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Einstieg in Mozarts Opernwelt

Untertitel
Arien für Sopranstimme mit gesangspädagogischen Erläuterungen
Publikationsdatum
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Charlotte Lehmann (Hg.): Mozart Arienbuch (nach dem Urtext der Neuen Mozart-Ausgabe). 2 Bände und Begleitheft. Kassel, 1997. Bärenreiter BA 5371, 5371d und 5372. Je 96 S., Beiheft 30 S. 38,- DM.Mit fünf Jahren sang er bereits bei einer Opernaufführung zu Ehren des Erzbischofs von Salzburg mit, auf seiner anschließenden Tournee als klavierspielendes Wunderkind erhielt er unter anderem in London vom Starsänger Giovanni Manzuoli Unterricht, und seine ersten Singspiele schrieb er mit elf Jahren. Die Rede ist natürlich von Wolfgang Amadeus Mozart, der vor allem als Wunderkind am Klavier bekannt wurde und dessen Vokalwerke der Jugendzeit scheinbar weit hinter der Meisterschaft der großen Da-Ponte-Opern zurückstehen. Doch war Mozart offenbar von früh auf mit der Singstimme vertraut, war es doch zu seiner Zeit durchaus üblich, daß künftige Primadonnen bereits mit 15 Jahren auf der Bühne standen. So möchte die Sängerin und Pädagogin Charlotte Lehmann mit ihrer zweibändigen Ausgabe von Mozart-Arien junge Sopranistinnen von Anfang an vertraut machen mit Mozarts Vokalkompositionen: Das Begleitheft zum ersten Band ihres „Mozart-Arienbuchs“ führt ein in die Welt der Singspiele, Intermedien und Serenaden, die Mozart als Junge für Fürstenhöfe und den Salzburger Erzbischof komponierte. Dadurch vermitteln die Erläuterungen das musikalische Empfinden dieser Zeit und verhelfen außerdem mit musikanalytischen Einführungen und Gesangsübungen zu einer guten technischen Grundlage, die für das Studium der Werke im zweiten Band – ausgewählte Arien aus den großen Mozartopern – unabkömmlich ist. Charlotte Lehmanns pädogisches Geschick zeigt sich im Aufbau des ersten Arienbuchs: Anhand der liedhaften Arie „Meiner Liebsten schöne Wangen“ aus dem Singspiel „Bastien und Bastienne“, KV 50, legt die Autorin mit differenzierten Erklärungen und Übungen zur Aussprache und Einfärbung der Vokale das entscheidende Fundament für das Erlernen der Gesangskunst. Mit dem steigenden Schwierigkeitsgrad der Arien und Übungen zu Tempi, Sprüngen, Trillern, Koloraturen und Ausdrucksmitteln wie die Messa di voce bildet die Schülerin dann ihr musikalisches Empfinden ebenso sehr wie ihre technischen Fähigkeiten. Von Anfang an betont die Autorin dabei die Wichtigkeit des Textes: Sprachgemäße Deklamation, Textaussage und entsprechender Ausdruck stehen unbedingt vor der Erarbeitung der Melodie. Diese Methode bestimmt den gesamten Band; hervorragend ist die Heranführung an die Bedeutung des Rezitativs, das durch seine Sprachnähe, den raschen Affektwechsel und die innere Dramatik hohe Anforderungen an die Sängerin stellt. Die Unterscheidung der verschiedenen Stilebenen (Theater, Kammer, Kirche) ist hier ebenso hilfreich wie Lehmanns detailliertes „Regiekonzept“ zur Gestaltung von Giunias Rezitativ „Sposo ... mia vita“ in der Oper „Lucio Silla“, KV 135, eine taktweise Aufschlüsselung des musikalische Geschehens, die den raschen Wechsel intensiver Gefühle und die Notwendigkeit einer angemessenen Interpretation vor Augen führt. Auch musikalische Parameter wie Rhythmus, Tempo und Artikulation bleiben stets auf den Textausdruck bezogen. Dabei gibt die Autorin der Sängerin zeitgenössisches Übungsmaterial an die Hand – etwa die Aufstellung der Tempi nach Johann Joachim Quantz oder Vokalübungen Mozarts zu Staccati, Sprüngen und Koloratu-ren –, die der Ausbildung der technischen Fähigkeiten wie auch des Gespürs für die angemessene Interpretation dieser Musik dienen. An technische Schwierigkeiten wie Triller und ausgedehnte Koloraturen führt die Gesangspädagogin schrittweise mit Übungen heran, die der Schülerin die Angst vor diesen Klippen nehmen. Doch auch hier bleiben Text und Ausdruck bestimmend: Im Kommentar zu einer der letzten Arien dieses Übungsbuches – Amintas Rondo „L’amerò, sarò costante“ aus „Il Re pastore“, KV 208 – weist Charlotte Lehmann auf Mozarts Unterscheidung zwischen Singen „mit Kunst“ oder „mit Verstand“ hin. Dementsprechend legt sie die Vorübungen zu dieser Arie darauf an, die erarbeiteten technischen Fähigkeiten als Ausdrucksmittel und nicht zum Selbstzweck einzusetzen. Abgesehen von kleinen Mängeln – ist mit dem zweibändigen „Mozart-Arienbuch“ insgesamt ein einfühlsames Lehrwerk erschienen, das sich zum Selbststudium ebenso eignet wie für den Unterricht. Mit ihrer Auswahl von Mozart-Arien und ihrem geschickten Heranführen an die technischen und expressiven Erfordernisse dieser Werke bietet Charlotte Lehmann jungen Sängerinnen einen ermunternden Einstieg in die schillernde Welt von Mozarts Opern.

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