem das Patriarchat und seine Werte bestätigenden Stoff zweifelt auch die Chemnitzer Regisseurin Arila Siegert nicht; sie hebt diese Komponente noch mittels einer zusätzlich als stumme Tanzfigur hinzugefügten Athene (Göttin der Männerkämpfe und Odysseus’ Schutzgeist) hervor. Weniger dramatisch als musikalisch begründet ist der diskrete Einsatz einer Tanzgruppe, die kaum als separierte dekorative Einlage fungiert, mehr der „Auflichtung“ der sonstigen Personage dient analog zum fluiden Habitus der Musik.

Gekonnte Choreografie und Personenführung. Das finale Massaker wird nicht theatralisch ausgeschlachtet, die Erledigten verschwinden als Ornamente in der Netzstruktur eines Zwischenvorhangs – auch hier Treue zur musikalischen Distinktion. Dass Fauré das abschließende Triumph-Tableau ins Piano hineinführt, nimmt die Regisseurin überzeugend zum Anlass, das glatte Happy-End einer prekären Ehegeschichte unaufdringlich zu unterlaufen.

Eine interpretativ anspruchsvolle, gelungene szenische Arbeit, die sich auf die attraktive Bühnenoptik von Hans Dieter Schaal (und zeitlose Kostüme von Marie-Luise Strandt) stützen konnte; auffälligstes Architekturzeichen hier ein halbhoher Turm, Symbolort des Wartens und der Introversion Pénélopes. Mit zwei herausragenden Hauptsängern bekam die Aufführung einen hohen Rang. Richard Berkeley-Steele war ein lauernder, aber auch abrupt wendiger Ulysse, zunächst gebückt gnomenhaft wie der Glöckner von Notre Dame, schließlich zu viriler Majestät sich aufreckend – vom Stimmtypus her mit seinem gleißend-hellen Timbre alle Facetten eines lyrischen, eines Helden- und eines Charaktertenors integrierend. Von ruhiger, überwiegend sanft blühender Färbung die Gesänge Nancy Gibsons in der alle Dimensionen des Kantablen umfassenden Titelrolle.

Von großem Differenzierungsvermögen die musikalische Direktion mit dem Dirigenten Fabrice Bollon. Es wäre zu wünschen, dass die in allen Punkten liebevolle und enthusiasmierte Chemnitzer Wiedergabe diesem lohnenden Stück auch in Deutschland den Weg ebnet.

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