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Albrecht Döderlein neuer Geschäftsführer und Intendant des Konzerthaus Dortmund +++ Erfolgsregisseur Peter Konwitschny wird 60

Albrecht Döderlein neuer Geschäftsführer und Intendant des Konzerthaus Dortmund
Kontinuität für das Konzerthaus Dortmund und die Absicht, künstlerische Inhalte wieder in den Vordergrund zu stellen, sind die wichtigsten Ziele des neuen Geschäftsführers und Intendanten der Philharmonie für Westfalen, Albrecht Döderlein. Nachdem die Gesellschafter der Konzerthaus Dortmund GmbH den Geschäftsführenden Direktor des Theater Dortmund gestern als Nachfolger für Ulrich Andreas Vogt eingesetzt hatten, stellte sich Albrecht Döderlein heute der Presse vor und steckte die kurzfristigen Ziele seiner Arbeit ab.

Döderleins Hauptanliegen für die nähere Zukunft ist die sachliche planerische Arbeit zum Abschluss der Spielzeit 2005/06: "Wir müssen unbedingt wieder über Inhalte reden." Er zeigte sich erfreut, trotz der emotional angespannten Situation nach dem Intendantenwechsel im gesamten Team konstruktive Gesprächsbereitschaft vorzufinden.

Albrecht Döderlein appellierte an Freundeskreise und Abonnenten des Konzerthaus Dortmund, jetzt dem Haus die Treue zu halten und damit die Bemühungen der neuen Leitung zu unterstützen, das Konzerthaus-Schiff in ruhigeres Fahrwasser zu steuern und an frühere Erfolge anzuknüpfen.

Nach einer ersten Anfrage am Freitag hatte der Kulturdezernent der Stadt Dortmund am Sonntag, 16. Januar, Albrecht Döderlein gebeten, für eine Übergangszeit von zwei bis drei Monaten die Geschäftsführung und Intendanz des Hauses zu übernehmen. In der heutigen Pressekonferenz machte Döderlein deutlich, dass er sich in diesem Sinne als Interimsintendant sehe: "Ich bin nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung." Döderlein lobte die gewissenhafte künstlerische Arbeit seines Vorgängers: "Die Planung für die Spielzeit 2005/06 ist zu 90 Prozent fertig gestellt." Jetzt müsse diese Planung vertraglich abgesichert werden, dazu gebe es in den nächsten Tagen Gespräche mit der Stadt.

Die künstlerischen Schwerpunkte, die eng mit der Erfolgsgeschichte des Hauses verknüpft sind, sollen erhalten bleiben. So werden auch weiterhin die "Residencies" eines bedeutenden Künstlers, eines Orchesters und eines Komponisten dramaturgische Schwerpunkte einer Spielzeit sein. Auch die Neue Musik soll weiterhin ihren Platz in der Philharmonie für Westfalen haben, ebenso wie die Themen Orgel und World Music, die zum Profil des Hauses gehören. Als eigenen künstlerischen Akzent wird Albrecht Döderlein ausgesuchte Jazz-Projekte planen. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Circus Roncalli ("Circus meets Classic"), die in dieser Form nur vom Konzerthaus Dortmund angeboten wird, wird auch in der Spielzeit 2005/06 fortgesetzt werden.

Stellvertretend für das Konzerthaus-Team fasste Verwaltungsleiter Dr. Matthias Nowicki die Vorgänge um den ersten Intendantenwechsel des jungen Hauses zusammen und versicherte, dass das Team weiterhin für das Haus einstehen wird. Florian Wiegand wurde als neuer Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros (er folgt in dieser Position Ulrich A. Hauschild nach) der Presse vorgestellt. Wiegand hob noch einmal die Leistungen des Gründungsintendanten Ulrich Andreas Vogt hervor und betonte, dass seine künstlerische Vision und große Motivationsfähigkeit die überragende Gesamtleistung des Hauses, zumal mit einem sehr schlanken Team, erst ermöglicht habe.

Dortmund, 18.01.05
Konzerthaus Dortmund


Erfolgsregisseur Peter Konwitschny wird 60
Berlin (ddp). Strahlend und verschmitzt schafft es Peter Konwitschny jedes Mal nach einer Opern-Neuinzsenierung, vor sein Publikum zu treten - und seien die Buh-Rufe auch noch so laut. Eine Buh- und Bravoschlacht gibt es immer, wenn er sich verbeugt: der mittlerweile obligate Konwitschny-Skandal als Zugabe. Konwitschny wird wie kein anderer Regisseur auf den Opernbühnen geliebt und angefeindet gleichermaßen. Mehrfach schon wurde der Provokateur der Branche zum Opernregisseur des Jahres gewählt. Doch es gelingt ihm mit seinen Inszenierungen stets, die alten Werke neu zu beleuchten und die Figuren auf entwaffnende Weise in einen Zusammenhang zur Gegenwart zu stellen. Am Freitag feiert der Mann mit dem grauen Pferdeschwanz, seinem Markenzeichen, 60. Geburtstag.

«Lohengrin», «Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny», «Don Carlos», «Wozzeck», «Lulu», «Moses und Aron» - ebenso umjubelt wie umstritten sind seine Regiearbeiten herausragende Beispiele des zeitgenössischen Theaters, das - so Konwitschny - seinem Wesen nach eine gegenwärtige Kunst ist, nur in dem Moment, in dem es gespielt wird, existiert und nicht konserviert werden kann.

Franz Konwitschny war ein legendärer Dirigent der DDR. Peter, sein Sohn, ist bekannt und berüchtigt für seine unkonventionellen Inszenierungen. Vor allem in der Zusammenarbeit mit Ingo Metzmacher an der Hamburgischen Staatsoper entstanden in den vergangenen Jahren mehrere exemplarische Arbeiten eines zeitgemäßen Musiktheaters. Im vergangenen Frühjahr brachte Konwitschny in der Staatsoper Hannover Luigi Nonos szenische Aktion «Il gran sole carico damore» in einer umjubelten Inszenierung auf die Bühne - und wurde dafür wiederum als Regisseur des Jahres erkoren.

Konwitschny wurde 1945 in Frankfurt am Main geboren. Aufgewachsen ist er allerdings in Leipzig, wo sein Vater Dirigent und Gewandhaus-Kapellmeister war. Während seiner Schulzeit lernte er Klavier und strebte ursprünglich eine Dirigentenkarriere an. Als der Vater die Familie verließ, weigerte sich der 13-Jährige, den Klavierunterricht fortzusetzen. Nach dem Schulabschluss studierte er Opernregie an der Hochschule für Musik «Hans Eisler» in Berlin. Danach arbeitete er acht Jahre lang als Regieassistent bei Ruth Berghaus am Berliner Ensemble.

Ab 1980 verdingte er sich als freier Regisseur in Berlin, Halle, Leipzig, Dresden, Graz und Basel. Seit Anfang der 90er Jahre ist er bundesweit einer der gefragtesten Regisseure an allen großen Opernhäusern. Eine seiner letzten großen Regiearbeiten führte ihn im Juni dieses Jahres erstmals nach Moskau, wo er Richard Wagners «Fliegenden Holländer» am Bolschoi Theater in Szene setze. Der deutsche Komponist wurde in Moskau zuletzt vor über 40 Jahren gespielt, und auch das Moskauer Publikum galt als sehr konservativ.
«Ich war mir nicht sicher, ob nicht auch in Moskau die Freunde der toten Oper mit Trillerpfeifen kommen würden», sagt Konwitschny. Doch es kam anders: «Es gab stürmischen Beifall für das Werk», ist er sichtlich überrascht. Seine jüngste Arbeit führt ihn zum ersten Mal nach Kopenhagen: Dort bereitet er derzeit an dem nagelneuen Opernhaus Richard Strauss\' «Elektra» vor. Für seinen Geburtstag wird er die Arbeiten nur kurz unterbrechen und nach Deutschland zurückkehren.

«Ich will in der Oper immer auch was zu lachen haben», lautet das Credo des Erfolgsregisseurs. Gleichzeitig propagiert er das Theater als moralische Anstalt: «Das ist das Ziel - von Schiller und Lessing über Verdi und Wagner bis zu Brecht und Heiner Müller: Das Theater soll eine Wirkung zurück in die Gesellschaft haben», sagt er. Und auch einen politischen Auftrag sieht er für die Bühne: «Mir ginge es nicht so gut, wenn ich ein Theater machte, das lügt, wo einfach Sänger nebeneinander stehen, schöne Tönchen abdrücken und das beklatscht wird.» Er wolle das Publikum für «vernünftiges» Theater interessieren - »vernünftig in dem Sinne, dass etwas für uns Menschen wirklich Wichtiges vermittelt wird», sagt er.

Angelika Rausch