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Jan Assmann dechiffriert Schikaneders „Machwerk“ und Mozarts Musik

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Jan Assmann: Die Zauberflöte. Oper und Mysterium, Carl Hanser Verlag, München, Wien 2005, 384 S., Abb., Notenbsp., € 24,90, ISBN 3-446-20673-6

Die Bedeutung der „Zauberflöte“ ist so rätselhaft, dass nicht einmal eindeutig zu sagen ist, worin das Rätsel eigentlich besteht. Dieser Rätselspruch des Literaturkritikers Peter von Matt steht am Anfang von Jan Assmanns Analyse der „Zauberflöte“ als „Oper und Mysterium“. Als Ägyptologe und Cheftheoretiker des „kulturellen Gedächtnisses“ ist der Heidelberger Professor geradezu berufen, den Sinn dieser Menschheits-Oper auszugraben, deren Libretto Hegel sowohl als „Machwerk“ als auch als „lobenswertes Opernbuch“ bezeichnet hat.

Der Rätsel sind viele: Warum ist die Königin der Nacht plötzlich böse? Verschleiert der weise Sarastro ein totalitäres Regime? Ist Papageno ein Mensch? Ist Tamino ein Held? Wenn ja, warum braucht er dann die Zauberflöte, die nur dreimal erwähnt wird, und warum heißt die Oper dann so?

Bisher konnten solche und andere Fragen mit der „Bruchtheorie“ erklärt werden, wonach das Konzept aufgrund eines Konkurrenzunternehmens habe geändert werden müssen. Dagegen wird jedoch auch auf die Einheit von Mozarts Musik verwiesen. Schritt für Schritt bringt Assmann nun Licht ins Dunkel und zeigt die klassische „Einheit in der Vielheit“. Worüber uns dieser vielleicht profilierteste Buch-Beitrag zum Mozart-Jahr aufklärt, scheint zunächst altbekannt: Die „Zauberflöte“ ist im Großen und Ganzen in der Symbolsprache der Wiener Freimaurer geschrieben. Der Text des „Theatergenies Schikaneder“ und Mozarts Musik zielten darauf, eine neue „Weltreligion“ darzustellen, in der Menschenliebe als Tugend herrscht.
Das wirklich Neue daran ist Assmanns These, dass die Oper selbst ein dramatisiertes Ritual sei, das den Zuschauer zur Läuterung führen und ins Geheimnis einweihen soll. Das darf man wohl frei nach Adorno „Dialektik der Aufklärung“ nennen: Mit dieser Märchenoper habe die vernunftbetonte Aufklärung einen neuen Mythos und ein neues Mysterium hervorgebracht. Der ägyptische Pomp illustriert quasi ein Bühnenweihfestspiel für Noch-nicht-Erleuchtete. Basisdemokraten dürfte Sarastros hierarchische „Aufklärung von oben“ dennoch ein Graus bleiben. Und: Spielt die Oper nicht zwei Gewalten, Kirche und Staat, Vernunft und Wunder bis zuletzt gegeneinander aus?

Assmann sieht die Einheit des Werks auf anderer Ebene: „An oberster Stelle stehen die Musik und die Liebe“ – dieser schöne Satz deutet darauf hin, inwiefern die „Zauberflöte“ über die freimaurerische Aufklärung hinausgeht: Die Musik selbst wird zum Mysterium. Die „Zauberflöte“ sei zwar kein magisches Mittel, aber ein Symbol für die Macht der Liebe. So gesehen grenzt die Einheit von Mozarts virtuoser Formenvielfalt an absolute Musik, ans „Undarstellbare“. Seine alles verwandelnde Kunst zeuge von orphischem Zauber. Von daher ist die Musik der „Zauberflöte“ mehr als nur ein Instrument aufgeklärter Erwachsenenbildung. Darin liegt das Geheimnis der Oper.

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