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Kein Steuererlaß

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Sponsoren und Gesponserte fürchten den Steuerdschungel
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Im Bundestagswahlkampf war Kultur trotz einigen Wirbels um den Bewerber für ein Bundeskulturministeramt nicht wirklich ein Thema. Personenkult statt Inhalte dominierte auch hier. Das Thema Kultursponsoring blieb weitgehend außen vor. Zu Unrecht und leider. Aber weder von den Verbänden, die sich vor einigen Monaten über einen Erlaß aus dem Bundesfinanzministerium empörten, noch von betroffenen Einrichtungen wurde der Wahlkampf genutzt, den Parteien und ihren Repräsentanten auf den Zahn zu fühlen, wie sie die Brücke zwischen Kultur und Wirtschaft begehbarer machen wollen. Denn noch immer nicht wurde eine dem Sponsoring von gemeinnützigen Kultureinrichtungen angemessene steuerrechtliche Regelung in Angriff genommen, es herrscht lediglich Waffenruhe.Nach wie vor ist die Gegenleistung für Einnahmen aus Sponsoring, nämlich die mehr oder weniger deutliche Berücksichtigung der Kommunikationsziele des Sponsors, eine Werbeleistung. Die gesponserte gemeinnützige Einrichtung, die diese Leistung erbringt, unterhält damit und dadurch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und hat die Einnahmen abzüglich der abzugsfähigen Aufwendungen zu versteuern. Abzugsfähig ist hier das Stichwort, das für Unbill sorgt: Denn abzugsfähig sind nicht etwa die Kosten der Tätigkeit, für die eigentlich gesponsert wird und das Geld in der Regel verwendet werden soll, – also die Kosten des Orchesters oder der Musikschule – sondern nur die Kosten für die sogenannte werbliche Gegenleistung, also die anteiligen Druckkosten für Plakate und Veröffentlichungen. Durch diese sehr begrenzte Abzugsmöglichkeit – alternativ können 25 Prozent pauschal abgezogen werden – verbleibt in aller Regel ein großer Teil – beim Pauschalabzug also 75 Prozent – des Sponsorbetrages als Überschuß, sonst hätte die Institution ja auch keine Mittel aus dem Sponsoring, um ihre eigentliche Tätigkeit zu finanzieren. Und genau dieser Überschuß ist ohne Rücksicht auf die tatsächliche finanzielle Ausstattung der gemeinnützigen Einrichtung zu versteuern, als wäre er ein Unternehmensgewinn: also mit Körperschaftssteuer, Vermögenssteuer (wenn sie wieder eingeführt werden sollte), Kapitalertragssteuer und Gewerbesteuer. Nicht zu vergessen die Umsatzsteuer (voller Satz, zur Zeit 16 Prozent). Damit die kleinen Fische nicht die Finanzverwaltung verstopfen, bestehen wenigstens einige Freibeträge. Der Sponsor dagegen, durch den Erhalt der werblichen Gegenleistung vom Kulturförderer steuerrechtlich zum schnöden Werbetreibenden mutiert, kann den Sponsorbetrag wie eine Zeitungsanzeige als Betriebsausgabe abziehen. Und genau hier wird es interessant, sollte durch den umstrittenen Erlaß doch eine vermeintliche Besteuerungslücke geschlossen werden: Denn läßt sich ein Sponsor nur dezent nennen, gelten die Sponsoreinnahmen nicht als Einnahmen im Rahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, da nahezu keine werbliche Gegenleistung erbracht wird, und sind beim Empfänger faktisch steuerfrei. Trotzdem können viele Sponsoren die Fördergelder als Betriebsausgabe geltend machen. Damit sollte künftig Schluß sein: Die Meßlatte, wann Werbung vorliegt, sollte niedriger gehängt werden, damit der Empfänger ordentlich versteuert; selbst dann noch immer als nicht werbend eingestufte Sponsoren sollten ihre Gaben nicht mehr absetzen können, was im Ergebnis eine Besteuerung, wenn schon nicht beim Empfänger, dann wenigstens beim Sponsor bedeutet hätte. Kultursponsoring ist steuerlich also unklar, kompliziert und praxisfeindlich geregelt. Vor allem kleinere Initiativen werden abgeschreckt. Große Vereine und Verbände suchen das Problem durch ausgegliederte Vermarktungsgesellschaften zu lösen. Von den praxisfernen Regeln profitieren Steuerberater, ohne die größere Einrichtungen mit Mischfinanzierungen längst nicht mehr auskommen. Was tut die nächste Bundesregierung? Welcher Kulturverband ergreift die Initiative?

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